Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen
Querschnittsgelähmt.
Seltsamerweise empfand er – auch das noch vor der Bewusstlosigkeit! – eine perverse Form der Erleichterung, als ihm dieser furchtbare Gedanke angesichts des heftigen Schlags in die Wirbelsäule durchfuhr. Und er wusste zugleich, was auch immer als Nächstes geschehen mochte, dass er diesen komplexen Vorgang aus Fühlen und Denken, der in einem winzigen Ausschnitt der Zeit konzentriert war, nie mehr würde vergessen können.
Nur der Tod konnte ihn von dieser Erinnerung befreien.
Und dieses Erkenntnisbündel begleitete ihn hinüber in die tiefe, alles auslöschende Schwärze und auch sie war mit einem Gefühl tiefer Zufriedenheit verbunden; einer fast wollüstigen Form von Empfindung, die in Sterben und Tod eine Art orgiastischer Befreiung und Höhepunkt sah.
So fremd war sich Bruder William noch nie gewesen, wie in diesem Bruchteil einer Sekunde, angetrieben von der unfassbaren Geschwindigkeit eines einzigen Gedankens.
*
Wenn Kkiku’h etwas hasste, dann war es warten. Er war es gewohnt, aktiv zu sein, ständig etwas zu tun zu haben, angetrieben von dem Bewusstsein, dass nach Erledigung bereits neue Aufgaben auf ihn warteten. Geduld war noch nie seine Stärke gewesen. Seine seit noch nicht allzu langer Zeit privilegierte Stellung in der Gesellschaft der Mantiden hatte er neben dem Zufall, zur richtigen Zeit die richtigen Leute kennengelernt zu haben, vor allem seiner Fähigkeit zu verdanken, sich als Kommunikator, als Sprachrohr, als Vermittler zwischen den Spezies bewährt zu haben. Als kleiner Journalist des Senders QXKG hatte er sich dafür die besten Voraussetzungen aneignen können und so war in unerwartet kurzer Zeit nicht nur er, sondern auch sein Sender in eine gesellschaftlich bedeutende Rolle hineingewachsen.
Seinen eigentlichen Job, alles, was er erlebte und herausfand, in spannenden Reportagen aufzubereiten, hatte er darüber niemals aufgegeben. Und auch an der Expedition der sechs Raumschiffe, um den Geheimnissen der Toten Götter auf die Spur zu kommen, nahm er in erster Linie deshalb teil, weil er darüber berichten wollte.
Es hatte sich als äußerst geschickt erwiesen, die Beteiligung von Seiten der Mantiden als bescheidenen, privaten Beitrag zu gestalten. Das Schiff der Mantiden, die LEKKEDD, war eine Zivilyacht. In den zuständigen Gremien der Administrationen der Solaren Welten oder der anderen Spezies, war eine offizielle Teilnahme der Mantiden an der Expedition teilweise heftig abgelehnt worden. Und auch unter den Besatzungen der einzelnen Schiffe sah man es durchaus kritisch, dass Mantiden mit von der Partie waren. Noch immer verzieh man den ehemaligen Verbündeten nicht, dass sie sich im Verlauf des Dronte-Krieges auf ein Angebot der Basiru-Aluun eingelassen hatten, die Mantiden – und zwar nur die Mantiden – vor den Dronte zu beschützen.
Damals wurden die Bewohner sämtlicher Planeten des mantidischen Imperiums dank der überlegenen Technologie der Basiru-Aluun in einer sprichwörtlichen Nacht- und Nebelaktion auf Parallelwelten verfrachtet, die auch von den Mantiden selbst nach überstandener Gefahr und ihrer Rückkehr nicht genau lokalisierbar waren. Mit anderen Worten, ihr Exodus war von mysteriösen Begleitumständen umgeben, die sie größtenteils selbst nicht begriffen. Aber genau das wollten ihnen viele, um nicht zu sagen die meisten Vertreter anderer Völker nicht abnehmen. Seitdem hatte ihr Ruf in der galaktischen Völkergruppe sehr gelitten. Sie galten jetzt als unsichere Kandidaten, auf die man sich im Zweifel nicht verlassen konnte.
Kkiku’h wusste es nicht genau, aber er konnte es sich lebhaft vorstellen, dass sich dessen ungeachtet ganz bestimmte Leute sehr für ihn und die Teilnahme der LEKKEDD eingesetzt hatten. Zum Beispiel Dana Frost von der STERNENFAUST, der er durchaus zutraute, dass sie ihren Vorgesetzten gesagt haben mochte: »Entweder sind die Mantiden dabei oder das Unternehmen muss ohne den Sonder-Einsatz-Kreuzer STERNENFAUST II durchgeführt werden.« Vielleicht hatte sie es etwas diplomatischer formuliert, wahrscheinlich sogar, aber darauf dürfte es hinausgelaufen sein.
Seit Kkiku’hs Beziehungen innerhalb der mantidischen Gesellschaft dank seiner Freundschaft mit D’koh bis zur Königin und damit bis zur Spitze der politischen Macht reichten, hatte sich auch die Bedeutung, die ihm zugemessen wurde, in Quantensprüngen entwickelt. Eine der angenehmen Seiten dieses Bedeutungswandels bestand darin, nicht mehr warten
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