Sternenfaust - 055 - Krieg in der Hohlwelt (1 of 2)
Wetter-Scan erkennbar. Es versprach, ein schöner Nachmittag zu werden.
Vielleicht sollte ich die Gelegenheit nutzen … nein … vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, ein paar Runden zu schwimmen , dachte Valentina, als sie aus dem Gleiter stieg.
Sarah Windsor empfing sie persönlich und scheuchte die Bediensteten, die sich schon um Valentina kümmern wollten, mit einer Handbewegung fort, als vertreibe sie lästige Insekten.
»Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind, meine Liebe. Ich erwarte nur noch drei weitere Gäste. Sie bleiben selbstredend über Nacht …«, sagte Sarah Windsor. Sie schnitt Valentinas Protest mit einem »Sch … sch …« ab. »Wir haben so viel zu besprechen, da kann es spät werden.«
»Was?«, fragte Valentina unverblümt.
»Sie werden heute Abend eine bestimmte Person kennenlernen, die mit einem Schlag beide Gegenkandidaten von Admiral Rudenko ausschalten kann. Ein genialer Schachzug, auf den ich richtig stolz bin …«, antwortete Sarah Windsor und hakte sich leutselig bei Valentina ein.
*
Arm in Arm gingen sie vor ihm her und Kanturiol konnte seinen Blick nicht von Odira losreißen, die von Prinz Lamfar völlig in Beschlag genommen worden war. Herzog Rigbalton von Rauni versuchte währenddessen, ein Gespräch mit Kanturiol in Gang zu bringen. Sie befanden sich innerhalb der Festungsmauern, die in einem weiten Rund rings um die Tempelanlage und die dazugehörenden Gebäude errichtet worden war. Aber Kanturiol antwortete nur einsilbig und unkonzentriert auf die Fragen des Herzogs.
Der Tempel selbst, das Bauwerk Rrres, des Alleserleuchters, befand sich direkt auf der Spitze eines Hügels mit steil abfallenden Hängen, zu dessen Füßen die Wellen eines Arms der Weltenadern schlugen. Das zu dem Tempelareal gehörende Gelände war einige Quadratkilometer groß. Man hatte das Land in jahrzehntelanger Arbeit dem Dschungel abgetrotzt. Da der eigentliche Tempel von seiner Rückseite her durch die Klippen zum Fluss einen natürlichen Schutz besaß und die Aufgabe der Priester unter anderem darin bestand, den heiligen Affen zu huldigen, die es nur in der unmittelbaren Umgebung des Heiligtums gab, reichten in zwei schmalen Streifen die riesigen Bäume bis an die Türme des Tempels heran. Zwei sorgfältig gepflegte Waldstreifen wuchsen deshalb auch innerhalb der Mauern. Die Urwaldriesen waren natürlich wesentlich höher als die Befestigungsmauern. Sie bildeten weit oben, unerreichbar weit von der Mauer entfernt, eine schattige Laubbrücke zum eigentlichen Dschungel rings herum. Außerhalb und innerhalb der Befestigungsmauern gab es Wassergräben, die vom Fluss gespeist wurden und gleichzeitig die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser sicherstellten. Das Laubdach überschattete sowohl die Mauer als auch den äußeren und den inneren Graben.
Kanturiol störte nicht nur das vertrauliche Geturtel zwischen dem Prinz und Odira, die er nach wie vor als seine Gefangene betrachtete – nein, das war kein Scherz gewesen! Auch dieser direkte Übergang zwischen Dschungel und Tempel lenkte ihn von dem Gespräch ab, das der dicke Herzog anzuknüpfen versuchte.
Der fahnenflüchtige Jäger hatte sofort erkannt, dass dies die Schwachstelle der gesamten Anlage war. Dagegen war es direkt beruhigend, dass sich die wuchtigen Befestigungsmauern des Heiligtums in einem guten Zustand befanden. Sie ließen sich tatsächlich mit einer verhältnismäßig kleinen Besatzung im Angriffs- und Belagerungsfall verteidigen. Der Angreifer müsste gewaltige Katapulte und Sturmtürme heranschaffen, um mit diesen Mauern fertig zu werden. Solche Geräte konnten auf den Dschungelpfaden nur schwer vorwärtskommen. Und der Fluss war über lange Strecken stromauf- wie stromabwärts wegen tückischer Stromschnellen, Strudel und Untiefen kaum beschiffbar. Jede größere Kampfmaschine musste erst mühselig vor Ort zusammengebaut werden. In dieser Zeit konnten Dutzende von Sturmgleitervögeln mit der Nachricht vom Angriff in die Hauptstadt fliegen. Und Entsatz war unterwegs.
Im Groben waren diese Umstände Kanturiol auch schon früher bekannt gewesen, sodass er sich die ganze Zeit gefragt hatte, mit welcher Taktik sich General Wrogin und Fürst Malachenko Chancen ausrechneten, die Festung tatsächlich zu nehmen. Diese Frage bezog sich natürlich auch auf die Truppen von Fürst Schaschellon. Es war ihm unvorstellbar, wie es die beiden Streithähne anstellen wollten, den Tempel ihrem Territorium
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