Sternenfaust - 109 - Ankunft der Erdanaar
hier im Inneren des Schiffs war gesunken, sie betrug jetzt -70° Celsius und fiel weiter.
Als er auch im Cockpit niemanden mehr fand, war Berto Masukawa beinahe bereit, an Geister zu glauben. Er stellte die Anzugheizung noch einmal höher, er hatte das Gefühl, als ziehe irgendwo durch ein winziges Leck in der Oberfläche seines Kampfanzugs die ihn umgebende Kälte ein.
Er blieb stehen und versuchte, ruhig zu atmen, doch er kam trotz allen Trainings und mehreren Jahren Ausbildung und Einsatz nicht gegen das Gefühl der Todesangst an. Wenn da ein Leck in meinem Anzug ist, habe ich nicht mehr lange zu leben. Ich bin allein. Niemand ist hier.
Ich werde erfrieren …
*
Tim Brandtner richtete sich auf und versuchte, die Rückenmuskeln zu entspannen. Niedrige Gravitation hin oder her, ständiges Bücken und Hocken in einem Raumanzug war kein besonderes Vergnügen. Er ließ seinen Blick über die trostlose und düstere Szenerie gleiten und stellte fest, dass er mit seinen beiden Begleitern, Lyra und Bill, allein war.
»Wo sind die anderen?«
»Sind Sie fertig, Dr. Brandtner?«
Tim sah auf seinen noch offen stehenden Probenkoffer herab. Die meisten seiner Probengläser und Petrischalen waren gefüllt, mit dem Eisschlamm und mit reinem Ethan aus den vollständig klaren Pfützen, die sich überall zwischen dem Eisgeröll befanden. Auch ein paar winzige Proben dieses Silikatstaubes, der sich unter dem Ethan befand und der laut Scanner aus winzigen ethangebundenen Staubpartikeln zu bestehen schien.
Brandtner konnte nur hoffen, dass ihm die Probengläschen nicht bei der nächstbesten Gelegenheit um die Ohren flogen.
Doch jetzt war ihm eigentlich nur eins wichtig: Wo waren die anderen?
»Wo sind die anderen?«
Bill Wendt drehte sich um. »Die werden in der PROMETHEUS sein. Wir sollten alles Verwertbare und Nützliche da rausholen und mit auf die STERNENFAUST nehmen. Sie wollen in der wissenschaftlichen Abteilung ja auch mal was zu tun kriegen!«, grinste er.
Brandtner lachte leise. »Ich bin ja wirklich neugierig, ob die da was entdeckt haben. Kommen Sie, lassen Sie uns doch einmal nachsehen!« Er hüpfte ein paar Schritte auf die PROMETHEUS zu.
In diesem Moment entstand direkt vor ihm urplötzlich eine Windhose, die Eiskristalle um ihn und die beiden Marines herum wirbelte. Brandtner verstand die Welt nicht mehr. Wo kam denn auf einmal der Sturm her? Er umklammerte den Koffer in seiner Hand mit aller Kraft, als er spürte, dass er von einem großen Gewicht auf einmal auf die Seite, in den Eisschlamm geworfen wurde. Tim konnte aus dem Augenwinkel erkennen, dass es Lyra Schaefer war, die sich auf ihn geworfen hatte und versuchte, ihn mit ihrem Körper zu schützen.
Tim Brandtner spürte, wie seine rechte Seite, die fest ins Eis gedrückt wurde, trotz der Anzugheizung rapide kälter zu werden drohte.
Lange hält der Anzug das nicht aus. Die Stiefel sind besonders geschützt, aber gegen flüssiges Methan kann die weichere Isolierung des Körpers auf Dauer nichts ausrichten.
Wenn der Sturm nicht bald endet, dann sind wir tot.
Und dann kam ihm noch ein Gedanke.
Was, wenn der Sturm genau das will?
*
ZORN!
Nein, seid nicht mehr zornig. Diese hier wollen forschen. Sie wollen wissen, was einst mit den Ihren geschah.
Sie haben uns getrennt. Uns gestört. Die Entwicklung gestört. Sie müssen vernichtet werden.
Vielleicht. Doch sie wussten es nicht besser.
Seid ihr die Anderen? Die Hüter? Es gab lange keine Hüter.
Wir sind es in einem anderen Teil der Galaxis. Nicht hier.
Den Hütern muss gehorcht werden.
Das ist richtig. Aber sie haben nicht zu befehlen. Das Leben muss immer geachtet werden.
Aber sie haben es zerstört! Sie haben verletzt. ZORN!
Das ist verständlich. Doch das wollten sie nicht. Sie wollen das Leben nicht zerstören, sie wollten es suchen. Doch sie können nicht hören.
Turanor nahm wahr, dass die Silikate jetzt schwiegen. Sie schienen das einzuordnen, was er gesagt hatte. Vorsichtig tastete er mit einem Teil seiner Gedanken nach den Gaianii, die hier auf der Oberfläche waren. Er verstand, was passiert war: vor rund sieben Umläufen dieses Ringplaneten um die kleine Sonne war schon einmal eine Abordnung der Gaianii gekommen, um sich hier auf diesem Mond umzusehen. Doch die Silikate hatten diese Fremdkörper nicht dulden wollen. Sie hatten nach den Hütern gefragt und selbst Turanor wusste nicht, ob mit ihnen die Seinen, die Basiru-Aluun oder gar die Erhabenen selbst gemeint
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