Sternenfaust - 126 - Meuterei auf der STERNENFAUST (1 of 4)
wärmen!«
»Am besten ist, wir wandern weiter!«, rief jemand aus der Dunkelheit.
»Ich erwarte, dass Sie sich untereinander helfen. Schauen Sie, ob Ihr Nachbar mehr friert als Sie selbst. Teilen Sie Ihre Kleidung.«
»Verdammt, Admiral! Das ist ja schön und gut – aber wir sollten wirklich aufbrechen!«, rief eine andere Stimme.
»Das werden wir vielleicht auch«, gab Vincent Taglieri zurück. »Aber erst dann, wenn es kälter wird. Falls nicht, können wir es wagen, ein paar Stunden zu schlafen. Wir alle benötigen Ruhe.«
Niemand widersprach, vielleicht auch, weil die Gefahr groß war, dabei erwischt zu werden, was möglicherweise ein Disziplinarverfahren nach sich zog.
Vincent kauerte sich neben Dana Frost, die sich ihrerseits an George Yefimov drückte. David Alyawarry gesellte sich zu ihnen. Sein fast nackter Körper drückte sich an Vincent, eine seltsam beharrliche, eigenartig intime Geste. Vincent lächelte innerlich. Nun saßen sie hier. Aneinander gekuschelt und hofften, zu überleben. Sie rochen den Schweiß des Anderen, den schlechten Atem, die Angst und die Erschöpfung und niemand störte sich daran.
Es schien, als habe der Planet Mitleid mit seinen winzigen Eindringlingen, denn die Temperatur stagnierte.
Doch der Frieden dauerte nicht lang, bevor sich die Hölle öffnete.
*
Meister William Beaufort vom Orden der Christophorer musterte durch die Trennscheibe Bruder Izanagi Narada. Der junge Ordensbruder war trotz seines jungen Alters von 29 Jahren bereits ein Experte auf dem Gebiet der Neuropsychologie und sein Assistent am Institut für Telepathie an der Brüderschule auf Sirius III.
Der Orden der Christophorer war 2204 auf Sirius III gegründet worden. Das Sirius-System war einst von den Altsirianern besiedelt, die sich jedoch, lange bevor das System von den Menschen kolonisiert wurde, selbst vernichtet hatten. Die Christophorer waren ein Orden, der jede Religion zuließ und selbst pantheistisch handelte. Man vertrat die Philosophie, das Universum sei gleichbedeutend mit Gott. Wollte man sich Gott nähern, musste man sich seiner Schöpfung nähern und sie durch die Naturgesetze begreifen. Neben der Suche nach Wissen fühlten sich die Ordensbrüder durch Meditation mit dem Universum und dadurch mit Gott verbunden.
Die Brüderschule befand sich wie auch das Kloster der Christophorer auf Sirius III und war eine der renommiertesten Universitäten der Solaren Welten, die ebenfalls von den Christophorern ins Leben gerufen war. Meister William Beaufort hatte dort ein Institut für Telepathie gegründet. Dort führte er nun ein neues Experiment durch.
Izanagi Narada saß mit geschlossenen Augen an einem Tisch, beide Hände auf die Platte gelegt. Seine ungewöhnliche Frisur, acht rabenschwarze Haarstacheln, gab ihm im Profil den Anstrich eines Außerirdischen.
Meister William lächelte über seine unsachliche Assoziation. Längst hatte er sich an den Haarschnitt des jungen Mönchs gewöhnt, er fand ihn völlig normal und war überrascht, wenn andere Leute sich manchmal darüber echauffierten. Es zeigte, dass der Mensch ein Gewohnheitstier war.
Im Laufe seines Lebens hatte Meister William gelernt, dass man Erfahrung und Weisheit nicht daran maß, wie viel ein Mensch erlebt hatte, sondern an seiner Fähigkeit, Erfahrungen zu machen. Er glaubte fest daran, dass Weisheit der Ursprung aller guten Werke war.
Meister William schritt zur zweiten Trennscheibe. Dort saß eine junge Frau an einem Tisch. Sie war in sich zusammengesunken und weinte. Sie hatte während einer Geiselnahme auf der STARLIGHT ihre Schwester verloren, ein Verlust, den sie bis heute nicht verkraftet hatte. Man hatte ihr angeboten, auf Sirius III mit Hilfe von Meditationstechniken ihre Trauer in den Griff zu kriegen.
William ging zurück zur Trennscheibe I. Izanagi fuhr sich mit der rechten Hand über das Gesicht. Sein Kopf ruckte hoch und er blinzelte in das milde Deckenlicht. Die elektrophosphoreszierenden Zellen wurden dunkel und blendeten dadurch die externen Stimuli aus, damit Izanagi sich auf sein inneres Selbst konzentrieren konnte.
Die telepathischen Fähigkeiten des jungen Bruders waren immens und heute würde man erfahren, was Izanagi noch alles vermochte – oder auch nicht.
Offensichtlich hatte Izanagi einen leisen Befehl gemurmelt, denn die Zellen wurden wieder heller. Nun war der Raum in ein mildes grünes Licht getaucht.
William blinzelte und sah genau hin. Mit einem Ruck fuhr er von Trennscheibe I
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