Sternenfaust - 069 - In Ketten
Schutzanzüge etwa gegen Schusswaffen keinen besonderen Schutz. Und auch gegen die messerscharfen Spitzen des Gesteins würden sie nicht viel ausrichten.
Glück im Unglück , dachte Dana, als ihr Blick über die Statusanzeige im Display ihres Helms glitt. Zwar war die radioaktive Verseuchung auch bis ins Innere des Berges gedrungen, aber hier noch längst nicht so stark wie draußen.
Wird der Anzug beschädigt, werde ich wenigstens nicht sofort in einem Feuer von Gammastrahlen gegrillt, sondern nur auf kleiner Flamme gar gekocht … Obwohl sie den Gedanken nur gedacht und gar nicht ausgesprochen hatte, biss sie sich auf die Zunge. Denn sofort fiel ihr das Schicksal von Danchal Tur ein, jenes Tanjaj, dessen Schutzanzug beim Gefecht gegen einen Morax auf dem zweiten Planeten des Systems beschädigt worden war und dessen durch die radioaktive Strahlung verursachte Leiden nur noch gemildert, nicht aber geheilt werden konnte.
Dann – ohne dass sie die Zeit fand, den Übergang überhaupt wahrzunehmen – endete die Rutschpartie mit einem harten Schlag. Zur aktuellen Sammlung an blauen Flecken kam ein weiterer hinzu. Sie befand sich in einem Raum, der unabhängig von ihrer eigenen Lampe in ein fahles Licht getaucht war. Am Rand sammelte sich das herabfließende Wasser in einer schmalen, an der Wand entlangführenden Bewässerungsrinne.
In der Mitte des Raumes stand Seng. Da sie in der Gestalt des Wloom weder ein Gesicht, geschweige denn Augen ausmachen konnte, wusste sie im ersten Moment nicht, wohin sie schauen sollte. Allen war anhand von Sengs bisherigen Reaktionen klar, dass er über eine Form von visueller Wahrnehmung verfügte, aber wie sie funktionierte, gehörte zu den vielen ungelösten Rätseln, die ihn umgaben.
Dana atmete erleichtert auf, als sie sah, dass die elektronische Tafel die überstürzte Rutschpartie unbeschadet überstanden hatte.
Mein Formulatorium, meine Schreib-Werkstatt, schrieb Seng und drehte sich einmal um sich selbst, offenbar eine Geste, um klarzumachen, dass er die Höhle damit meinte. Dann fügte er nach kurzem Zögern noch hinzu: Offensichtlich habe ich die Möglichkeiten eurer Fortbewegung überschätzt. Sind wir allein?
Ja, antwortete Dana, Bruder William sucht dich in einem anderen Gang.
Sie betätigte das Funkgerät.
»William«, sagte sie. »Sie können die Suche einstellen. Ich habe Seng gefunden. Allerdings rate ich Ihnen nicht, mir zu folgen, Sie brechen sich alle Knochen …« Dann schwieg sie und sah, dass William sie gar nicht hören konnte. Das Bergmassiv zwischen ihnen verschluckte die Funkwellen. Sie seufzte.
Eine Schreibwerkstatt … ohne Bücher?, schrieb sie auf die Tafel. Statt einer Antwort zog Seng ein flaches Gefäß, das mit Wasser gefüllt war, zu sich heran. Dana rückte näher. Dann sah sie es und begriff …
*
Mit grimmiger Freude begriff er, dass sich seine Feinde mit ihren Schüssen nur gegenseitig trafen und mit der kühlen Berechnung eines eiskalten und skrupellosen Kämpfers packte er sich zwei der verletzten Marines. Sollten sie ihm doch während ihrer letzten Minuten als Schutzschilde dienen.
Aus den Augenwinkeln sah er, wie die kleine Kapsel, die er sich mit seiner langen Zunge aus dem Nasenloch gefischt hatte, nutzlos auf dem Boden explodierte. Er kannte diese Wesen, die ihn gefangen genommen hatten, mittlerweile gut genug, um ihre Gesichtsausdrücke richtig einschätzen zu können. Das, was er in ihren Mienen sah, erfüllte ihn mit Freude. Es war Panik und Angst.
In der Tat, das war die einzig angemessene Reaktion auf seinen Zorn und seine heilige Wut wegen der ihm zugefügten Demütigungen. Doch er durfte nicht in einen blinden Zerstörungsrausch verfallen. Er befand sich im Herzen eines Raumschiffs seiner Feinde. Auch seine Kraft und List würde nicht ausreichen, gegen ihre vereinte Übermacht zu bestehen.
Außer, wenn es ihm gelingen sollte, die zentrale Befehlsstelle, jenen Ort des Schiffes unter Kontrolle zu bekommen, von dem aus es gesteuert wurde und es notfalls auch vernichtet werden konnte.
Doch dazu musste er es erst einmal schaffen, dieser verdammten Zelle, in die ihn seine Feinde sperren wollten, zu entkommen. Noch stand das Schott offen. Die Männer, die sich darin drängelten und ihn voller Verunsicherung mit ihren Waffen bedrohten, verhinderten in ihrer grenzenlosen Dummheit selbst, dass man es schließen konnte. Zudem wagten sie nicht zu schießen, um ihre Kameraden, die er als Schutzschilde vor sich herschob,
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