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Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen

Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen

Titel: Sternenfaust - 067 - Zwischen drei Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Bahl
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schien. Vor Telford häufte sich ein Berg verschieden großer Beilagscheiben, die sie als Spielchips verwendeten.
    »Setz dich«, sagte Wredan zu der großen, feingliedrigen Frau, deren Vorfahren Massai gewesen waren. »Bei der nächsten Runde kannst du mit einsteigen …«
    Ndogo seufzte. »Ich würde gerne«, sagte sie, »meine Kasse kann eine kleine Aufbesserung wirklich vertragen, aber ich fürchte, in dem Moment, wo ich meinen Hintern auf den Stuhl wuchte, piept mich jemand an, weil er oder sie wieder was nicht findet …«
    Doch Telford griff einen anderen Teil ihrer Antwort auf. »Was hast du nur für eine Selbstwahrnehmung, junge Frau – den Hintern in den Stuhl wuchten – tsstsstss …«, zischelte er. Dann lächelte er wölfisch und hob seine Pranke. »Dein Allerwertester passt hier doch zweimal rein.«
    Ndogo schlug mit dem Klemmbrett nach ihm, natürlich ohne den Marine zu treffen. Tatsächlich bestand nur der kleinste Teil dieses Arbeitsgeräts aus Notizzetteln. Den größten Teil der Fläche nahm ein Softscreen-Monitor ein, auf den sie den kompletten, elektronisch erfassten Lagerbestand an Lebensmitteln, Putzmitteln und dergleichen aufrufen konnte. Zudem konnte sie damit Anweisungen an ihre Mitarbeiter in den Kühl- und Küchenräumen erteilen.
    In diesem Augenblick ertönten zwei Geräusche gleichzeitig. Ein nicht zu überhörender, schriller Alarmton aus zwei Armbandkoms rief Wredan und Al-Qamar zum Einsatz. Dabei wurde fast übertönt, dass auch das zum Schlag erhobene Klemmbrett mit einem leisen Piepen zu vibrieren begann.
    Der Pilot und der Fähnrich warfen die Karten auf den Tisch und erhoben sich.
    »Oh, nein«, stöhnte Ndogo, als sie auf das Klemmbrett schaute.
    »Hat wieder mal ein Marine seine Waffe verlegt oder etwas Ähnliches?«, fragte Wredan, als er sich abwandte, um zu gehen.
    »Dreimal darfst du raten!«, sagte Ndogo.
    Wredan und Al-Qamar verließen grinsend die Kantine.
     
    *
     
    Das riesige Gesicht mit den strahlend blonden Haaren, das in rund acht bis zehn Metern über ihnen schwebte, begann von innen heraus zu leuchten. Es übertraf jetzt an Helligkeit alle anderen Lichtquellen in der Pyramide. Im gleichen Augenblick ertönte ein hässliches, durch Mark und Bein gehendes Geräusch, das von den, im Gegensatz zum Funkgerät, eingeschalteten Außenmikrophonen ins Innere von Williams Schutzanzug übertragen wurde. Ein Rest an logischem Denken meldete sich im umnebelten Kopf des Christophorers.
    Geräusche bedingen das Vorhandensein einer Atmosphäre …
    Mit unendlich müden Augen suchte William unter den Angaben, die in sein Visier projiziert wurden, nach denen, die ihm die Zusammensetzung der Luftschicht erläuterten. Doch bis er sie gefunden hatte, riss es ihn von den Beinen.
    Der Boden unter seinen Stiefeln wurde von einem unvorstellbar heftigen Schlag erschüttert. Der felsige Untergrund sackte metertief ab, um sofort wieder nach oben zu schnellen, als bestünde er nicht aus massivem Gestein sondern sei in Wirklichkeit die Sprungfläche eines Trampolins. Der Schlag setzte sich mit voller Wucht in Form eines stechenden Schmerzes fort, der bis in Williams Wirbelsäule vordrang. Wie die Stichflamme eines Flammenwerfers raste die qualvolle Empfindung sein Rückgrat empor und verzweigte sich in Form einer alles vernichtenden Feuerwand durch die labyrinthischen Nervenbahnen seines Gehirns.
    Es war, als wäre er kurzerhand vom Dach eines mehrstöckigen Gebäudes gesprungen. Für einen kurzen Moment verlor er das Bewusstsein. Diese kurze, nur wenige Sekunden andauernde Ohnmacht sollte Bruder William das Leben retten.
    Nur Bruchteile einer Sekunde zuvor jedoch, als er den Schmerz in seinem Rücken gerade zu spüren begann, aber noch bevor dieses quälende, stechende Gefühl wie ein Blitz in seinen Kopf schoss und sein Bewusstsein ausschaltete, erwies sich wieder einmal, dass nichts schneller sein kann, als ein Gedanke. Schneller als das Licht allemal und auch schneller als die Bewegung der Raumschiffe im Bergstromraum, wenn sie die Dimensionen des Einstein-Universums hinter sich ließen. Sogar schneller als die Zeit. Denn der Gedanke war in seiner Banalität so etwas wie ein Vorgriff auf die Zukunft. Die Zukunft, die ihn – so befürchtete er – in dem Moment erwarten würde, wenn er wieder aus der Ohnmacht aufwachen und der Schmerz allmählich abklingen würde.
    Es waren nur zwei Worte, die ihm in jenem Augenblick durch den Kopf schossen:
    Gelähmt.

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