Sternenfaust - 132 - Das Urteil des Raisa
aufgeregt sein ließ. Es war das, was vor ihr lag: Die einmalige Chance auf Wunsch von Meister Jaro an einer diplomatischen Verhandlung zwischen Menschen und J’ebeem teilzunehmen! Damit war jede Menge Verantwortung verbunden. Gleichzeitig war es die Erfüllung eines Traums. Ein Bündnis zwischen ihren Völkern. Und sie würde dabei sein!
Sie zwang sich langsam zu gehen, würdevoll die Hand zu heben und zu winken.
Es war anzunehmen, dass in diesem Moment zahlreiche Überwachungskameras des Temuran auf die Halle und die außerirdischen Besucher gerichtet waren.
Izanagi Narada drehte sich zu ihr um, als spüre er ihre Anwesenheit. Er stand auf. »Frida!«
Frida verdrehte die Augen über seine ungestüme Begrüßung. Zum Glück war das eigentliche Begrüßungskomitee der Ebeem noch nicht in der Halle. Die Botschafterin sah Izanagi mit einem bösen Blick an, den der junge Mann ignorierte. Er lachte laut auf, als er auf Frida zulief.
»Wie siehst du denn aus? Was willst du sein? Eine blutende Mumie?«
Frida spürte, dass sie rot wurde – was aber niemand sehen konnte. Seit einigen Wochen schminkte sie sich jeden Morgen das Gesicht blutrot – die Farbe, welche die J’ebeem als Schönheitsideal bevorzugten. Sie trug einen Mittelscheitel. Ihre Haare hatte sie sich glätten lassen. Zwar waren sie niemals wirklich lockig gewesen, aber jetzt waren sie glatt, dünn und steif wie Folienseiten. Ihre Gewandung bestand aus eierschalenfarbigen j’ebeemschem Meenir-Stoff, der in kunstvollen Bahnen um ihren Körper gewickelt war.
Frida erreichte die Gruppe. Inzwischen hatte sich die Botschafterin anmutig erhoben. Sie lächelte ihr freundlich zu.
»Schwester Frida Gudmundsdottir. Meister Jaro hat mich über dein Kommen informiert. Ich bin dankbar, eine weitere Verstärkung an unserer Seite zu haben, die sich nicht nur mit den Gepflogenheiten und der Körpersprache der J’ebeem auskennt, sondern zudem noch fließend Jubar spricht.«
»Was ist das auf deinem Gesicht?« Izanagi deutete auf die Zeichnung aus schwarzroten Linien. Frida widerstand dem Impuls ihr Gesicht zu berühren.
»Eine Eulenschwinge«, erklärte sie stolz.
»Das erkennt kein Lebewesen diesseits und jenseits von Trans-Alpha«, gluckste Izanagi. »Es sieht aus wie zerbröseltes Popcorn.«
Frida funkelte ihn zornig an. »Auf Ebeem ist es Sitte sich zuerst formvollendet zu begrüßen, und sich anschließend zu beleidigen.«
Izanagi nahm die kleinere Frau in die Arme. »Es tut gut dich zu sehen.«
Frida spürte, wie ehrlich er es meinte. Sie konnte die Wärme fühlen, die von ihm ausging, und schaffte es nicht, ihm zu zürnen. Sie drückte ihn an sich. Dann begrüßte sie das Ratsmitglied für Äußere Angelegenheiten, Kalpren Suresh.
Die drei Menschen hatten ihren Begrüßungsdrink aus lieblichem Mergart-Pflanzensaft bereits ausgetrunken, als sich in der Marmorwand an der gegenüberliegenden Seite der Halle eine goldene Gleittür öffnete.
Frida trat respektvoll hinter die Botschafterin und gab auch Izanagi einen Wink, sich mit ihr auf diese Position zurückzuziehen. Sie sah die Ankommenden nicht direkt an, sondern blickte leicht an ihnen vorbei. Dabei entging ihr kein Detail der j’ebeemschen Delegation. Es waren zwei Männer und zwei Frauen. Frida hatte ihre Lebensgeschichten im Institut genauestens recherchiert. Es waren Gondrel Harath, Harus Weergal, Roka Mandar und Ekreen Jeldar. Alle trugen eindrucksvolle Staatsgewandungen aus erlesensten j’ebeemschen Stoffen.
Am weitesten vorne ging der Triumvir des Unteren Triumvirates Gondrel Harath. Frida hatte ihn bisher noch nie leibhaftig gesehen. Er war größer als sie ihn sich vorgestellt hatte. Seine Schritte waren fest. Er beherrschte den Raum mit seiner Präsenz. Die Linien des Drachen auf seiner Wange schienen zu glühen.
Frida wusste nicht warum, aber plötzlich hob sie den Blick. Entgegen jedem Protokoll starrte sie dem Unteren Triumvir genau in die dunklen Augen. Sie bemerkte eine kurze Irritation. Dann fühlte sie, wie sich seine Aufmerksamkeit ganz auf sie richtete. In seinen dunklen Augen glühte ein Feuer, heiß wie der Atem eines Drachen. Sie konnte die Hitze durch ihre Gabe körperlich wahrnehmen. Hastig senkte sie den Blick.
Was war denn das? Sie unterdrückte eine abwehrende Geste. Meister Jaro hatte sie gut in der Körpersprache der J’ebeem unterrichtet, und sie wusste, was angemessen war, und was nicht. Warum hielt sie sich nicht daran?
Der Triumvir begrüßte gemäß der
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