Sternenfaust - 110 - Die Fünfte Kolonne
Zimmer zurückzukehren, waren nur noch drei übrig, und er war sich nicht sicher, ob er diesen Wettlauf gewinnen konnte. »Lasse dich niemals erwischen!« war das wichtigste Gesetz aller Agenten, aber eines, das ihm jetzt möglicherweise zum Verhängnis wurde.
Er beschleunigte die Geschwindigkeit der Kameradrohne, doch er wusste, dass er es nicht schaffen würde. Ihm blieb nur noch die Möglichkeit, die Kameras mit einem Störimpuls aus der Drohne vorübergehend auszuschalten, aber das würde natürlich augenblicklich die Wachleute auf den Plan rufen und ihm auch nur so lange Schutz bieten, bis die Backup-Systeme nur wenige Sekunden später angesprungen waren. Er beschleunigte seinen Lauf und nahm jetzt keine Rücksicht mehr darauf, ob er um die nächste Ecke herum mit jemandem zusammenstieß. Falls dem so war, hätte er ein Problem – und hätte dasselbe auch, falls er es nicht rechtzeitig bis in sein Zimmer schaffte.
Die Zeit der Kameramanipulation war um, als er noch zwei Gänge von seinem Zimmer entfernt war. Augenblicklich aktivierte Kenas den Störimpuls der Drohne und registrierte, dass an allen Deckenkameras gelbe Warnlämpchen aufleuchteten. Er verdoppelte seine Anstrengung noch einmal und raste wie von Dämonen gehetzt durch die Gänge. Er erreichte sein Zimmer und hechtete in dem Moment hinein, als die gelben Lampen erloschen und anzeigten, dass die Kameras wieder in Betrieb waren, aber er war sich nicht sicher, ob nicht doch noch eine von ihnen das Schließen seiner Tür aufgezeichnet hatte. Falls ja und falls ihn jemand darauf ansprach, so musste er einen guten Grund dafür nennen können. Aber glaubhafte Ausreden zu erfinden gehörte ja zur Grundausbildung jedes Temuran-Agenten.
Kenas »versteckte« den Datenträger mit den brisanten Informationen in einem ganzen Stapel von Datenträgern, die er offen herumliegen ließ. Schließlich befand er sich hier in einer Station des Temuran, und die meisten hier arbeitenden J’ebeem gehörten zum Geheimdienst mit entsprechender Ausbildung. Das bedeutete, dass auch jeder jedes Versteck kannte, in dem ein Agent brisante Informationen zu verbergen versuchen würde.
Deshalb musste Kenas den Datenträger schnellstmöglich hier herausschaffen. Rosku Namak würde erst in sechs Tagen wieder nach Hakonaar kommen, aber den Datenträger so lange hier zu behalten, war zu riskant. Nein, er musste ihn morgen früh unverzüglich aus der Station schaffen. Noch besser jetzt gleich.
Er steckte ihn wieder ein und verließ mit allen Anzeichen eines Mannes, der an Schlaflosigkeit leidet, sein Zimmer. Niemand hielt ihn auf seinem Weg zum Ausgang auf. Nur die Posten an der Schleuse zum oberirdischen Bereich stellten ihn zur Rede.
»Ich kann einfach nicht schlafen«, erklärte er denen schlicht. »Das passiert mir immer, wenn ich auf eine andere Welt versetzt werde und dauert meistens zwei Wochen, bis ich mich eingewöhnt habe. Aber es gibt ein Mittel, das mir dabei helfen kann«, fügte er hinzu und machte eine verschwörerische Geste. »In der Stadt findet man doch bestimmt irgendwo eine Lakshaira , die einem beim ›Einschlafen‹ hilft, nicht wahr?«
Die Posten bejahten das mit einem anzüglichen Grinsen. »Seien Sie froh, dass Sie zum Temuran gehören«, meinte einer, nachdem er Kenas’ Ausweis kontrolliert hatte. »Sonst dürften wir Sie hier nicht rauslassen. Das einfache ›Fußvolk‹ hat nur mit Genehmigung des Stationsleiters Ausgang, und die J’eberde und ihre Mütter dürfen die Station überhaupt nicht verlassen.« Er öffnete die Schleuse. »Draußen finden Sie Gleitfahrzeuge, die zur Station gehören. Ich empfehle das Begegnungszentrum 191. Dort finden Sie, was Sie suchen.«
»Vielen Dank, Kamerad.«
Wenig später war Kenas draußen und fuhr mit einem Gleiter zum Begegnungszentrum 191, für den Fall, dass jemand das überprüfte. Da das Zentrum in unmittelbarer Nähe des Raumhafens lag, kam das seinen Plänen sehr entgegen. Er begab sich zum Raumhafen und deponierte dort in einem Lagerfach den Datenspeicher für Rosku Namak mit einer kurzen Nachricht, ihn der GalAb zuzuspielen, falls Kenas es nicht schaffte, mit dem Händler wieder zurückzufliegen. Anschließend nutzte er tatsächlich die Dienste einer Lakshaira , einer Kurtisane, ehe er drei Stunden später wieder nach H98 zurückkehrte.
Falls er bis jetzt nirgends Misstrauen erregt hatte, so war es Zeit, den nächsten Teil seines Plans vorzubereiten.
*
Rosku Namak entdeckte Kenas sofort, als
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