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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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fand, dass Iason die Dinge manchmal viel zu logisch sah. Hey, es ging hier schließlich um meinen Tony!
    » Ich mag Tony«, schaltete ich auf stur. »Er ist so erfrischend.«
    »Natürlich magst du ihn. Es ist schließlich sein Sinn, glücklich zu machen. Aber den nutzt dieses Schlitzohr manchmal eben auch aus.«
    »Sinn?«, fragte ich.
    »Ja. Wir Loduuner haben alle einen Sinn. Dafür werden wir geboren.«
    »Bert hat mal so was erwähnt«, erinnerte ich mich. »Aber du weißt ja, wie das ist. Mit der Bande kann man kein Gespräch zu Ende führen.« Ich machte eine wegwerfende Handbewegung.
    Er sah mich an. »Man könnte schon, aber du würdest sie niemals links liegen lassen, wenn sie dich brauchen.«
    Ich zuckte vage die Schultern und ließ mich auf der Kaimauer nieder.
    Und dann kam er meiner unausgesprochenen Bitte nach, die Sache mit dem Sinn zu erklären. Auf Loduun geschähe nichts ohne Grund, sagte er. Die Bäume reinigten die Luft, andere Pflanzen waren zum Essen da, und auch jeder Mensch kam mit einer vorbestimmten Aufgabe zur Welt.
    Draußen auf dem Wasser setzte ein Albatros zur Landung an. Schweigend sah ich ihm zu, während Iasons Worte in mir sackten.
    »Du meinst, ihr habt eine Bestimmung?«
    »Ja, sie wird dem Clan kurz nach unserer Geburt bekannt gegeben.«
    Überrascht sah ich zu ihm hoch. »Wer legt das fest?«
    »Das Schicksal. Allerdings nennen wir es nicht Bestimmung, sondern Sinn.«
    Ich war mir alles andere als sicher, ihn da gerade richtig verstanden zu haben. »Ja, aber wer sagt euch, welchen Sinn ihr habt?«
    Mit irritierender Ruhe antwortete er: »Derjenige, dessen Sinn es ist, genau dies zu erkennen.«
    »Dafür wird also auch jemand geboren?«
    »Ja, jeder Clan hat seinen eigenen Seher. Meistens kann er oder sie den Sinn jedoch nicht genau benennen. Er gibt sozusagen nur eine Richtung vor, den Rest muss jeder für sich selbst herausfinden.« Er setzte sich neben mich.
    »Und was geschieht, wenn ihr diesen Sinn erfüllt habt?«
    »Dann sterben wir.« Der Inhalt seiner Worte widersprach vollkommen der Art, in der er sie ausgesprochen hatte.
    »Moment … Ihr wisst, wann ihr sterben werdet?«
    »Nicht wann, nur weshalb.« Er warf ein Steinchen ins Wasser. »Irgendwann muss jeder sterben, Mia.«
    »Trotzdem.« Ich schüttelte den Kopf, in der Hoffnung, ihn wieder klar zu kriegen. »Ich finde die Vorstellung, das Warum zu wissen, schrecklich.«
    Die Verwunderung über meine Reaktion stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Du lebst lieber damit, es nicht zu wissen?«
    »Aber sicher doch«, sagte ich im Brustton der Überzeugung.
    Er überlegte. »Das wiederum würde mich wahnsinnig machen. Die Vorstellung, keine Ahnung zu haben, weshalb ich geboren wurde, welchen Sinn mein Leben hat, oder mich gar fragen zu müssen, ob es vielleicht nutzlos ist. Furchtbar.«
    »Wir Irden sollen nutzlos sein?«
    »Du nicht«, sagte er schnell. »Aber es gibt bestimmt manche unter euch, die mit ihrem Leben nichts anzufangen wissen, weil sie keine Aufgabe haben. Oder liege ich mit dieser Annahme falsch?«
    »Total!«, platzte es aus mir heraus. »Niemand ist nutzlos. – Nun ja, bis auf Mirjam Weiler vielleicht.« Ups. Das war mir so rausgerutscht.
    Er sah mich an. »Ich wollte damit ja auch nicht sagen, Irden seien nutzlos, sondern nur, dass manche sich so fühlen könnten.«
    Allmählich verstand ich, was er meinte, und doch fand ich seine Sicht der Dinge, nun, sagen wir mal, schwer zu verdauen. Aber was hatte ich erwartet? Schließlich war er kein Irde. Also entschied ich mich, das Ganze im Augenblick so stehen zu lassen und von einer anderen Seite aus meine verhedderten Gedankenstränge zu entwirren.
    »Und welche Sinngebungen gibt es bei euch zum Beispiel so?«
    Seine Miene bekam etwas amüsiert Skeptisches. Den Plauderton kaufte er mir offensichtlich nicht ab.
    In diesem Moment klingelte wieder mein iCommplete. »Tulpenweg« stand auf dem Display. Aber ich ging nicht dran.
    Iason wies kopfnickend auf meine Hand, mit der ich es zurück in die Tasche steckte.
    »Wie gesagt, Tony ist geboren, um glücklich zu machen.«
    »Wen?«
    »Das wird sich noch herausstellen.«
    »Schöner Sinn«, räumte ich ein.
    »Finde ich auch.«
    Mir wurde etwas leichter ums Herz, weil Tony, so talentiert wie er war, damit bestimmt ein langes Leben bevorstünde. Wann sollte er jemals keinen Sinn mehr machen?
    Ein kleiner Junge zupfte seinen Vater am Ärmel. Er zeigte auf Iason und kam näher.
    »Wie alt könnt ihr denn werden?«,

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