Sternenfaust - 097 - Erkenntnisse
Ashkono Tregarde stürzte auf seinen Patienten zu und wollte den Christophorer, der jetzt wie in Trance dasaß, auf der Stelle zurückziehen.
Kendra Scott schnappte ihren Vorgesetzten am Arm und zog ihn zurück. Der Fremde starrte jetzt mit großen Katzenaugen auf den Arzt. Dann wandte er sich wieder Bruder William zu und legte erneut seine Fingerspitzen auf die Stirn des Mönchs. Tregarde blieb stehen und tat nichts. »Miss Scott, ich habe den Captain gerufen. Sie müsste jeden Moment hier sein, bitte achten Sie an der Tür darauf, dass sie nichts Unüberlegtes tut und einfach hier in die Station stürzt wie ich.«
»Aber Doktor! Sie können …«
»Na los, Dr. Scott!«
Kendra Scott sah ein, dass jetzt nicht die Zeit zum Diskutieren war und bezog Posten neben dem Eingang.
»Wir sind nicht für den Krieg gekommen«, sagte Bruder William auf einmal. »Wir müssen gehen. Mit diesem hier, der einen Anderen in sich trägt. Ihr hättet ihn nicht mit Euch nehmen dürfen, es war nicht sein Wunsch. Die Anderen werden gerufen, und wir müssen sie und die Unseren verabschieden. Wir wünschen, dass ihr auch geht. Lasst uns Frieden. Wenn wir uns nicht wiedersehen, dann wird es keine mehr geben, die vor ihrer Zeit auf die andere Seite gehen müssen.«
Tregarde sah, dass Bruder William in Trance war, aber dass es der Fremde war, der ihm die Worte eingab. Seine Gedanken rasten. Konnte sich William mit dem Fremden verständigen?
Er versuchte eine Sekunde, sich zu beruhigen und sich dann wider alle Vernunft zu konzentrieren.
»Wir werden jetzt gehen. Ich werde ihn, der vom Anderen begleitet wird, mitnehmen. Geht in Frieden. Aber kommt nicht wieder.«
Damit waren der Fremde und Tregardes Patient auf einmal verschwunden.
Die Krankenliege war leer.
*
» Nein! «
Jetzt war Tregarde nicht mehr zu halten. Er stürzte auf die Liege zu, auf der sich vor einem Moment noch sein Patient befunden hatte und für einen Augenblick glaubte Kendra Scott, er würde wütend schreien, gegen den Sockel des Krankenbetts treten oder sonst etwas Unüberlegtes tun.
Doch Ashkono Tregarde nahm sich im letzten Moment zusammen. Er sah noch einmal kurz auf die mit goldfarbiger Mikrofaser bezogene Liege, drehte sich abrupt um und verschwand in seinem kleinen Bürolabor.
Kendra Scott wollte ihm folgen, doch eine kühle und ruhige Stimme hielt sie zurück. »Lassen Sie ihn allein, Dr. Scott. Er sollte für eine Weile nicht gestört werden.«
Dana Frost ging jetzt zu Bruder William, der immer noch schwankend an der Krankenliege saß und sich die Stirn hielt, auf der drei knallrote Male zu sehen waren. Er war ansonsten leichenblass. Stephan van Deyk, der zusammen mit Dana Frost gekommen war, stand schon neben ihm. »Alles in Ordnung, Bruder Willliam?«
Der Mönch nickte. Dana ließ ihm einen Moment Zeit, sich zu sammeln, bevor sie weitersprach. »Fühlen Sie sich imstande, mir wiederzugeben, was Sie empfangen haben?«
Der Christophorer, dessen hellbraune Haare wieder einmal wild in alle Richtungen standen, schwieg.
»Captain Frost, ich kann Ihnen gern die Worte wiederholen, die dieser Fremde in mein Gedächtnis gebrannt hat. Alles andere sind Eindrücke.«
Van Deyk lächelte leicht. »Ihre Eindrücke sind oft wertvoller als die Meinung anderer.«
»Wenn Sie meinen … Die Worte haben Sie gehört?«
»Einen Teil.« William wiederholte die Rede des Fremden Wort für Wort.
Dana sah ihren Ersten Offizier schweigend an, als der Mönch geendet hatte. »Sie denken also, dass der Fremde nichts Böses im Sinn hatte?«
»Nein, hatte er nicht«, meinte William. Er klang immer noch heiser. »Er wäre auch nicht gekommen, wenn unser Patient nicht … wie sagte er … von einem Anderen begleitet worden wäre. Ich schätze …«
»Er meinte wohl den Dronte damit.« Eine dunkle Stimme war von der Schottöffnung zum Labor zu hören. Es war Dr. Tregarde, der sich offenbar wieder gefangen hatte. Dana sah ihn aufmerksam an. »Geht es wieder, Doktor?«
Tregarde nickte. Seine Miene war steinern. »Aber natürlich, Captain, danke. – Meine Meinung ist, dass die Fremden ein Volk sind, das mit den Dronte in Frieden lebt. Es gibt einige von ihnen, die mit Dronte leben, andere nicht. Vielleicht ist es eine Auszeichnung, einen zu bekommen?«
»Nein«, meinte William. »Das ist es nicht, derjenige, der unseren Patienten geholt hat, war ein Führer. Aber ich hatte den Eindruck – wie gesagt, ich kann es nicht beschreiben, aber gesagt oder mir mitgeteilt hat er
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