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Sternenfaust - 094 - Wandlungen

Sternenfaust - 094 - Wandlungen

Titel: Sternenfaust - 094 - Wandlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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Erwartet Tregarde vielleicht, dass ich wie ein Hellseher die Wünschelrute ausstrecke und ihm erzähle, dass hier ein unsichtbares Wesen rumfliegt? Bruder Willliam, der neue Blavatski. { * } Wir sind Christophorer und keine halbirre Versammlung von Möchtegern-Mutanten oder Pseudo-Okkultisten.
    Erneut fragte er sich, warum er sich wohl so ärgerte. Vielleicht hat Rana ja recht und ich misstraue Tregarde einfach bloß.
    Was auch immer es sein mochte, es hatte keinen Zweck und war kontraproduktiv, sich in seinem schlechten Zustand den Kopf zu zerbrechen. Er holte noch einmal tief Luft und versuchte sich zu entspannen. Wenn er schon nicht schlafen konnte, dann würde er wenigstens noch einmal versuchen, ordentlich zu meditieren. Nachdem er das das letzte Mal versucht hatte, hatte er sich zumindest eine Zeitlang besser konzentrieren können.
    Vielleicht hilft es mir jetzt auch weiter.
    Er legte sich auf den Rücken und schloss die Augen.
    Ruhig. Entspann dich. Vor seinem inneren Auge erschien der Steingarten des Sirius-Klosters. Dort hatte er das Meditieren gelernt.
    William rief sich ein Haiku ins Gedächtnis, dass von Abt Mboto Marewo, einem der Gründer des Ordens, verfasst worden war: Der Anblick von unbewegtem Sand – innere Ruhe.
    Stille. Der sorgsam geharkte Sand des Gartens mit dem riesigen, hellgoldenen Zwillingsmond des Sirius darüber war für ihn schon immer der Inbegriff der Ruhe gewesen.
    Auf einmal saß er auf einem Stein in der Mitte des geordneten Kieses im Klostergarten und hörte die alltäglichen Stimmen und Geräusche immer leiser werden, bis sie schließlich ganz verschwunden waren. Die Stille tat gut.
    Ein leichter Hauch strich über sein Gesicht. Es war angenehm, wie eine Liebkosung. William spürte, die Brise meinte es gut mit ihm. Er entspannte sich weiter.
    Doch der Wind wurde heftiger und brachte einen Schwall Sand mit sich. Sand aus dem Steingarten. William zuckte zusammen.
    Immer mehr Sand wehte ihm ins Gesicht, der Wind war jetzt so heftig, dass die winzigen Körner wie Nadeln in seine Haut stachen. Er musste blinzeln, er hatte das Gefühl, der Sand würde nicht weniger, sondern mehr.
    Der feinkörnige Staub wirbelte um ihn herum, hüllte ihn ein und mit einem Mal merkte William, dass er im Zentrum des Sandtornados saß. Er hustete, spuckte, seine Augen tränten und er wollte nachsehen, was die Ursache war, doch er konnte nichts sehen, der Sand war überall und schien in jede Pore seines Körpers zu dringen.
    Bruder William wollte schreien, hatte aber sofort den Mund voll mit den feinen und doch rauen Körnern. Panik zu ersticken überfiel ihn und er wollte aufstehen, von dem Stein herunterklettern und wegrennen, weg von dem Sand, von dem alles durchdringenden Sand, der ihm das Atmen unmöglich machte …
    … und fand sich mit schmerzendem Knie und geprelltem Handgelenk neben der Pritsche der Krankenstation wieder. Er keuchte und rang nach Luft.
    Erst als er wieder ruhiger atmen konnte, spürte er eine schlanke, aber kräftige Hand an seinem Oberarm. »Haben Sie sich verletzt?«, fragte eine dunkle Stimme. William öffnete die Augen. Doktor Ashkono Tregarde beugte sich, von der kühlen und sterilen Halogenlampe der Krankenstation beleuchtet, über ihn und zog ihn sanft an seinem Arm in die Höhe.
    »N-nein«, antwortete William. Er atmete noch einmal durch. Er hatte immer noch das Gefühl, ihm stecke Sand in der Kehle. Er hustete. »Mein Knie tut weh. Und mein Handgelenk. Beides wahrscheinlich geprellt.«
    Tregarde nickte und half seinem Patienten wieder auf die Liege. »Geht es? – Und ja, Sie haben recht, Prellungen an beiden Gelenken. Warten Sie, Sie bekommen gleich etwas dagegen.« Der Arzt drehte sich um und nahm einen Salbenapplikator aus dem Schrank. »Sie haben wieder geträumt«, sagte er dann unvermittelt und machte sich an das Auftragen der Salbe.
    »Richtig«, sagte der Mönch nach einigem Zögern.
    Tregarde sah auf. »Und nun?«
    William schwieg eine Weile und sah, wie der Arzt ruhig und geschickt seine Hand und sein Knie behandelte. Schließlich rang er sich zu einem Entschluss durch. »Sie haben recht, Doktor. Meine Träume sind nicht alltäglich, selbst bei uns Christophorern nicht. Könnten Sie bitte Captain Frost hierher holen? Ich glaube nicht, dass diese Sache zwischen uns bleiben darf.«
    Tregarde legte den Applikator weg, nahm eine Mullbinde zur Hand und begann, das Handgelenk fest zu umwickeln. Zu Williams Erstaunen war der Arzt zwar zupackend und schnell, dabei

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