Sternenflut
Die plötzliche und unerwartete Katastrophe auf der Insel hatte ihn gezwungen, alle seine Stenos zurückzulassen. Jetzt hatte er niemanden, der ihm helfen konnte. Er mußte mit zwei oder drei Tätigkeiten gleichzeitig jonglieren. Er blickte auf das Taktik-Display. Eine Gruppe von gelben Lichtpunkten kam aus Galaktisch-Nord auf ihn zu. Es war eine armselige Flottille, verglichen mit den gewaltigen Armadas, die vor nur wenigen Wochen über dieses System hergefallen waren. Aber es war immer noch eine schreckenerregende Ansammlung von Feuerkraft. Und sie kam schnurstracks auf ihn zu.
Ansonsten herrschte überall Chaos. Energieausbrüche überzogen den Planeten wie Pockennarben, und siedende Dampftornados tobten, wo Vulkane sich in die See erbrachen. Über der nördlichen Hemisphäre des Planeten feuerte jeder gegen jeden in planloser Schlacht.
Takkata-Jim vergrößerte den Maßstab auf seinem Display und sah eine zweite Flotte. Auch sie war jetzt auf dem Weg zu ihm.
Der Äther war von einem wüsten Stimmengewirr erfüllt. AM, FM, PCM – überall auf der Skala herrschte großes Durcheinander. War dies der Grund, weshalb niemand ihn hörte? Nein. Die Galactics besaßen hochentwickelte Computer. Es mußte an seinen eigenen Geräten liegen. Er hatte eben keine Zeit gehabt, vor dem Start alles zu kontrollieren. Takkata-Jim beobachtete nervös das Display. Er flog geradewegs auf einen Schwarm von Tigerhaien zu, in der Hoffnung, für die Streaker freies Geleit und am Ende die Freilassung heraushandeln zu können. Aber er erinnerte sich auch an das Gesicht, das Gillian Baskin eine Woche zuvor machte, als er vorgeschlagen hatte, den ETs alles zu geben, was sie haben wollten. Metz hatte ihn dabei unterstützt, aber jetzt sah er plötzlich den Gesichtsausdruck der Frau vor sich. Sie hatte ihn mitleidsvoll angeschaut und gesagt, Fanatiker ließen sich auf solche Dinge niemals ein.
»Sie werden uns alles wegnehmen, was wir haben, sie werden sich höflich bedanken, und dann werden sie uns in siedendem Öl braten«, hatte sie erklärt.
Takkata-Jim warf den Kopf zurück. Ich glaube das nicht. Außerdem ist alles, was ich tun kann, besser als das, was sie plant!
Er behielt das Taktik-Holo im Auge. Die vordere der beiden Flotten war jetzt nur noch hunderttausend Kilometer entfernt. Der Computer gab ihm endlich auch Daten über die Schiffe. Es waren SoroKampfkreuzer.
Soro! Takkata-Jim spürte den Geschmack von Galle aus seinem Vormagen im Mund. Alle Geschichten, die er über diese Spezies gehört hatte, kamen ihm in den Sinn. Was ist, wenn sie zuerst schießen? Was ist, wenn sie an Gefangenen nicht interessiert sind? Er warf einen Blick auf seinen eigenen Gefechtsstand. Die Bewaffnung des Langbootes war armselig, aber...
Eine Greifklaue seines Geschirrs berührte einen Hebel und entsicherte die Waffensysteme. Immerhin ein kleiner Trost...
108. Streaker
»Jetzt haben sich beide großen Flotten Takkata-Jim zugewandt!«
Gillian nickte. »Halten Sie mich auf dem laufenden, Wattaceti.« Sie drehte sich um. »Tsh’t, wie lange können uns diese tektonischen Störungen noch verbergen?«
»Unser Anti-g ist seit fünf Minuten registrierbar, Gillian. Ich glaube nicht, daß wir unsere Energieabstrahlung noch länger tarnen können, indem wir über den Vulkanen fliegen. Wenn wir einen Ausbruchsversuch unternehmen wollen, müssen wir Höhe gewinnen.«
»Ein Langstrecken-Scanner hat uns erfaßt!« meldete der Detektor-Fin. »Zwei Schiffe aus der Meute über Orleys Position sind neugierig geworden!«
»Das war’s dann«, bemerkte Tsh’t. »Wir hauen ab.«
Gillian schüttelte den Kopf.
»Schlagen Sie noch fünf Minuten für mich raus, Tsh’t. Die Einzelkämpfer dort oben im Norden sind mir egal. Verstecken Sie uns nur noch ein wenig länger vor den Hauptflotten.«
Tsh’t flog durch das Oxywasser und hinterließ eine funkelnde Spur von Luftblasen. »Lucky Kaa! Kurs Süd-Südwest, auf den neuen Vulkan zu!«
Gillian starrte wie gebannt auf das Display. Ein winziger blauer Punkt zeigte das Langboot an. Es flog auf einen Schwarm von mehr als dreißig sehr viel größeren Punkten zu.
»Na los, Takkata-Jim«, murmelte Gillian leise. »Ich dachte, ich hätte dich durchschaut. Jetzt zeig mir, daß ich recht hatte!«
Im Radio war kein Wort von dem abtrünnigen Lieutenant zu hören. Toshio hatte offenbar getan, was sie ihm aufgetragen hatte, und die Geräte auf der Insel unbrauchbar gemacht. Der blaue Punkt näherte sich dem Feind bis auf
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