Sternenfaust - 093 - Auge des Feindes
Zeugen des Talnaruk : Goshun Salar, der Chef der Sicherheitswachen und Fala Eshor, die Cheftechnikerin. In jenen Fällen, in denen der Sieger den Unterlegenen am Leben ließ, war es ihre Aufgabe zu bezeugen, dass der Sieg rechtmäßig errungen worden war.
Sesku und Shutram absolvierten die vorgeschriebenen Begrüßungen und eine gegenseitige Ehrenbezeugung, die den offiziellen Beginn des Kampfes signalisierte.
Wie Shutram vermutet hatte, hielt Sesku sich nicht mit einem Vorgeplänkel und probeweisem Schlagabtausch auf, sondern griff noch aus der letzten Bewegung der Ehrenbezeugung heraus an. Obwohl er den Talnai bei der Begrüßung vorschriftsmäßig mit beiden Händen umfasst und an den ausgestreckten Armen mit der Spitze nach unten gehalten hatte, riss er die Hände jetzt nicht zu einem Stoß von oben herab hoch, wie es am einfachsten gewesen wäre. Stattdessen vollführte er mit dem Körper eine Drehung zur Seite, die ihn Shutram halb den Rücken zuwenden ließ und stach mit dem Dolch in der linken Hand rückwärtig nach Shutrams Kehle.
Shutram blockte den Stich mit dem Armschild ab, vollführte eine ähnliche Drehung und versuchte, einen tödlichen Stich in Seskus ungeschütztem Nacken anzubringen. Doch der Subkommandant war, wie Shutram feststellte, ein gewandter Kämpfer und wich der Attacke mühelos aus, um mit einem Frontalangriff zu kontern. Shutram blockte auch den ab und führte einen Sichelschlag zu Seskus Kehle, traf aber nur den Armschild, den dieser blitzartig hochriss.
Es folgten eine Reihe schneller Schläge auf beiden Seiten, die der jeweils andere mit den Armschilden abfing. Doch keiner der beiden Kämpfer wich auch nur einen einzigen Schritt zurück. Shutram starrte seinem Gegner ununterbrochen in die Augen und war fest entschlossen, den Kampf für sich zu entscheiden. Immerhin war er zwar der Ältere, aber auch der Erfahrenere, und Seskus Taktiken waren bis jetzt nur der übliche Standard ohne besondere Finesse.
Sesku trat mit einem Fuß gegen Shutrams Knie. Der Kommandant knickte mit einem leisen Schmerzenslaut ein und stürzte halb zu Boden. Trotzdem besaß Shutram noch die Geistesgegenwart, einen Sichelschlag gegen Sesku anzubringen, der dem jüngeren Mann einen Schnitt am Oberschenkel beibrachte. Doch Sesku ließ sich davon ebenso wenig stoppen wie Shutram sich von seinem Sturz und dem jetzt höllisch schmerzenden Knie. Ungeachtet der Schmerzen federte er vom Boden hoch und griff an.
Jetzt allerdings zeigte Sesku seine wahren Fähigkeiten. Offenbar hatte er das bisherige Geplänkel nur dazu benutzt, abschätzen zu können, wie gut Shutram war, denn nun kämpfte er mit genau der Finesse, die der Ältere bei ihm bisher vermisst hatte. Und er war verdammt gut. Shutram bekam innerhalb weniger Augenblicke alle Hände voll zu tun, seine empfindlichen Vitalpunkte vor einem tödlichen Treffer zu schützen.
Doch trotz der tödlichen Präzision, mit der sie beide jetzt kämpften, entwickelte sich eine außergewöhnliche Harmonie zwischen ihnen, die den Kampf zu einem beinahe spirituellen Erlebnis machte. Jeder wusste, dass er den anderen besiegen musste, jeder gab sein Bestes, um eben das zu erreichen. Aber dennoch gab es keine Feindschaft, sondern nur Eintracht und den völlig emotionslos geführten Kampf.
Ein Tritt traf Sesku seitlich an der Hüfte, und ein scharfer Schmerz durchzuckte sein Bein. Er stöhnte unterdrückt auf, machte aber nicht den Fehler, reflexartig mit diesem Knie einzuknicken, wie Shutram offensichtlich erwartet hatte, sondern wirbelte auf dem anderen Fuß zur anderen Seite herum, wo sein Gegner gerade versuchte, an ihm vorbei für einen tödlichen Nackenstich in seinen Rücken zu gelangen. Dafür befand sich Sesku jetzt vor ihm und rammte ihm einen Ellenbogen in den linken Magen.
Die Wucht des Schlages ließ Shutram ein Stück in sich zusammenklappen. Ohne zu zögern wirbelte Sesku herum und vollführte mit dem Talnai einen Stoß zu einem der beiden Herzen seines Gegners. Shutram ließ sich fallen, machte auf dem Boden eine Rolle rückwärts und zielte noch aus dieser Bewegung heraus mit einer Fußkante gegen Seskus Beine, ehe er aus derselben Bewegung heraus wieder hochkam. Sein Tritt ging ins Leere, denn Sesku vollführte aus dem Stand heraus einen gesprungenen Seitwärtskick, der auf Shutrams Nasenwurzel zielte und ihn unweigerlich betäubt, wenn nicht gar getötet hätte.
Shutram ließ sich im letzten Moment nach hinten fallen. Sesku warf sich auf ihn, den Dolch zum
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