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Sternenfaust - 055 - Krieg in der Hohlwelt (1 of 2)

Sternenfaust - 055 - Krieg in der Hohlwelt (1 of 2)

Titel: Sternenfaust - 055 - Krieg in der Hohlwelt (1 of 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Bahl
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auf der Zunge. Doch sie hütete sich dergleichen auszusprechen. Ich hätte ihn mir älter vorgestellt … und den Prinzen dagegen jünger … das Dschungelklima scheint ihm nicht zu bekommen …
    Der dicke Herzog ließ ebenfalls die Waffe sinken, entspannte den Bogen, ließ aber den Bolzen in der Abschussrinne liegen. Kanturiol sah, dass sich ein Bügel über den Pfeil schob und ihn so in seiner Position festhielt. Sobald der Sicherungsbügel weggeklappt wurde, spannte sich die Sehne und die Armbrust war schussbereit. Von solchen Waffen hatte der junge Jäger zwar schon gehört, aber hier sah er sie zum ersten Mal. Es handelte sich um wahrhaft fürstliche Waffen, die nicht nur über eine ausgeklügelt konstruierte Mechanik und Präzision verfügten, sondern auch reich verziert waren. Selbst das Holz, aus dem der Korpus bestand, war – wie er sah – ein besonders leichtes und gleichzeitig stabiles. Wahrscheinlich Weschbaumholz, ein kleiner, knorriger Baum, der nur auf den Gipfeln des Schnee-Massivs wuchs. Allein die Beschaffung dieses Materials musste ein Vermögen gekostet haben. Auch der Dünne, den Odira als Prinz Lamfar angesprochen hatte, besaß eine aus Weschbaumholz angefertigte Armbrust. Ausgehend von den Perlen und Edelsteinen, mit denen sie verziert war, musste es sich um eine noch wertvollere Waffe handeln als die des Herzogs.
    Noch immer behandelte ihn der Prinz, als wäre er Luft.
    »Sagt Odira, was hat Euch in diesen Winkel verschlagen? Habt Ihr Euch verlaufen? Gewiss seid Ihr von Euren übrigen Dienern getrennt worden …«
    Kanturiol räusperte sich. »Erlaubt Herr! Aber Odira ist meine Gefangene und ich muss schleunigst mit dem Oberbefehlshaber der Tempelwachen sprechen …«
    Es war, als verstummte nicht nur der Prinz, sondern auch das Schnattern, Tschilpen und Krächzen der Tiere ringsherum. Der Herzog hatte außer einer höfischen Bewegung, bei der er sein Barett vom Haupt wedelte und wieder zwischen den Ohren platzierte, und einer gebrummelten Grußformel noch nichts gesagt. Sechs Augenpaare durchbohrten Kanturiol mit ihren Blicken von allen Seiten.
    Dann brach der Prinz auf einmal in schallendes Gelächter aus und auch der Herzog fiel mit einem polternden, grunzenden Lachen in das Getöse ein. Nur Odira verzog keine Miene.
    »Das ist ein guter Scherz, junger Mann! Ist er Komiker? Ihr lasst Euch von Eurem Narren begleiten, Odira. Eine vorzügliche Idee! Dann wird der längste Weg zu einem kurzweiligen Vergnügen! Ihr könntet es mit Euren launigen Einfällen am Hof des Kazan weit bringen. Viel weiter als hier in der Provinz …« Damit meinte der Prinz natürlich nicht Kanturiol, sondern immer noch Odira, die er unverwandt anstarrte und deren Ellbogen er jetzt vertraulich mit seiner Hand umschloss.
    »Kommt, Fürstin. Ihr müsst uns begleiten. Hier draußen ist es viel zu gefährlich. Seit einiger Zeit machen Räuberbanden die Gegend unsicher. Wir haben schon eine Reihe Krieger aus unseren Reihen wegen dieses Gesindels verloren. Hinter den Schutzmauern des Tempels seid Ihr in Sicherheit …«
    Das stimmt nicht! , schrie eine innere Stimme in Kanturiols Kopf. Hinter den Mauern des Tempels ist niemand mehr sicher!
    Aber noch hatte er seine Verblüffung nicht überwunden. Sprachlos hob er seine Armbrust vom Boden auf und trottete dem Prinz und dem Herzog, die Odira in die Mitte genommen hatten, hinterher. Er wusste jetzt, welche dunkle Gefühlsmelange in seiner Brust tobte, wie ein Orkan auf den endlosen Wassern der Weltadern. Nein, es war nicht nur ein Gefühl der Verzweiflung, sondern vor allem eines der Eifersucht …
     
    *
     
    Sie hatte die Einladung am letzten Sonntag in dem Postkasten ihres Sommerhauses gefunden. Daran waren mehrere Dinge bemerkenswert.
    Wann immer es ging, zog sich Valentina Duchamp in ihre abgelegene Hütte östlich von Marrakesch inmitten des Atlas-Gebirges zurück. Sie musste mindestens ein, besser zwei oder mehr Tage freihaben und natürlich auf der Erde sein, damit sich dieser Ausflug lohnte. Im Gegensatz zum weiter südlich gelegenen Jebel Toubkal, der sich auf über 4.100 Meter erhob und mit dem umliegenden Naturschutzgebiet ein Touristenmagnet war, herrschte rings um den Jebel Tignousti eine unberührte und unbewohnte Landschaft vor, die noch genauso stoisch und abweisend wirkte wie vor zweihundert, fünfhundert oder tausend Jahren.
    Das Gebiet war nahezu menschenleer. Alle Fortschritte der Zivilisation hatten einen großen Bogen um die Region gemacht. Wasser

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