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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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wimmelten so diffus durcheinander, dass ich sie nicht mehr benennen konnte. Aber da war noch immer dieses wunde Gefühl in mir. Ich rappelte mich hoch. Weiter, ich musste weiter weg.
    Auf jeden Schritt folgte eine Erschütterung in meinem Magen.Nach einer gefühlten halben Ewigkeit erreichte ich ein altes Dorf. Ich schleppte mich die Straße entlang. Bei einem Haus stand die Tür offen. Ich hielt mich am Geländer der Aufgangstreppe fest, zog mich die Stufen hinauf und trat ein.
    Meine Schritte wirbelten Staub auf. Eine Art Staub, die sich nur dann bildet, wenn ein Ort in Vergessenheit gerät. Er legte sich auf meine Lungen. Ich hielt mein T-Shirt vor den Mund und ging weiter. Ein Raum, ein Tisch, ein Stuhl. Ich wischte mit der Jacke den Stuhl und den Tisch ab, was mir einen Hustenanfall bescherte. Dann setzte ich mich und senkte die Lider.
    Mein Kopf wurde wieder freier. Ich fühlte nichts mehr. Keine Trauer um das, was ich verloren hatte, keine Erleichterung, weil das Abschiednehmen nun hinter mir lag. Alles in mir war still.
    Etwas in mir sagte, ich solle die Augen öffnen, aber ich hatte schreckliche Angst zu sehen.
    Mein Kopf wurde immer schwerer. Ich verschränkte die Arme auf der Tischplatte und sackte darauf. Endlich fand ich, wonach es mich sehnte: betäubenden Schlaf.

    Ein Beißen in der Lunge ließ mich am nächsten Morgen erwachen und ich begann den Tag mit einem bellenden Hustenanfall. Meine Augen waren vom Staub verklebt. Es riss an meinen Wimpern, als ich sie öffnete.
    Ich sah mich um. Ich saß in einer Küche. Einem verwinkelten Raum mit angepasster Kunststofftheke. In der Mitte stand ein Herd. Davor der Tisch und der Stuhl, auf dem ich saß. Über der Tür war eine Uhr. Die Zeit stand still.
    Ich blickte aus dem Fenster. Sollte ich die Straße hinaufgehen? Ich könnte sie auch hinabgehen. Oder sollte ich erst einmal etwas essen? Es war mir so was von egal. Alles war egal. Ich musste nur versuchen, den Tag rumzubekommen. Ich beschloss, eine Münze zu werfen. Kopf bedeutete frühstücken und Zahl, nach einer Wasserstelle zu suchen. Es fiel Kopf.
    Ich rutschte neben meinen Rucksack auf den Boden undpackte den Käse aus. Dann das Brot. Der Käse war schon angelaufen und das Brot zerbröselte in meinen Händen. Ich biss von beidem ab und kaute. Es klebte wie Pappe in meinem Mund. Dann nahm ich einen Schluck aus der Wasserflasche und spülte es hinab.
    Ich starrte in eine Ecke. Ein Käfer saß am Boden. Er kratzte an der Tapete. Ein Wasserfleck zog sich die Wand hinauf.
    Schimmel, überall Schimmel.
    Ich packte das Brot und den Käse weg, stützte mich am Boden ab und gelangte zum Stehen. Schritt – um Schritt – um Schritt. Ich ging durch die Tür. Ein grauer Rahmen. Ein Flur. Eine Treppe. Dann das Dachgeschoss. Vielleicht würde ich auf etwas Brauchbares stoßen. Nichts. Ich untersuchte die Wohnküche im Erdgeschoss. Das hinterbliebene Inventar war größtenteils zu vergammelt. Das Ergebnis meines Staubaufwühlens waren eine Metallschale, ein Topf sowie Löffel und Gabel. Ich musste etwas Essbares finden. Meine Vorräte reichten höchstens noch für zwei Tage. Ich blickte mich um. Wo hatten die Menschen früher ihre Vorräte gelagert? Wenn sie damals schon in der Lage gewesen waren, Essen fachgerecht zu konservieren, hatten vielleicht ein paar Dosen die Zeit überdauert. Im Keller. Da war ich noch nicht gewesen.
    Im Flur war eine Tür. Dahinter führte eine Treppe nach unten. Ich holte meine Taschenlampe und ging zurück. Schritt – um Schritt – um Schritt. Ich beleuchtete die Stufen. Sie waren so porös, dass der Beton abbröckelte.
    Unten angekommen, fand ich ein paar Regale mit aufgeblähten Dosen. Der Rost hatte sich durch die Aufschriften gefressen. Sie waren nicht mehr lesbar. Ich zog eine davon heraus und ging nach oben. Stufen. Tür. Flur. Grauer Rahmen. Küche. Ich stellte die Dose auf den Tisch. Mit der Gabel schlug ich ein Loch in den Deckel. Zischend entwich ihr ein Geruch von Fäulnis. Ich fuhr zurück und hätte mich beinahe übergeben. Ich riss das Fenster auf und schmiss die Dose hinaus. »Die hatten früher ja echt vongar nichts ’ne Ahnung«, fluchte ich und konzentrierte mich darauf, meinen Magen unter Kontrolle zu behalten. Der Gestank verteilte sich. Ich öffnete ein Fenster nach dem anderen, doch meine Magensäure schoss bereits hoch. Ich kämpfte mich in den Garten und erbrach ins Gras. Keuchend hielt ich mich an dem alten Zaun fest, rang nach Luft und übergab mich ein

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