Sternenschatten
Möglichkeit für deinen Planeten. Er muss in den Schatten gehen.«
»Was?«
»Wie aufrichtig du dich wundern kannst!« Kelos lachte. »Pjotr, es ist absolut unrealistisch, in so wenigen Tagen jemanden zu finden, der eine weit entfernte Welt verteidigen würde. Selbst im Schatten ist das unrealistisch. Aber wenn deine Welt in den Schatten kommt, dann ist sie sicher.«
»Wieso das?«
»Ein Planet, auf dem es Tore gibt, ist nicht mehr ungeschützt. Nicht jedes Schiff kann sich ihm nähern. Nicht jede Waffe kann etwas gegen ihn ausrichten. Und selbst wenn dein Konklave bis zur Erde kommt, wird es niemanden mehr töten können. Es wird euch nur eine neue Geburt schenken.«
»Aber dafür sind die Tore nötig?«
»Ja. Früher dauerte es sehr lange und war es sehr kompliziert, sie zu errichten. Aber heute ist es ungeheuer einfach. Es heißt, gerade die Handelsliga sät die Tore auf den neuen Welten, und zwar sowohl auf besiedelten wie auch auf unbewohnten, eben auf allen, die vielleicht einmal für die Bewohner des Schattens von Bedeutung sein könnten.«
»Sie sind gegen den Schatten – aber sie bauen die Tore auf?«
»Aber gewiss. Ihr Weg des Widerstands legt es nicht auf ein Kräftemessen an. Die Liga bietet eine Alternative, unternimmt aber nichts gegen die etablierten Verhältnisse.«
Kelos verstummte. Ich rechnete mit weiteren langatmigen Überzeugungsversuchen, aber sie blieben aus. Er hatte mir den einzig gangbaren Weg vorgeschlagen … zumindest sah er das so.
»Und du? Warum bist du eigentlich gegen den Schatten?«
»Ich? Dagegen?«
»Die Kristallene Allianz, die Vernichtung der Tore …«
Kelos seufzte. »Meine Gefühle tun hier absolut nichts zur Sache.«
»Trotzdem.«
»Vor langer Zeit, Pjotr … vor sehr langer Zeit wurde auf einem kleinen Planeten, der gern im Schatten leben wollte … ein Junge geboren. Er wuchs heran, nach den Gesetzen seiner Welt. Er spielte Krieg, lernte schießen, trat einer Gruppe junger Agenten der Spionageabwehr bei … Das war so üblich. Eines Tages traf er ein Mädchen. Ein ganz normales Mädchen aus seiner Welt. Banal, nicht wahr?«
»Normal«, hielt ich dagegen.
»Was dann kam, war noch banaler. Sie wurden beide älter. Der jungen Frau stand ein Vertrag mit einem seltsamen Planeten bevor … Heute erinnert sich niemand mehr an diesen Planeten, aber damals rief allein das Wort ›Sultanat‹ Furcht und Abscheu hervor. Überall, außer in der Heimat des Jungen und des Mädchen, denn die pflegte ihre Kinder zu verkaufen. Die besten Soldaten der Galaxis. Der Frau war es offen gestanden egal, auf welcher Seite sie Blut vergoss. Aber der Mann musste zu den Regenbogen-Brücken aufbrechen, und das hieß, sie würden sich im Kampf gegenüberstehen. Ihre Gefühle spielten dabei keine Rolle, denn die beiden waren bereits vor ihrer Geburt verkauft worden. Deshalb sind sie geflohen.«
Er sprach ruhig und unaufgeregt, als ginge es nicht um ihn. Aber wer konnte schon sagen, wie man nach vierhundert Jahren auf die erste Liebe zurückblickt?
»Der junge Mann hatte zu diesem Zeitpunkt schon die ersten militärischen Implantate erhalten. Er war bereit, diejenigen zu töten, die sich ihnen in den Weg stellten. Sie hatten keine Angst. Nicht einmal die Schande fürchteten sie, obwohl die Tore in ihrer Welt immer als Ausweg für Feiglinge und Gescheiterte galten. Niemand hielt sie auf. Sie gingen zu einem Tor, genauer zu einem Müllhaufen, der an der Stelle des Tors aufgeschüttet worden war. Das war ganz normal. Es gab keine Wachhunde, keine Roboter und keinen Zaun, sondern nur Müll. Sie kletterten auf diesen Scheißhaufen hinauf, hielten sich bei den Händen und wussten, dass vor ihnen eine neue Welt lag. Eine Welt nur für sie beide. Ich weiß nicht, woran das Mädchen dachte, und woran der Junge dachte, habe ich inzwischen vergessen. Aber wahrscheinlich träumte er vom Meer. Auf ihrem Planeten gab es kein Meer … Und das Tor enttäuschte ihn nicht. Es öffnete sich. Der Junge stand am Ufer eines Meeres und seine Hand …«
Kelos hob langsam die Hand.
»Und seine Hand, die Stahlbalken verbiegen und Taue zerreißen konnte, hielt die Hand des Mädchens nicht mehr. Was dann kam … war vollends banal. Er stürzte ins Tor zurück. Nicht einmal für das Meer hatte er Augen, das tatsächlich in seiner Nähe rauschte. Und das Tor öffnete sich. Jeden Tag öffnete sich ein Tor für ihn, und der Junge hastete von einer Welt in die nächste. Er wusste, dass er das Mädchen finden
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