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Sternenflut

Sternenflut

Titel: Sternenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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von Westen her. Toshio ließ den Schlitten ein wenig tiefer sinken. Nicht, daß es ihn noch besonders interessiert hätte. Er pfiff weiter, aber ihm war zum Heulen.

    wo – wo – wo ist Kind? – wo ist Kind? – wo
    Delphin-Primal! Ganz in der Nähe! Fast hätte Toshio seine Scham vergessen. Er ergriff eines der Seile, mit denen Brookida am Schlitten befestigt gewesen war, und pfiff immer weiter. Ein Streifen von grauem Zwielicht jagte vorüber. Toshio zog die Knie unter den Leib und packte das Tau mit beiden Händen. Er wußte, daß Keepiru unten einen Bogen schlagen und an der anderen Seite heraufkommen würde. Als er den ersten Schimmer der grauen, aufwärtsschießenden Gestalt erblickte, stieß Toshio sich vom Schlitten ab.
    Der granatenförmige Körper des Delphins verrenkte sich in einem abrupten, panischen Versuch, die Kollision zu verhindern. Toshio stieß einen Schrei aus, als der Schwanz des Cetaceen ihn an der Brust traf. Aber es war eher ein Freuden- als ein Schmerzensschrei. Er hatte den richtigen Augenblick genau abgepaßt!
    Als Keepiru erneut herumfuhr, warf Toshio sich nach hinten und ließ den Fin zwischen sich und dem Seil hindurchgleiten. Dann schlang er die Beine um den glatten Schwanz des Delphins und zerrte mit aller Kraft an dem Tau, als wolle er ihn erwürgen.
    »Hab’ ich dich!« schrie er. In diesem Augenblick rollte die Schockwelle über sie hinweg.
    Der Wellenkreis riß und zerrte an ihm. Treibgut stieß gegen ihn, während der Sog der Welle, scheinbar im Bunde mit dem wie irrsinnig tobenden Delphin, seinen Körper umherwarf. Diesmal verspürte Toshio keine Angst vor der Woge. Wilde Kampfeslust erfüllte ihn. Adrenalin durchströmte ihn wie heißes Öl. Er genoß es, Keepiru das Leben zu retten, indem er ihn für die wochenlangen Demütigungen physisch züchtigte. Der Delphin wand sich in panischer Angst. Als die Welle vorüber war, stieß Keepiru den Basisschrei für Luftmangel aus. Verzweifelt strebte der Fin an die Oberfläche. Sie durchbrachen den Meeresspiegel, und Toshio entging dem scharfen Strahl aus Keepirus Blasmund mit knapper Not. Keepiru vollführte eine Serie von spiraligen Sprüngen, mit denen er seinen ungebetenen Reiter abzuschütteln versuchte. Jedesmal, wenn sie ins Wasser eintauchten, schrie Toshio aus Leibeskräften. »Du bist vernünftig!« keuchte er. »Verdammt, Keepiru... du bist... du bist ein Raumschiffpilot!« Er wußte, daß er seine Besänftigungsversuche eigentlich auf Trinär vornehmen sollte, aber dies auch nur zu versuchen, hatte keinen Sinn. Er mußte froh sein, wenn er sich festhalten konnte.
    »Du spatzenhirniges... Phallussymbol!« kreischte er, als das Wasser über ihnen zusammenschlug. »Du überschätzter Fisch! Du bringst mich um, du verdammtes... Inzwischen gehört Calafia den Eaties, weil ihr Fins die Klappe nicht halten konntet! Wir hätten euch niemals mit in den Weltraum nehmen sollen!«
    Die Worte waren haßerfüllt. Verächtlich. Endlich schien auch Keepiru zu hören. Er erhob sich aus dem Wasser wie ein wütender Hengst. Toshio fühlte, wie seine Hände abglitten. Wie eine Puppe wurde er davongeschleudert und stürzte klatschend ins Wasser.
    In den vierzig Generationen, nachdem die Delphine geliftet worden waren, hatte man nur achtzehn Fälle verzeichnen können, in denen ein Fin einen Menschen mit mörderischen Absichten attackiert hatte. In all diesen Fällen war jeder Fin, der mit dem Übeltäter verwandt war, sterilisiert worden. Trotzdem rechnete Toshio damit, jeden Augenblick zermalmt zu werden. Es war ihm egal. Er hatte – endlich – den Grund für seine Depressionen erkannt, er war an die Oberfläche gedrungen, während er mit Keepiru rang.
    Es war nicht die Unmöglichkeit, nach Hause zurückzukehren, die ihn in diesen letzten paar Wochen geschmerzt hatte. Es war eine andere Tatsache, die er seit der Schlacht bei Morgran gewaltsam aus seinen Gedanken verbannt hatte. Die ETs, die Extraterrestrier, die Galactics jeder Farbe und Philosophie, die der Streaker auf den Fersen waren... sie würden sich nicht damit zufriedengeben, das delphinbemannte Schiff zur Strecke zu bringen.
    Zumindest eine ET-Rasse würde begreifen, daß die Streaker sich möglicherweise mit Erfolg verstecken konnte. Oder sie würden – irrtümlich – glauben, es sei der Crew gelungen, das Geheimnis der Entdeckung an die Erde weiterzuleiten. So oder so – der nächste logische Schritt für die amoralischen und boshaften unter den ET-Rassen würden

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