Sternenfaust - 144 - Wächter des Kristariums (2 of 2)
Ganze war ein Selbstmordunternehmen. Selbst wenn es ihnen gelingen sollte, zur Mother vorzudringen, hatten sie immer noch nicht das ominöse Buch. Überhaupt wirkte das alles mehr als verrückt. Eine Kreatur, welche die Stadt beherrschte, führte ein Tagebuch? Nun war es zu spät, um Thunder danach zu fragen.
»Ist doch seltsam«, meinte Linus. »Da ist eine ganz einfache Holztür, dahinter ein Gang und ein paar Stufen in die Tiefe – und schon ist man bei Thunder.«
»Ich habe, als wir rausgingen, versucht, die Tür noch mal zu öffnen«, sagte Scott. »Unmöglich. Sie wirkte wie festzementiert. Vermutlich ein geheimer Mechanismus.«
»Na wunderbar«, gab Linus zurück. »Falls wir den Auftrag ausführen, wissen wir nicht, wie wir in die Katakomben zurückkehren können.«
»Es sei denn, wir schießen die Tür in Einzelteile«, bemerkte Scott.
Yefimov blickte auf. »Das wirkt alles sehr einfach, bietet aber die totale Sicherheit. Wie der Zugang zu einer Burg. Nur ein schmaler Gang, zu klein, um viele Angreifer auf einmal einzulassen, am Ende eine schwer bewachte Höhle, von der aus die Gegner abgeknallt werden können, sobald sie den Gang verlassen.«
»Und warum hat man uns verschont?«, wollte Linus wissen.
Yefimov verzog das Gesicht. »Anneé ist vorausgegangen. Man scheint sie zu kennen. Genauso, wie sie den Geheimmechanismus kannte.«
»Also hat sie uns in eine Falle gelockt?«, fragte Scott vorsichtig.
Yefimov schüttelte wider besseres Wissen den Kopf. »Ich glaube, sie hat sich für das kleinere Übel entschieden. Die Driller hätten uns gejagt und irgendwann getötet.«
Linus sagte nichts, aber man sah ihm an, dass er dem Braten nicht so recht traute.
Sie machten sich auf und waren nach dreißig Minuten am Turm. Yefimov legte den Kopf in den Nacken. Glatte Wände, keine Fenster. Ein schwarzer Monolith, der nach oben hin konisch zulief. Wo war der Eingang?
»Verdammt«, zischte Scott. »Wer in so einem Gebäude sitzt, bekommt doch hin und wieder mal Besuch, oder? Also muss es einen Weg hinein geben.«
Yefimov faltete ein Papier auseinander, auf welchem der Turm eingezeichnet war. »Thunder sprach von einem Stromerzeuger. Ich vermute, es handelt sich um das kleine würfelartige Gebäude westlich. Ich müsste mich sehr täuschen, wenn da nicht ein Gang ist, der von dort ins Gebäude führt.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf das Papier. »Falls es Probleme mit der Stromerzeugung gibt, wird man die Aggregate nicht von außen zugänglich gemacht haben. Also ist das unser Weg.«
Sie schlenderten unauffällig zum Würfel. Ein schwarz blitzender Kasten, geschützt durch einen zwei Meter hohen Zaun. Nirgendwo eine Tür oder ein Durchlass.
»Ich wette, man kommt von oben rein«, sagte Yefimov. »Durch eine Art Oberlicht vielleicht. Falls das nicht so ist, können wir die Sache vergessen.«
Sie sicherten die Umgebung, doch niemand nahm von ihnen Notiz. Mit Unbehagen blickte Yefimov zum Hochhaus. Wurden sie beobachtet? Zwar sah man keine Fenster, aber das bedeutete nicht, dass es keine gab. Vielleicht aus transparentem Stahl, wie man ihn auch auf der STERNENFAUST fand?
Ein Zweimeterzaun stellte für die Marines kein Hindernis dar. In weniger als einer Minute waren sie auf der anderen Seite und huschten hinter den Würfel, um aus dem Sichtfeld des Hochhauses zu sein.
»Wer klettert rauf?«, fragte Scott.
»Immer der, der fragt«, sagte Yefimov.
Scott wurde hochgehoben und zog sich aufs Dach. Er ließ sich auf den Bauch fallen und robbte vorwärts. Wenige Sekunden später erschien sein Gesicht über der Kante. »Eine Deckenplatte.«
Einer nach dem anderen bestiegen sie das Dach.
»Na super!«, murrte Linus. »Wir haben kein Werkzeug, um die Platte zu öffnen.«
»Wir versuchen es trotzdem. Die Schrauben sind faustgroß. Mit vereinter Kraft …«, sagte Yefimov. Wieder hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden. Das aufragende Gebäude glich einem Wesen aus Stahl, das sie alle kritisch beäugte.
Es dauerte eine Weile, aber schließlich gelang es Linus und Gale, die Schrauben zu lösen. Sie hoben die Platte hoch und lugten nach unten.
Ein Außenstehender hätte die vier Männer für Handwerker halten können, die ihrer Arbeit nachgingen. Mitten im Trubel der Stadt stiegen die Marines ungehindert in den Stromerzeugerwürfel und zogen hinter sich die Klappe zu.
»Frechheit siegt«, grinste Scott.
Yefimov schwieg zu dieser Bemerkung, die er unter anderen Umständen kritisiert hätte. Er wusste,
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