Sternenfaust - 183 - Duell der Orphanen
Sensoren speiste immer noch das Display.
Vince blickte hustend auf das daumennagelgroße Schiff, das vor wenigen Minuten aus dem Bergstrom-Raum gefallen war und sich ganz am rechten Rand des Monitors befand. Zwei senkrecht aufeinanderstehende Sicheln schimmerten schwach im Licht der fernen Sonne. Es musste die von Admiral Takato angekündigte STERNENFAUST sein.
Der Funkkontakt war längst nicht mehr möglich. Bald würde auch das Bild erlöschen.
Das Feuer im rechten Brückenteil loderte und qualmte vor sich hin. Plötzlich gab Vincents Armband-Kom einen Signalton von sich. Vince reagierte nicht, aber der Signalton wiederholte sich mehrmals. Der Anrufer war hartnäckig.
Schließlich gab Vince nach und aktivierte das Kom-Gerät. In dem winzigen 3D-Holo über seinem Handgelenk erschien das Gesicht von Lieutenant Nancy Lin.
»Commodore Taglieri! Wir haben es bis zum Hangar 4 geschafft und warten hier auf Sie! Bitte beeilen Sie sich – und seien Sie vorsichtig! Auf dem Weg zum Hangar mussten wir mehrere Brandherde passieren.«
»Danke für den Hinweis, Lieutenant. Ich möchte, dass Sie starten. Sehen Sie zu, dass Sie hier wegkommen, bevor Sie eine Explosion erwischt.«
»Und Sie?«
»Ich …« Vince unterbrach sich, da er den Schemen eines UBO auf dem Monitor ausmachte! War eine der Bestien zurückgekommen?
»Commodore?«
Vince gewann den Eindruck, dass der Schemen langsam größer wurde. Hielt das UBO etwa auf die Überreste der TARRAGONA zu? Vince musste lachen – ein Anflug von Galgenhumor überkam ihn. Das Schiff war völlig zerstört, halbiert, zerhackt – und doch wollte das UBO noch einmal einen Schuss auf das Wrack abgeben? Es war absurd.
»Was ist mit Ihnen, Commodore«, fragte Lieutenant Lin mit besorgter Stimme.
»Nichts, Lieutenant. Ein weiteres UBO ist aufgetaucht, das ist alles. Seien Sie vorsichtig, wenn Sie da raus fliegen.«
»Bitte beeilen Sie sich«, mahnte die Kom-Offizierin noch einmal. »Wir alle wollen nicht ohne Sie fliegen.«
Nein – das UBO hielt gar nicht auf das Wrack der TARRAGONA zu, wie Vince bemerkte. Die Qualle flog eine Schleife und steuerte in Richtung STERNENFAUST.
»Verdammt …«, fluchte Vince verhalten und zog sich den befeuchteten Kragen höher über die Nase. Der Qualm war kaum noch zu ertragen. Auf dem Monitor schien es fast, als würden sich der Quallenschemen und die STERNENFAUST vereinigen. Doch bei genauem Hinsehen wurde erkennbar, dass das UBO sich nur sehr nahe an den Sondereinsatzkreuzer heranbewegt hatte. Doch weder dieser noch die Qualle feuerte.
Seltsam …
»Commodore!« Diese Lieutenant Lin war ein Quälgeist.
»Hiermit befehle ich Ihnen zu starten«, sagte Vince streng. »Ich komme mit einer Rettungskapsel nach. Taglieri, Ende.« Er unterbrach die Verbindung.
Auf die Entfernung betrachtet schienen sich weder UBO noch STERNENFAUST zu rühren. Das UBO musste seinen Bewegungsvektor an den Sondereinsatzkreuzer angepasst haben.
Jäh ging ein Stern ganz links am Bildschirmrand auf – wie eine Supernova blitzte es durch das schwarze, kalte All!
Die Erde!
Obwohl Vince es hatte kommen sehen, war er fassungslos. Der Mond war auf die Erde gestürzt und hatte sie wahrscheinlich zerrissen. Und auf diese Entfernung zeugte nichts anderes als ein Blitz vom Tode von Milliarden von Menschen.
Sekunden vor dem Aufschlag musste es Stürme von einer Heftigkeit gegeben haben, wie sie die Erde noch nie erlebt hatte. Stürme, die so stark waren, dass sie Hochhäuser umrissen. Der Aufprall musste eine Energie freigesetzt haben, wie man sie nur von einer Sonne kannte.
Die Atmosphäre musste binnen einer Sekunde weggebrannt sein. Der Sekundentod für Milliarden von Menschen. Und nichts anderes als ein Blitz wies hier, in der Weite des Alls, auf diesen schrecklichen Untergang hin.
Vince musste erneut husten. Es wurde hier immer heißer – das Feuer fraß sich näher. Vince erhob sich aus seinem Sessel und bewegte sich zur linken Seite der Zentrale.
Er öffnete den Notfall-Waffenschrank und entnahm ihm einen Nadler. Danach ließ er sich in den Sessel einer Arbeitsstation fallen.
Der Nadler lag auf seinem rechten Oberschenkel.
Schließlich brachte er die Waffe an seine Schläfe.
Er musste nur einmal knipsen. Das war alles. Ein Sekundentod, wie ihn die Menschen auf der Erde gefunden hatten. Knips – und tot.
Das war alles.
Und es war in jedem Fall besser, als sich bei lebendigem Leibe rösten zu lassen.
»Das werden Sie schön bleiben lassen, Commodore
Weitere Kostenlose Bücher