Sternenfaust - 165 - Tachyonen-Exil
übel, doch jedes Mal besiegte er den Brechreiz, trank weiter. Gierig, unersättlich. Als die Pfütze verschwunden war, drehte er den Kopf nach oben, fing die von der Decke fallenden Tropfen mit dem Mund auf. Nichts durfte vertrocknen.
Danach, den gröbsten Durst notdürftig gestillt und mit rebellierendem Magen, saß Mitch einfach nur da, die Beine angewinkelt und das Kinn auf den Knien. Die Situation war ausweglos, und sie machte keinerlei Anstalten, sich zu ändern. Abermals vergingen Stunden, zumindest fühlte es sich wie Stunden an, und kein Laut drang an sein Ohr. Mitch wartete, hämmerte gegen die Tür, schrie sich die Stimme heiser. Ohne Erfolg.
Und er dachte an die Botschaft der Burhoffs. An eine Welt, auf der die Zeit viel schneller verging als anderswo. An Emma.
Dann, völlig überraschend, raschelte es vor der schweren Holztür. Ein Riegel wurde lautstark beiseitegeschoben, und als die Tür aufglitt, fiel das Flackerlicht mehrerer Pechfackeln in Mitchs Zelle. Nach der Ewigkeit im Dunkeln kam es ihm so hell vor wie die Eruptionen einer Sonne.
Zwei Gestalten betraten den Raum, große beigefarbene Wesen humanoider Form. Sie maßen sicher zweieinhalb Meter und überragten Mitch somit um Längen. Ihre Haut war ledrig und von Falten durchzogen. Ihre lidlosen Augen standen weit auseinander und waren von Spaltpupillen geprägt. Die Wesen schienen kein einziges Haar am Körper zu haben. Sie trugen dunkelbraune Kutten aus rauer Wolle, die ihnen bis zu den nackten Füßen reichten. Diese waren flach, lang und endeten in drei spitz zulaufenden, hornartigen Zehen. Auf den Kutten prangten einige Aufnäher aus dünnerem, feinerem Stoff, die mit Verzierungen bestickt waren.
Der vordere der beiden Fremden hielt die Fackel in Mitchs Richtung. Dann öffnete er den lippenlosen Mund, und eine kurze Folge tiefer, gutturaler Laute drang daraus hervor. Mitch verstand nichts. Er sah nur die zwei Reihen spitzer kleiner Zähne und eine blassrosa Zunge, die so rau wie ein Kiesbett zu sein schien.
»Bedaure, Freund«, murmelte er, hob langsam die Hände und führte sie an seine Ohren. Die Geste sollte zeigen, dass er seine Besucher nicht verstand. Aber diese, wie Mitch nun zu erkennen glaubte, hatten gar keine Ohren, zumindest keine sichtbaren, und wussten sie demnach vielleicht nicht zu deuten.
Der Hintere stieß nun ebenfalls ein paar Kehllaute aus. Sie klangen anders als die des ersten Fremden. Drängender und ungeduldig, wenngleich dies auch Mitchs Fantasie geschuldet sein mochte.
Wenn ihr mir nur Lieutenant Bensons Übersetzer gelassen hättet , dachte Mitch voller Bedauern.
Der vorderste Fremde grunzte. Dann drehte er den Kopf zur Seite und spuckte aus. Nun, da er ihn im Profil sah, erkannte Mitch, dass er es mit Reptilien zu tun haben musste. Oder zumindest mit reptilienähnlichen Wesen.
Die Erkenntnis nutzte ihm wenig. Schon trat der Hintere näher, streckte eine krallenbewehrte Hand nach Mitch aus und riss ihn in die Höhe. Harte, kalte Hände schlossen sich um seine Oberarme.
Mitch schluckte. »Hey, Freunde, ganz ruhig, okay? Wir können über alles reden.«
Aber diese Wesen wollten nicht reden, daran bestand kein Zweifel. Während Mitch von ihnen flankiert seine Zelle verließ, fragte er sich voller Unbehagen, was sie stattdessen wollten.
*
Der Wind war plötzlich eisig geworden, und die dunkle Wolkendecke über Gandaron V tauchte die Szenerie in ein fahles Licht, das ihr eine grausige Atmosphäre verlieh.
Nicht, dass sie seine Unterstützung gebraucht hätte.
Mitch blinzelte verwirrt und benommen, als ihn seine zwei Wärter ins Freie führten. Sie waren einem gewundenen Gang gefolgt, der, wie Mitch nun begriff, aus dem Erdinneren geführt hatte, und erreichten nun die Außenwelt. Mitch fand sich inmitten eines Kreises aus niedrigen Steinbauten wieder. Ziegelwände, wettergetrübt und schief, ragten neben ihm hoch, und nur die kleinen, rechteckigen Auslassungen in ihren Mitten, die wohl Fenster sein sollten, verwiesen darauf, dass es sich tatsächlich um Hauswände handelte. Das grasige Gelände, auf dem sie standen, war flach und von hüfthohen Mauern durchzogen, doch in nicht allzu weiter Ferne sah Mitch die Hügel wieder, in denen dieses bizarre Abenteuer seinen Anfang genommen hatte. Von dieser, der Absturzstelle entgegengesetzt gelegenen Seite der Hügelkette aus konnte er ein kathedralenähnliches Gebäude aus schmutzig braunem Gestein ausmachen, das auf einer Anhöhe auf halbem Weg zu den
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