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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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einer war!, dachte ich plötzlich.
    »Es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte. Hope wird später einen Mann haben und Kinder mit ihm bekommen.« Er klang nicht nur überzeugt, das Ganze war für ihn eine festgelegte Sache.
    Ein klares Veto legte sich auf mein zartes Arrangement mit den loduunischen Sichtweisen. Wie konnten sie nur so mir nichts, dir nichts ihr Schicksal aus der Hand geben?
    »Da gibt es sogar eine Menge«, protestierte ich. »Zur Not bewaffnest du dich mit ’nem Baseballschläger und haust jeden Typen um, der sich ihr auf fünfhundert Meter nähert!«
    »Was?« Verständnislos sah er mich an. »Ausgerechnet du bist der Meinung, ich sollte sie einsperren?«
    Ich verdrehte die Augen. Jetzt schlug er mich auch noch mit meinen eigenen Argumenten. Cool bleiben, Mia. Ganz cool. Ich versuchte, mich an die Atemübung zu erinnern, die meine Mutterimmer machte, wenn eine ihrer Skulpturen eine Macke bekommen hatte. Dann sah ich zu dem kleinen Mädchen hinüber, das gemeinsam mit Luna Kirschkerne über die Reling spuckte. Durfte Hopes Tod schon festgelegt sein, bevor ihr Leben überhaupt richtig begonnen hatte?
    »Und du siehst wirklich keine Möglichkeit, Hope davon abzuhalten?«
    »Sie wird es nicht wollen«, sagte Iason ruhig. »Und es wäre nicht recht, ihr das Leben zu verbieten, nur um sie vor dem Tod zu schützen.«
    Ich fand, dass ich eindeutig allen Grund dazu hatte, schreiend davonzulaufen, und für einen kurzen Augenblick drängte es mich auch danach, genau das zu tun. Aber gleich darauf war es auch schon wieder anders. Denn ebenso, wie mich diese Fremdheit abschreckte, so zog sie mich auch an, verführte mich. Aber weshalb? Es war zum Verrücktwerden, wie beim Bungee-Jumping schleuderte mein Kopf immer etwas hinter dem her, was gerade mit mir geschah.
    Ich rang darum, etwas zu sagen. Reden war besser, als schweigend mit diesen durchgeknallten Gedanken allein zu sein.
    »Und Luna?«, wollte ich die Dinge zunächst einmal einordnen.
    »Mit ihr ist es seltsam«, gestand Iason. »Der Seher hat zwar ihren Sinn verkündet, doch ihre Eltern gaben ihn nie preis. Selbst Luna sagt, sie wüsste nicht Bescheid.«
    Ich verkniff mir zu erwähnen, wie gut ich Lunas Eltern verstand.
    Und dann kam der Knaller: Ariel würde Frieden stiften!
    Iasons Lippen deuteten ein trauriges Lächeln an. »Kaum zu glauben, wenn man ihn so sieht, was?«
    Mein Blick genügte ihm als Antwort. Da fing ein Paketzusteller seine Aufmerksamkeit ein. Der Mann wartete mit einer Bestellung Taue am Kai und winkte uns zu.
    »Entschuldigst du mich kurz?«, sagte Iason.
    Ich sah ihm nach, während er die Lieferung entgegennahm. Es war mir unbegreiflich, wie Iason, an dem alles so vollkommen und richtig war, dermaßen falsch denken konnte. Mein Blick wanderte fort von ihm, in Richtung Holzbank, die vor der Kajüte stand, über eine letzte Handvoll Kirschen auf der hölzernen Sitzfläche und hin zu einer Muschelkette, die an der weich geschwungenen Rückenlehne hing, dann kam er zurück.
    Meine Augen waren weiterhin auf die Bank gerichtet. »Wie lebt man damit, wenn man seinen Sinn kennt? Kann man so überhaupt noch an irgendetwas anderes denken?«
    »Man kann.« Seine Stimme klang ruhig und warm. »Wir gehen zur Schule, treffen uns mit Freunden, erlernen einen Beruf. In vielerlei Hinsicht leben wir so wie ihr.«
    »Nur etwas aufgeklärter, was euren Tod betrifft«, meinte ich.
    »Genau.«
    Ich wusste gar nicht, was ich weiter sagen sollte. Seine Haltung dazu war so … erschütternd. »Aber welchen Grund soll so ein Sinn haben?«, zwang ich mich, irgendwie weiterzumachen.
    »Na, das Leben.«
    »Du meinst, ihr seid der Grund? Ihr, die Loduuner selbst.«
    »Unsere Clans, die Tiere, die Vegetation. Bestimmte Dinge müssen erledigt werden, damit neues Leben entstehen kann. Jeder Sinn bereitet die Welt auf einen neuen Sinn, also neues Leben vor. Das ist der Grund, weshalb wir existieren.«
    »Gibt es denn nichts, was für euch darüber hinausgeht?«
    »Es ist der Sinn unseres Lebens. Was könnte wichtiger sein?«
    »Ich weiß nicht. Familie, Freunde – Liebe?«, wagte ich leise zu sagen.
    »Von diesem Begriff habe ich gelesen. Wie fühlt sich das an, Liebe?«
    Und da wurde mir klar, dass es wahrscheinlich niemanden auf der ganzen Erde gab, den ich so wenig kannte wie Iason. Doch fühlte ich mich zu keinem mehr hingezogen. Und ausgerechneter war so anders, dass ich ihn nicht begriff, nicht begreifen konnte!
    »Es ist eine tiefe, innige

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