Sternenfaust - 134 - Die Wahrheit über Dana Frost
verlassen, dachte sie missmutig. Eigentlich sollte ich doch jede einzelne der Partien gewinnen. Stattdessen lasse ich mich von diesem Kind ständig übertölpeln.
Erneut übertölpeln , dachte sie bitter, als sie sich daran erinnerte, wie er ihre Flucht vereitelt hatte.
»Ja, es scheint, als hättest du wieder verloren, Dana.« Das klang definitiv selbstgefällig. Nein, es war noch schlimmer. Es klang mitleidsvoll.
Dana stand auf. Sie hatte genug. Erst schlug er sie beim Go und dann bemitleidete er sie noch. Musste sie sich das wirklich antun?
Sie ging zum Fenster und sah hinaus in die idyllische Landschaft, die einem Park eines englischen Landsitzes glich. Vielleicht gehe ich gleich noch ein wenig spazieren. Sie hatte mit Dr. Bardzo eine Vereinbarung getroffen. Er hatte ihr Spaziergänge gestattet, wenn ein Sicherheitsbeamter in der Nähe blieb. Den Gedanken an eine Flucht hatte sie aufgegeben. Meine letzten Lebensmonate auf der Flucht und im Untergrund verbringen? Das hatte ich zwar in meinem Leben noch nicht, aber trotzdem: nein, danke.
Zurück in die Solaren Welten wollte sie ohnehin nicht mehr. Der Gedanke, all den Menschen, die sie gekannt hatte, gegenüberzutreten in dem Bewusstsein, dass sie nicht das war, was sie all die Jahre vorgegeben hatte zu sein, hatte etwas zu Beschämendes.
Sie war anders. Sie gehörte nicht mehr dorthin.
Und ich werde nicht einmal die Zeit haben, mich daran zu gewöhnen, anders zu sein , dachte sie resigniert. Auch wenn es deprimierend war, sich vorzustellen, dass sie ihre restliche Zeit wahrscheinlich in diesem abgeschlossenen Sanatorium mit diesem kleinen Monster verbringen musste, diesem Jungen, der offenbar glaubte, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben.
»Weißt du, Daniel, ich habe eigentlich keine Zeit für Kinderspiele«, sagte sie betont kühl.
Für einen Moment sah Daniel nachdenklich aus. »Du verlierst nicht gern, nicht wahr, Dana?«
Wieder ärgerte sich Dana, aber nur für einen Moment, dann spürte sie auf einmal, wie sie sich entspannte. Doch der Moment hielt nicht lange an.
Sie fuhr herum und musterte den Jungen vor ihr eindringlich. »Du manipulierst mich, richtig?«
Für einen kurzen Moment schien er überrascht, doch seine Selbstbeherrschung war mindestens so gut wie ihre: Er fing sich sofort wieder. Er zuckte mit den Schultern. »Und wenn schon.«
»Und wenn schon?«, erwiderte Dana, und starrte Daniel fassungslos an. »Du beeinflusst heimlich, wie ich mich fühle.«
»Und? Wir beeinflussen ständig unsere Mitmenschen. Oder wir versuchen es. Wir lächeln. Wir plustern uns auf. Wir zeigen die kalte Schulter. Damit nehmen wir Einfluss auf die Gefühlswelt der anderen.«
»Das ist etwas anderes«, erwiderte Dana, doch sie klang zögerlich. »Das, was du machst, ist … künstlich. So wie so gut wie alles hier auf diesem Planeten.«
»Was natürlich ist und was nicht, ist Ansichtssache. Aber pflegte man ja in den Solaren Welten schon immer eine alberne Doppelmoral. Spielen wir jetzt noch eine Partie oder gibst du auf?« Erwartungsvolle Augen sahen Dana an.
Für einen Moment spürte sie den Impuls, sofort ja zu sagen. Aufgeben? Von wegen. Dana Frost gab nicht auf.
Doch dann erkannte sie, dass er versuchte, sie zu ködern. »Ich sehe, du beherrschst auch die klassischen Manipulationstechniken!«
»Die Natürlichen«, erwiderte Daniel ironisch.
»Daniel«, meinte Dana und holte tief Luft. »Ich habe im Moment keine Lust, mit dir zu spielen. Du willst das und versuchst, mich dazu zu bringen. Aber ich habe keine Lust, erst von dir zum Spielen gezwungen zu werden und dann auch noch gegen dich zu verlieren. Was du wahrscheinlich auch erzwingst, denn meine letzten Züge unseres letzten Spiels waren so ausgesprochen dumm, dass ich sie niemals so gemacht hätte, wäre ich bei klarem Verstand gewesen.«
Die Predigt schien auf Daniel keinen großen Eindruck zu machen. »Das ist meist der Grund, weshalb wir verlieren«, meinte er ungerührt. »Und ich musste wirklich nicht nachhelfen, um dich abzulenken. Deine Gedanken kreisen andauernd um diesen Yngvar.«
Dana hatte ganz sicher keine Lust, mit dem Jungen über Yngvar zu sprechen. Sie redete ohnehin ungern über dieses Thema. Daher stellte sie also eine Gegenfrage. »Ist das eigentlich eine Naturbegabung von dir?«
»Du meinst das, was man als Telepathie und Fern-Suggestion bezeichnet? Man kann es durch Medikamente verstärken. Aber die bekomme ich hier nicht.«
»Na gut«, sagte sie schließlich
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