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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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Empfindung für andere«, machte ich benommen den Versuch, es ihm zu erklären. »Wenn man jemanden liebt, möchte man ihm Aufmerksamkeit und Zuwendung schenken.« Manchmal auch Zärtlichkeit, dachte ich, sagte es aber nicht.
    »So empfinde ich für meine Familie, für Hope insbesondere.«
    »Liebe geht über die Familie hinaus.« Meine Finger griffen um die Reling. »Das müsst ihr auf Loduun doch kennen?«
    »Nicht auf diese Weise.« Er lächelte entschuldigend, obwohl ihm gar nicht klar zu sein schien, wofür. »Unter uns ist es mehr Zuneigung, die uns verbindet. Ich glaube, eure Liebe ist eine verstärkte Form davon. Das ist für uns wohl nicht möglich, weil alles, was wir empfinden, von Vernunft überlagert wird.«
    Ich wandte mich ab und sah zum Meer hinaus, um mir einzureden, dass alles gar nicht so schlimm war, wie es war. Irgendwann spürte ich seinen Blick auf mir ruhen. Einen Blick, der mir selbst dann etwas gab, wenn ich ihn nicht verstand.
    »Was ist?«, fragte ich ihn unsicher.
    »Ich finde es gut, wie sehr du verstehen willst, was dir gerade sehr fremd vorkommen muss.«
    Verstehen! Ich wusste nicht, ob ich lachen oder heulen sollte. »Und du?«, setzte ich vorsichtig zu der Frage an, die schon die ganze Zeit in mir brannte. »Welcher Sinn wurde dir bestimmt?«
    Ein eigenartiger Ausdruck zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Und im nächsten Moment war es, als würde er seine äußere Hülle fallen lassen, alles an ihm schimmerte blau, viel blauer als sonst. Dann war er vorbei, der Moment. Er nahm eins der neuen Taue und verstaute es in einer Kiste neben der Kajüte. Anschließend holte er das nächste.
    Mein Schweigen war die stumme Aufforderung zu einer Antwort.
    »Hast du für heute nicht genug erfahren?«, fragte er schließlich.
    »Wie meinst du das?« Von einer seltsamen Angst ergriffen, packte ich mit an.
    Als die Taue verstaut waren, klappte er den Kistendeckel zu, und ich versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, bis er den Blick abwandte.
    »Ist es so schlimm?«, fragte ich leise.
    Er sah zu mir hin und schenkte mir ein Lächeln.
    »Nein, gar nicht schlimm. Es ist ein guter Sinn. Ich denke nur, dass es heute alles ein bisschen viel für dich war, findest du nicht?«
    Erst als ich erleichtert ausatmete, merkte ich, dass ich die Luft angehalten hatte. Er hatte also einen schönen Sinn, und ein schöner Sinn war bestimmt ein fortwährender, so wie Iason es nannte. Das war gut … war gut.

13

    E s gab da eine Siebzehnjährige namens Mia. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt, lag sie auf dem Bett. Wer hatte in der Vergangenheit eigentlich geglaubt, dass er den vollen Durchblick hätte? Ich schnaubte verächtlich. Wie lächerlich. Nur allzu gern wollte ich dieser Mia den Schwarzen Peter zuschieben und so tun, als hätte ich mit dieser Person, die all das eben erfahren hatte, nichts gemein. Doch Mia, das war ich. Diese dumme, dumme Mia, die ihr Herz an Menschen gehängt hatte, die für irgendeinen dämlichen Sinn in den Tod gehen wollten. Denen nichts wichtiger schien, nicht die Familie, keine Freunde – nicht mal ihr eigenes Leben.
    Ich hatte mich nach unserem Ausflug ziemlich schnell von Iason verabschiedet. Ich brauchte erst einmal Abstand. Jetzt lag ich hier. Allein. Verwirrt. Und völlig ratlos.
    Plötzlich kam mir eine Idee! Ich fuhr hoch, stützte mich auf die Unterarme, während ich den Gedanken zu Ende spann. Ich musste verhindern, dass sie zurückgingen, dann konnten sie ihren dämlichen Sinn für ihr dämliches Loduun auch nicht erfüllen.
    Doch wie sollte ich das anstellen?
    Wie ein nasser Sack ließ ich mich wieder ins Kissen fallen. Sie würden irgendwann gehen wollen. Iason hatte mir das heute deutlich zu verstehen gegeben. Nie würde ich sie überzeugen können, wenn der Drang, ihren Sinn zu erfüllen, so stark war, wie Iason es beschrieben hatte.
    Ihre Zukunft erschien mir wie eine erste Skizze auf Zauberpapier.Gezeichnet von niemand Geringerem als dem Schicksal selbst. Ähnlich wie bei uns Irden und doch völlig anders, denn unser Morgen bestand nur aus vagen Konturen, während ihres schon gleich nach der Geburt festgelegt war. Das Schicksal erschuf sie, nicht die Umstände, oder gar sie sich selbst. Eine Vorstellung, die bei mir Angst weckte, und in meinen Loduunern Freude. Das Leben selbst würde die Umrisse ihrer Zukunft nur noch mit Farben füllen, in all ihren Schattierungen, die nötig waren, um zu begreifen. Ein Bild, das erst fertig wäre, wenn ihr Sinn sich

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