Sternenfaust - 127 - Tödlicher Angriff (2 of 4)
je einen Siebaufsatz und goss schließlich behutsam das erhitzte Wasser auf, bis nur mehr ein Fingerbreit bis zum Tassenrand frei blieb. »Wussten Sie, dass man in früheren Zeiten diesen Tee mit schmelzenden Eiswürfeln zubereitet hat, um das Wasser nicht zu heiß werden zu lassen und damit den sanften, hocharomatischen Geschmack zu verderben?«
William sah sich in dem großzügig bemessenen, funktional eingerichteten Appartement um, stellte seine Umhängetasche neben dem Küchentisch ab, setzte sich auf einen der ergonomischen Schwinghocker und sagte mit Blick auf Izanagi: »Mich würde eher interessieren, warum ich mich neuerdings zum Mars aufmachen muss, um mit Ihnen einen Tee trinken zu können.«
»Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin eben nur kein Freund von großen Abschiedsworten.«
Izanagi stand an der Küchentheke und beobachtete die langsam hinab sinkenden Teeblätter.
Meister William legte seine Hände flach nebeneinander auf den Tisch. »Warum haben Sie sich so plötzlich für Far Horizon und gegen die Arbeit am Institut der Brüderschule entschieden?«
Izanagi hob das erste Sieb an, wartete bis das restliche Wasser zurück in die Tasse geflossen war. »Ich denke, hier ist der bessere Platz für mich.«
»Weil man hier mehr Vergünstigungen bietet?«
Der junge Mönch seihte gewissenhaft den Tee der zweiten Tasse ab, nahm beide in die Hand und trug sie zum Tisch. »Ist es denn wirklich so wichtig, wo man forscht? Kommt es nicht viel mehr auf das Ergebnis an?«
»Und ausgerechnet hier sollen diese besseren Ergebnisse zu erzielen sein? Oder sind sie vielleicht nur schneller zu erreichen? Ist es das? Ging es bei uns zu langsam voran?«
»Was spielt es für eine Rolle – hier oder dort? Es geht allein um das Wissen. Das ist der wahre Schatz.«
Meister William runzelte die Stirn und blickte Bruder Izanagi eindringlich an. »Und Sie glauben ernsthaft, diesen Schatz ausgerechnet in einem Projekt unter der Führung von Walter Gregorovitch heben zu können?«
» Far Horizon ist einer der mächtigsten Konzerne der Solaren Welten. Man kann sich kaum eine bessere Laboreinrichtung wünschen. Die Mittel scheinen unbegrenzt. Ich wüsste keinen besseren Ort im Universum, um zu forschen.«
»Was ist mit Ethik, mit Moral? Lassen sich diese beiden Werte tatsächlich mit Geld kaufen?« Während William sprach, presste er seine Handflächen fester auf die Tischplatte. Aus der Tasse daneben stieg der herbe Geruch von Grünem Tee auf. Izanagi saß ihm gegenüber. Auch er schien keinen rechten Durst zu verspüren, strich sich stattdessen mit der linken Hand über einen seiner pechschwarzen Haarzacken und schien dabei in Gedanken abzuschweifen.
»Bruder?«, hakte William nach einer Weile nach.
Der ehemalige Christophorer zuckte leicht zusammen, blinzelte ein paar Mal, bis sich sein Blick geklärt hatte, und sagte dann in deutlich unwilligem Tonfall: »Ethik und Moral sind dehnbare Begriffe in der Gesellschaft. Es kommt doch einzig und allein auf das Motiv an. Der Zweck heiligt die Mittel, nicht wahr? Was sind schon ein paar Bauernopfer für das große Ganze?«
Jetzt war es an Meister William ungläubig zu blinzeln. Doch Izanagi ließ ihn nicht mehr zu Wort kommen. In wachsender Rage schlug er mit der Faust auf den Tisch. »Ist es nicht so, dass das Star Corps selbst vor dem Abschussbefehl seiner eigenen Leute nicht haltmacht, nur um den wissenschaftlichen Fortschritt vor den potenziellen Feinden weiterhin verbergen zu können? Wo ist da die Moral? Wo ist da die heilige Ethik und Menschlichkeit gewesen? Was hilft es, die Gefühle und Beweggründe des Einzelnen zu verstehen, wenn ihre Taten doch immer noch die gleichen bleiben.«
»Und Far Horizon hat also die bessere Lösung? Den besseren Ansatzpunkt für dieses Problem gefunden? Sind Sie deshalb gegangen? Weil Sie glauben, das telepathische Institut der Brüderschule sei mit seinen Forschungen auf dem Holzweg?«
Izanagi gab keine Antwort. Er wirkte unkonzentriert und schabte mit den Füßen über den plastikbeschichteten Holzimitatboden.
»Erklären Sie es mir, Bruder Izanagi!«, rief William, zog die Hände an den Körper und krallte die Finger in die Tischkante.
»Statt einfach nur passiv zu lauschen, muss man die Möglichkeiten, die so eine telepathische Verbindung bietet, nutzbar machen. Aktiv auf das Gegenüber einwirken. Nur so lässt sich eine gegnerische Übermacht – sei es technologisch oder zahlenmäßig – kontrollieren!«
»Und diese neue
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