Sternenlaeufer
Zimmer hier angenehm finden, Herr. Ruala, hast du den Moosbeerenwein heraufbringen lassen?«
»Erlaubt mir, Herrin«, sagte Rialt und trat an den Tisch, um die Edlen zu bewirten.
Pol entspannte sich in einem weich gepolsterten Sessel und nickte dem Haushofmeister dankbar zu, als er ihm den Wein reichte. »Wunderschöne Wandteppiche. Aus Gilad, nicht wahr? Riyan, ich will alles über die Berührung mit dem Drachen wissen. Aber später. Jetzt erzählt mir erst einmal alles, was geschehen ist, nachdem ihr ihn gefunden habt.«
Abwechselnd erzählten sie die Geschichte, und Riyan schloss mit den Worten: »Ich habe schon versucht, den Täter über das Sonnenlicht zu finden. Aber ich hatte kein Glück. Aber nun, wo du hier bist, können wir zu zweit arbeiten. Er kann nicht mehr als drei oder vier Tagesritte von hier entfernt sein. Das aber in jeder Richtung, und so ist das immer noch ein großes Gebiet.«
»Unser Volk wurde angewiesen, die Augen offen zu halten«, warf Ruala ein.
Pol nickte dankbar. »Ausgezeichnet. Aber ich glaube nicht, dass es sehr lange dauern wird, den Aufenthaltsort dieses Mannes zu finden. Wir müssen nur einfach nach Drachen Ausschau halten.«
Sorin machte eine zornige Bewegung mit der Hand. »Vater sagte immer zu mir, ich solle nicht dümmer sein, als die Göttin es vorgesehen hat! Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen? Natürlich wird er einen weiteren Drachen jagen!«
»Natürlich«, echote Riyan. »Ich hoffe nur, dass wir nicht zu weit von ihm entfernt sind, wenn er es tut. Ich will nicht noch einen sterben sehen, Pol. Du kannst dir nicht vorstellen, was er dem armen Tier angetan hat.«
»Zeig es mir«, bat Pol einfach.
Riyan zögerte, erhob sich dann von seinem Stuhl und holte eine dicke, weiße Kerze vom Schrank. Er umschlang sie mit den Fingern beider Hände und rief Feuer zum Docht. Ruala blinzelte; Garic zeigte keinerlei Reaktion. Die kleine Flamme flackerte, beruhigte sich dann jedoch und erhob sich zur fünffachen Größe einer gewöhnlichen Flamme. Schließlich dehnte sie sich so weit aus, dass sie die Beschwörung umfassen konnte, die Riyan mit ihrer Hilfe herbeirief.
Kurz darauf wurde sich Pol bewusst, dass er Blut im Mund hatte; er hatte sich auf die Lippe gebissen. Er zwang sich, klar zu denken und seine heiße Wut angesichts dessen, was diesem Drachen angetan worden war, schnell wieder zu beruhigen. »Zeig mir das Gesicht des Mannes, wie es der Drache gesehen hat.«
Ein arrogantes, kluges, gut aussehendes Gesicht erschien, mit blauen, lachenden Augen über violetten Kleidern. Pol fühlte, wie der Hass ihn verzerrte. Aber auch dieses Gefühl verbannte er. Stattdessen versuchte er, in diesem Gesicht zu lesen, während er es sich fest einprägte. Irgendetwas daran kam ihm vertraut vor, aber er wusste nicht einmal, ob es mit einer Region oder einer bestimmten adligen Familie zusammenhing.
Fironeser Erbe wie Riyan hatte der Fremde – dunkle Augen, dunkle Haut, dunkles Haar –, das war leicht auszumachen. Pol hatte sein helles Haar und seine hellen Augen von seiner Großmutter Milar, die blond gewesen war wie die meisten Bewohner der Catha-Hügel. In einem entlegenen Gebiet von Dorval hatte jeder auffällig kurzfingrige Hände; die Schäfer an der Südküste von Kierst waren deutlich größer als die meisten Menschen. Selbst in gemischteren Bevölkerungsgruppen wie in Einar tauchten bestimmte Eigenschaften regelmäßig auf. Pol kannte alle regionalen Besonderheiten, aber keine davon traf auf »Aliadim« zu.
Natürlich verblassten diese Merkmale in jeder Generation ein wenig mehr. In den Familien von Prinzen und Athr’im , die traditionsgemäß Außenseiter ehelichten, waren deutliche Züge fast nur noch ein Zufall. Tobin stammte mit ihrem schwarzen Haar und den schwarzen Augen offensichtlich aus der Wüste, aber Rohan war so blond wie ihre Mutter. Edrel, dem Knappen von Pol, fehlte die dünne weiße Strähne im Haar, die seit Generationen typisch für seine Familie gewesen war. Und in den königlichen Familien aus Kierst und Syr, mit denen Pol durch Sioned verwandt war, tauchten sporadisch die grünen Augen und die Gaben jener Lichtläuferin aus der Schule der Göttin auf, die einst einen Prinzen von Kierst geheiratet hatte.
Pol bemerkte nicht, dass Riyans Kerzenflamme ausgegangen war. Er starrte in den leeren Raum. Feuer brannte noch immer in seinen Augen und brannte das Gesicht in seine Gedanken ein. Irgendetwas war da gewesen, das ihn quälte wie ein halb
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