Sternenfaust - 134 - Die Wahrheit über Dana Frost
getippt!
Daniel war im Körper eines Teenagers gefangen. Seine Sozialisation und seine Fähigkeiten, Situationen richtig einzuschätzen, sich zu benehmen oder zu beherrschen – in all dem fehlte ihm noch die nötige Lebenserfahrung. All das, was einen Menschen formt, der Kontakt zu Gleichaltrigen, Geschwistern, älteren, jüngeren … All die Geschichten, die man täglich erlebt oder erzählt bekommt und die unsere Lebenserfahrung formen, die konnte man nicht durch eine Wachstumsbeschleunigung und auch nicht durch noch so viel Intelligenz ersetzen.
»Du kannst dir die Enttäuschung meiner Mutter vorstellen, als die Diagnose kam.«
»Das war sicher ein Schock für sie!«, versuchte Dana Verständnis zu zeigen.
»Und was für einer«, erwiderte Daniel. »Ihr vollkommener Sohn war defekt. Als sie hier in den ›Quellen der Genesung‹ mit dem Doktor sprach, hat sie nur eines gedacht: Ich muss es erneut versuchen. Für sie war ich eine Fehlinvestition. Sie überlegte, ob sie das viele Geld, das sie für meine genetische Aufrüstung gezahlt hatte, zurückverlangen konnte. Sie überlegte sogar, einen Schadensersatz für die verlorenen Aufwände zu fordern.«
Daniel lächelte. »Kann man verstehen, nicht wahr? Ich wäre auch sauer, wenn ich so viel Geld zum Fenster rausgeworfen hätte.«
Dana nickte betrübt. »Vielleicht wird es eines Tages sogar möglich sein, Leute mit unserer Krankheit zu heilen. Aber eines, das hat bis jetzt noch keiner geschafft. Und das ist, die Gefühle aus dem menschlichen Genom herauszulöschen.«
»Bei meiner Mutter scheint es ganz gut geklappt zu haben«, erwiderte Daniel schlagartig. Dann grinste er. »Du hast Mitleid mit mir. Das brauchst du nicht. Eine Mutter ist bei den Genetics nicht mehr als eine genetische Vorlage. Und wie du weißt, habe ich viele davon.«
Dana schauderte, so herzlos klang es. Dann erinnerte sie sich an ihren Spitznamen: Eisbiest. Und niemand in diesem Universum ahnte, wie falsch dieser Spitzname war. Manchmal konnte man nur dann stark bleiben, wenn man für andere eine Fassade errichtete.
»Wir beide sind Kämpfer«, meinte sie schließlich. »Und ich habe nicht vor, aufzugeben.«
»Ich weiß!«, erwiderte Daniel, und Dana ging ein natürlich weißt du es durch den Kopf.
»Wenn ich eine Möglichkeit wüsste«, begann sie schließlich, »wie nicht nur uns, sondern allen Genetics mit diesen rätselhaften Tumoren geholfen werden kann … Würdest du mir dann dabei helfen?«
»Natürlich.« Daniel überlegte einen Moment. »Geht es um diese Sache mit dem Auge des Universums?«
Dana schüttelte den Kopf. »Du kleiner Spion!«
»Nun, mehr als diesen Fetzen habe ich nicht aufschnappen können.«
»Dann hör gut zu. Meinetwegen schau auch in meinen Kopf, wenn es dir beim Verstehen hilft.« Als ob er dafür deine Erlaubnis brauchte , dachte Dana.
*
»Und? Was kannst du spüren?«
Seitdem Daniel und Dana ihre Flucht beschlossen hatten – und zwar gemeinsam, nur so würde es funktionieren, das hatte der Junge klargestellt – warteten sie auf eine günstige Gelegenheit.
Daniels Talent, andere Leute durch seine mentale Gabe, wenn auch nur geringfügig, beeinflussen zu können, war nahezu prädestiniert dafür, ihnen den Weg aus dieser Einrichtung zu bahnen.
Der junge Telepath hatte die Augen geschlossen und den Mund konzentriert zusammengekniffen. Er saß auf dem Boden von Danas Zimmer und lehnte mit dem Rücken an der Wand. »Kurz vor Wachwechsel«, murmelte er. »Das ist gut. Die beiden Männer am Ende des Ganges sind müde und unkonzentriert. Es wird anstrengend, aber ich könnte es schaffen, sie beide auf diese Distanz abzulenken.«
»Gut!« Dana musste dem Jungen vertrauen. Er war ihre einzige Chance, hier überhaupt herauszukommen. Um ihr und Daniel das Leben zu retten. Um vielleicht Tausenden von Genetics eine Heilung zu verschaffen. »Dann lass es uns versuchen!«
»Wir müssen schnell sein«, erwiderte Daniel.
»Wo sind die nächsten Wachen?«, wollte Dana wissen.
»Erst im übernächsten Gang. Auf diese Distanz komme ich nicht an sie heran, aber wenn wir uns in ihre Richtung bewegen, sollte ich auch mit denen fertig werden«, meinte Daniel. Seine Stirn glitzerte, kleine Schweißperlen hatten sich dort gebildet. Der Junge öffnete die Augen und richtete sich auf. Er tat einen tiefen Atemzug und nickte Dana zu.
»Los geht’s!«
Dana öffnete die Tür, langsam und vorsichtig, um ja keinen Laut zu verursachen. Ein schneller Blick auf den
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