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Sternenflut

Sternenflut

Titel: Sternenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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sich nicht einmal um, als Brookida unter ihm absackte und der Schlitten scharf zur Seite bog. Mit dem Fuß schaltete er das Zusatzaggregat ein, um Keepiru einzuholen. Der schnellste Schwimmer der Streaker-Besatzung war schnurstracks unterwegs zum Weststrand. Seine Schreie waren reinstes Delphin-Primal.
    »Verdammt, Keepiru! Stop!«
    Der Schlitten jagte knapp unter der Wasseroberfläche dahin. Der Nachmittag neigte sich dem Ende zu. Die Wolken hatten einen rötlichen Hauch angenommen, aber Toshio sah Keepiru deutlich vor sich, wie er von Welle zu Welle springend vorwärtshastete. Toshios Rufe schienen ihn nicht zu erreichen, und er kam der Insel, auf deren Strand seine Gefährten im Delirium lagen, immer näher.
    Toshio fühlte sich hilflos. In drei Minuten würde die nächste Nachwoge über sie hereinbrechen, und wenn sie den Delphin nicht auf den Strand schleuderte, würde Keepirus eigener Wahn dies tun. Keepiru kam von Atlast, einer neuen, recht schlichten Koloniewelt, und so war es zweifelhaft, daß er die Werkzeuge der geistigen Disziplin beherrschte, die Creideiki und Hikahi studiert hatten.
    »Stop! Wenn wir auf das Timing achten, können wir im Team arbeiten! Wir können den Schockwellen ausweichen! Warte doch auf mich!« kreischte Toshio. Aber es half nichts. Der Fin hatte zu viel Vorsprung. Die erfolglose Jagd frustrierte Toshio. Wie konnte es sich nur zutragen, daß er sein Leben lang mit Delphinen zusammengelebt und gearbeitet hatte und sie doch so wenig kannte? Wenn man sich vorstellte, daß der Rat der Terragenen ihn wegen seiner Erfahrung mit Fins für diese Reise ausgewählt hatte! Ha!!
    Toshio hatte schon immer einiges an Hänseleien von den Fins entgegengenommen. Sie hänselten alle Menschenkinder, während sie sie gleichzeitig mit wütender Entschlossenheit beschützten. Aber mit seinem Dienstantritt an Bord der Streaker hatte Toshio erwartet, daß man ihn wie einen Erwachsenen und Offizier behandeln würde. Sicher, kleine Geplänkel würde es wohl geben – die hatte er auch daheim zwischen Menschen und Fins schon erlebt –, aber man würde sich doch gegenseitige Achtung entgegenbringen. Es war anders gekommen. Keepiru war immer der Schlimmste gewesen. Gleich zu Anfang hatte er mächtig Sarkasmus versprüht, ohne jemals nachzulassen.
    Weshalb versuche ich also, ihn zu retten? Er erinnerte sich an den wilden Mut, den Keepiru gezeigt hatte, als er ihn aus den Fängen der Schlingpflanze rettete. Da hatte ihn das Rettungsfieber nicht überfallen. Der Fin hatte sein Geschirr vollständig beherrscht.
    Also sieht er mich als Kind an, begriff Toshio verbittert. Kein Wunder, daß er mich jetzt nicht hört.
    Andererseits bot sich hier eine neue Möglichkeit. Toshio biß sich auf die Lippe und wünschte sich, es gäbe eine Alternative. Um Keepirus Leben zu retten, würde er sich auf das äußerste demütigen müssen. Es war nicht leicht, sich dafür zu entscheiden, denn man hatte seinem Stolz schon jetzt übel mitgespielt. Mit einem wilden Fluch zog er den Gashebel zurück und drückte das Bugruder herunter. Dann drehte er das Hydrophon auf Maximallautstärke, schluckte einmal und rief auf Pidgin-Trinär:

    Kind ertrinkt – Kind in Gefahr
    Kind ertrinkt – Kind in Not
    Menschenkind – Retter braucht
    Menschenkind – zu sterben droht
    Er wiederholte den Ruf wieder und wieder, er pfiff, und seine Lippen waren trocken vor Scham. Alle Kinder von Calafia lernten diesen Kindervers. Aber wenn ihn ein Kind benutzte, das älter war als neun Jahre, bat es gewöhnlich hinterher, auf eine andere Insel versetzt zu werden, um dem unausweichlichen Gespött zu entrinnen. Für Erwachsene gab es würdevollere Arten von Hilferufen.
    Aber Keepiru hatte keinen davon gehört! Mit brennenden Ohren wiederholte Toshio seinen Ruf. Natürlich kamen nicht alle calafianischen Kinder gut mit den Fins aus. Nur ein Viertel der menschlichen Bevölkerung des Planeten verrichtete eine Arbeit, die in engem Zusammenhang mit dem Meer stand. Aber diese Erwachsenen waren es, die die besten Methoden im Umgang mit Delphinen gelernt hatten. Und Toshio war stets davon ausgegangen, daß er dazugehörte.
    Jetzt war damit Schluß. Wenn er zur Streaker zurückkäme, würde er sich in seiner Kabine verstecken müssen... zumindest für die paar Tage oder Wochen, die vergehen würden, bis die Sieger der Schlacht über Kithrup herunterkamen und sie allesamt gefangennahmen.
    Auf seinem Sonarschirm sah er eine verschwommene Linie: Ein Rauschen näherte sich

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