Sternenschweif 03 - Der steinerne Spiegel
mittlerweile schon ganz dunkel geworden und mit jeder Minute, die verstrich, machte sich Jessicas Familie bestimmt noch mehr Sorgen. Jetzt mussten sie erst ihren Plan in die Tat umsetzen und dann Jessica so schnell wie möglich wieder nach Hause bringen. Fragend blickte sie Sternenschweif an. „Kannst du unsbeide tragen?“
„Aber natürlich“, antwortete er.
Jessica konnte es kaum glauben. „Er kann sprechen!“, rief sie aufgeregt.
„Natürlich kann er das. Du kannst ihn jetzt hören, weil du ihn berührst. Es genügt jedoch auch, wenn du nur ein Haar seiner Mähne in der Hand hältst. Später braucht man das nicht mehr“, erklärte Laura. Bevor Jessica weitere Fragen stellen konnte, fuhr sie fort: „Komm, steig auf. Ich erkläre dir alles unterwegs.“
Während Sternenschweif sie auf dem schnellsten Weg zur Lichtung flog, erzählte Laura Jessica alles über die Einhörner und darüber, wie sie Sternenschweifs Geheimnis entdeckt hatte. Jessica lauschte ihr ganz gebannt. „Danngibt es also noch mehr Einhörner?“, wollte sie wissen, als Sternenschweif auf die Lichtung niedersank.
„Ja“, bestätigte Laura. „Und sie sehen alle wie kleine graue Ponys aus. Sie können sich nur in Einhörner verwandeln, wenn sie jemanden finden, der an Magie glaubt und den Zauberspruch kennt.“
„So wie du“, sagte Jessica bewundernd, als Sternenschweif auf dem weichen Gras landete. Laura nickte und rutschte von Sternenschweifs Rücken.
„Ich würde alles tun, um auch ein Einhorn zu finden“, seufzte Jessica sehnsüchtig und glitt ebenfalls von Sternenschweifs Rücken. Sie betrachtete die Glühwürmchen, die in der dunklen Nachtluft tanzten.
„Mensch, das sieht ja aus wie im Märchen“,stellte sie fest. „Aber wozu sind wir eigentlich hierher gekommen?“
„Wir sind hier, damit ich dir beweisen kann, wie traurig Samantha ist, dass du weggelaufen bist“, erklärte Laura und schritt auf einen der rosa-grauen Steine zu. Sie hoffte von ganzem Herzen, dass ihr Plan gelingen würde.
Sternenschweif stellte sich neben sie. „Ich wünsche mir, Samantha zu sehen“, sagte Laura mit fester Stimme und Sternenschweif berührte den Stein mit seinem silbern glänzenden Horn.
Jessica stockte der Atem, als der violette Blitz aufleuchtete und Nebelschwaden unter dem Stein hervorquollen. Halt suchend griff sie nach Lauras Arm.
„Es ist alles in Ordnung“, beruhigte Laura sie. „Hab keine Angst. Sieh doch nur, was jetztpassiert.“
Genau wie beim ersten Mal zog sich der Nebel langsam wieder von dem Stein zurück und seine Oberfläche begann in einem silbrigen Glanz zu schimmern. Die Mädchen konnten zwei verschwommene Umrisse erkennen, die allmählich immer deutlicher wurden.
„Das sind ja Samantha und Sally!“, rief Jessica erstaunt aus.
Tatsächlich zeigte ihnen der steinerne Spiegel die Küche in Jessicas Haus. Samantha und ihre Mutter saßen am Tisch. Sie sahen ganz niedergeschlagen aus.
„Wenn du näher herangehst, kannst du auch hören, was sie sagen“, sagte Laura zu Jessica.
Gemeinsam beugten sie sich über denSpiegel. „Sie ist jetzt schon seit Stunden weg“, sagte Samantha gerade weinend zu ihrer Mutter. „Was machen wir, wenn sie nicht wiederkommt?“
„Das wird sie schon“, tröstete Sally sie und strich ihr sanft übers Haar. „Ich bin sicher, dass wir sie bald finden werden.“
„Und wenn nicht? Das ist alles nur meine Schuld“, schluchzte Samantha verzweifelt. „Ich wünschte, ich wäre nicht so gemein zu ihr gewesen! Aber ich hatte so viel Angst davor, hierher zu ziehen. Hier gehört doch alles Jessica. Es ist ihr Zuhause und ihr Leben – und ich komme mir wie ein Eindringling vor.“
„Ich weiß, Sam.“ Ihre Mutter schaute sie verständnisvoll an. „Aber unser altes Haus liegt einfach zu weit von Pauls Arbeit entfernt.“ Beruhigend fuhr ihre Hand weiter über Samanthas Haar. „Es wird bestimmt nicht lange dauern, bis du dich hier eingelebt und neue Freunde gefunden hast. Das verspreche ich dir. Und Jessica wird dir sicher gerne dabei helfen.“
„Wenn sie zurückkommt“, antwortete Samantha unglücklich. „Aber was ist, wenn ihr etwas Schlimmes passiert?“
Sally drückte sie fest an sich, aber Laura konnte genau sehen, dass sie sich ebenfalls große Sorgen machte.
Sie schaute Jessica an. Ihre Freundin war bleich und sah ganz erschüttert aus. Laura drückte ihre Hand. „Siehst du? Samantha mag dich wirklich. Sie macht sich solche Sorgen um dich! Sie war so
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