Sternenfaust - 138 - Tyrannenmord auf Kridania
wurde auf die Fußkrallen gerissen. Vier Wachen umgaben ihn. Knie- und Ellbogenstöße prasselten auf ihn ein.
»Verräter!«, zischte eine der Wachen.
Ein Ellbogen raste auf seinen Kopf zu. Es wurde dunkel.
*
Er kam in einem Stahlkerker zu sich. Auf einer kargen Pritsche sah er verschwommen einen ausgemergelten Körper liegen. Es war Lera-Taris.
Schwerfällig kämpfte er sich nach hinten auf die Knie und streckte eine Klaue nach ihr aus. Sie schien zu schlafen. Vielleicht war sie auch bewusstlos. Auf ihrer Stirn klebte verkrustetes Blut. Der Raisa hatte auch ihr das Mal des Frevlers beigebracht.
Sun-Tarin streichelte über ihren federlosen Kopf.
Hätte er doch nur im entscheidenden Augenblick zugestochen! Jetzt war alles verloren.
Lera-Taris regte sich und schlug die Augen auf.
Sun-Tarin konnte es nur undeutlich erkennen, sein gesundes Auge war geschwollen und schmerzte.
»Bruder …« Sie schlang ihre Arme um ihn. »Wir sollen hingerichtet werden, schon in wenigen Stunden mit dem Aufgang der Sonne. Es soll ein Schnellverfahren vor dem Jeran-Dir geben.«
Sun-Tarin drückte sie fest an sich. »Ich habe versagt.«
Sie krächzte und rieb ihren Schnabel unglücklich an seinem. Aber sie machte ihm keine Vorwürfe. »Kassil-Nur und Satren-Nor sind geflohen. Seri-Ma, eine Rapu-ka, war vorhin hier, um uns Essen zu bringen.« Sie wies auf einen Kunststoffkasten. »Sie hat es mir erzählt. Und Farun-Dan ist tot, genau wie alle anderen, die im Sitzungssaal im Herdan waren. Nur der Raisa hat die Explosion überlebt.«
»Wegen des Schutzes«, krächzte Sun-Tarin. Zum ersten Mal seit Tagen verspürte er Hunger. Eine innere Ruhe überkam ihn. Gott hatte ihm das Ende seines Weges gezeigt. Nun würde er auch dieses letzte Stück gehen.
Er machte sich von Lera-Taris los, ging zu dem Kunststoffbehälter und öffnete ihn. »Die Schnabellosen nennen das eine Henkersmahlzeit.«
Lera-Taris krächzte nicht mehr. Sie kroch auf den Knien neben ihn und trank von dem Wasser, das in einem Beutel in der Kiste lag. »Ich werde stolz sterben«, sagte sie entschieden. »Was wir versucht haben, war richtig.« Sie gab Sun-Tarin den Trinkbeutel.
»Danke«, krächzte er, und spürte erst da, wie ausgedörrt seine Kehle war. Sein Körper schmerzte und die Schnittwunde auf der Stirn und in seiner Schulter brannte. Aber all das würde bald vorbei sein.
Schon kurze Zeit später hörten sie die Krallenschritte der Wachen auf dem harten Stein.
Es war so weit.
*
Sie wurden in einen großen Saal gebracht, der zur Mitte hin abfiel. Ganz unten stand ein Tribunal aus siebzehn Richtern, die mit ihren scharfen Augen den Raum im Blick behielten. Sie standen auf den Jeran-Dir, dem göttlichen roten Richtstein, der von innen heraus leuchtete. Das Gericht war um diesen Stein herum gebaut worden. Der Legende nach war in diesem Stein der Leichnam des Heiligen Hamask-Kir, der für seine Weisheit berühmt geworden war. Seine Kraft wirkte durch die Jeran-Diri, die Richter Gottes, die mit stolz erhobenen Schnäbeln auf dem Stein Rat hielten.
Um den Stein herum stiegen Stehreihen mit Fußstangen an. Gut vierhundert Kridan hatten sich versammelt und krächzten ihre Verachtung heraus. Immer wieder flogen faule Lanca-Halme durch die Luft.
Etliche Tanjaj waren anwesend, um die Kridan im Saal zurückzuhalten. Trotzdem konnte das Gericht erst tagen, nachdem alle Zuschauer aus dem Raum geworfen worden waren. Das Volk ließ sich nicht bändigen, auch nicht von den wütenden Rufen der siebzehn Jeran-Diri. Sun-Tarin hatte nie zuvor solche Zustände erlebt.
Faule Früchte klebten auf dem schwarzen Schuldstein, an den Sun-Tarin und Lera-Taris mit energetischen Kraftfeldern gekettet wurden. Hinter ihnen brachte man den Sohn des Mar-Tanjaj herein sowie die Tochter von Kassil-Nur, die im Gegensatz zu ihrem Ei-Vater nicht rechtzeitig hatte fliehen können. Dazu kam ein ranghoher Kridan aus dem Bolpor namens Kasir-Jen, der ebenfalls im Hintergrund für Kassil-Nur und die Verschwörungsgruppe um Satren-Nor gearbeitet hatte. Er hatte den Funkspruch an den Mar-Tanjaj und Sun-Tarin abgesetzt.
Die siebzehn Jeran-Diri erklärten sie einheitlich für schuldig. Sie ließen aus ihren Krallen rote Blätter der Raisa-Staudenblüten fallen. Die weißen Blätter – jene der Unschuld – verbrannten sie auf dem heiligen Stein.
Der oberste Jeran-Diri, Hasuk-War, sah die Schuldigen nicht an, als er seine Rede hielt. Er sah nur zum Raisa hin, der als einziger Gast
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