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Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich

Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich

Titel: Sternenfaust - 185 - Das erloschene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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Bewährungsritus zelebriert wird, sich die Kandidaten aber dennoch am Cluster-Rand beim Tempel einfinden sollen.«
    Taro fühlte sich hart auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. »Das sagst du erst jetzt? Wann genau sollen wir uns einfinden?«
    »Du hast noch Zeit.«
    Er beruhigte sich, weil er wusste, dass er sich auf seine Mater verlassen konnte. Sie waren eng miteinander verbunden. So eng, dass es manchmal schmerzte.
     
    *
     
    Taro versuchte, sich innerlich für die Begegnung mit Nier zu wappnen. Der Rivale – nicht nur, was den Wettstreit um die Eponen anging – würde sich keine Blöße geben und sich ebenso wie jeder andere Kandidat am Tempel einfinden. Strafen bis hin zum Ausschluss von der Initiierung drohten jedem, der es seinen Priestern gegenüber an gebotenen Respekt mangeln ließ. Und so aufsässig und respektlos Nier sich auch Gleichaltrigen präsentieren mochte, den Erwachsenen gegenüber mimte er stets den Musterschüler.
    Wie konnte Jinu sich nur widerspruchslos auf Nier einlassen?
    Taro hatte den hinteren Hof des Tempels noch nicht betreten, als ihn Lärm und Gegröle aus seinen Gedanken rissen.
    Er beschleunigte seinen Schritt, durchmaß das geschwungene Tor, in dem der Name des Tempel-Stifters eingraviert war – MANAK –, und als er um die Ecke des Gebäudes bog, sah er die anderen Kandidaten, die sich um etwas oder jemanden scharten.
    Genaues vermochte Taro auf die Entfernung nicht zu erkennen. Aber im Näherkommen hörte er Anfeuerungsrufe und dachte spontan an eine Prügelei zwischen zwei Schülern.
    Dass Nier daran beteiligt sein würde, war für ihn so gut wie sicher, und die Vorstellung, dass einer der Priester dazustoßen und endlich einmal das wahre Gesicht des angehenden Eponen-Reiters sehen würde, verbesserte Taros üble Laune ein wenig.
    Schnell schlüpfte er durch einen Spalt und sah, was im Innern des Kreises vor sich ging, den die Kandidaten bildeten.
    Zu seiner Überraschung war nur Nier zu sehen.
    Wenigstens im ersten Moment.
    Dann aber erkannte Taro, über was der bullige Eponen-Anwärter vornüber gebeugt kniete: über einer Chamäleon-Schleiche.
    Wie er an das seltene schlangenartige Tier, das normalerweise kaum jemand zu Gesicht bekam, gekommen war, war nebensächlich. Was zählte, war das, was er der wehrlosen Kreatur antat!
    »Aufhören! Du tumber boshafter Kerl, hör sofort auf, sie zu quälen!«
    Nier, der gerade zum wiederholten Male seinen Mittelfinger in den schuppigen Leib der Schleiche drückte, sodass diese sich unter Schmerzen krümmte und zu verblassen schien, sah zu Taro herüber, ohne die Quälerei zu beenden. Plötzlich war die Schleiche verschwunden, und von Niers Finger ausgehend schienen erst seine Hand und dann der ganze Arm durchsichtig zu werden – bis hin zur Unsichtbarkeit!
    Taro wusste genau, wie dieses Phänomen zustande kam. Einerseits war es verständlich, dass es die Schar der Eponen-Anwärter rund um Nier faszinierte, aber andererseits auch unverzeihlich, solch billige Effekthascherei auf Kosten eines wehrlosen Lebewesens zu betreiben.
    Chamäleon-Schleichen sonderten unter Stress eine Substanz ab, die ihre Haut so perfekt der Umgebung anpasste, dass sie quasi Teil davon wurden – und auf diese Weise eine Art Unsichtbarkeit erlangten. Berührte man die Haut, ging die Substanz auf einen über und breitete sich rasend schnell aus, wobei der Chamäleon-Effekt sich ebenfalls übertrug.
    Endlich erhob sich Nier und machte einen Satz auf Taro zu. Herausfordernd baute er sich vor ihm auf.
    Die anderen wichen zurück, sodass Taro plötzlich ganz allein vor Nier stand, dessen sichtbarer Arm locker herunterhing, während der andere völlig verschwunden zu sein schien.
    Noch während Taro den »Einarmigen« musterte, spürte er plötzlich einen so heftigen Schlag im Gesicht, dass ihm schwarz vor Augen wurde und er unter dem Gejohle der Versammelten mehrere Schritte rückwärts taumelte. Er stolperte und fiel auf die Knie, konnte sich gerade noch mit beiden Händen abfangen, um nicht der Länge nach hinzuschlagen.
    Als er seine Umgebung wieder wahrnahm, stellte er fest, dass er auf dem linken Auge nur verschwommen und wie durch einen Schleier sehen konnte.
    Nier hatte nachgesetzt und stand nun erneut genau vor ihm, spuckte sogar auf Taros goldenes Haargespinst und feixte über das ganze Gesicht, während er in die Hocke ging, um sein Gesicht auf gleiche Höhe mit dem von Taro zu bringen.
    Noch immer war der Arm, der in Kontakt mit der

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