Sternenschweif 09 - Flug durch die Nacht
spazieren gehen.“
Buddy wedelte mit seinem buschigen Schwanz und bellte. Auch wenn er sie nicht so verstehen konnte wie Sternenschweif, wusste er ganz genau, was Buddy und spazieren gehen bedeuteten!
„Das gefällt dir wohl, was?“, fragte Max. Als Antwort stellte sich Buddy auf die Hinterbeine und schleckte ihm kurzerhand mit seiner riesigen Zunge über das Gesicht. Max kicherte.
Laura lächelte zufrieden. Als die beiden Nachbarsjungen eingezogen waren, hatte Max Buddy eine Zeit lang ziemlich vernachlässigt und nichts anderes als Skateboardfahren im Kopf gehabt. Doch dann hatte sich herausgestellt, dass Leo und Steven genauso verrückt auf Hunde wie aufs Skateboardfahren waren. Seitdem waren die drei Jungs und Buddy unzertrennlich.
Als Laura in dieser Nacht zu Sternenschweif kam, wirkte er angespannt. Er streckte den Kopf hoch in die Luft und trabte nervös am Gatter entlang. Rasch verwandelte Laura ihn in ein Einhorn. „Wie sieht es aus? Hast du heute Abend Lust zu fliegen?“
Sternenschweif schüttelte nur den Kopf.
„Aber warum denn nicht? Bist du wieder müde? So viel haben wir doch heute gar nicht gemacht?“
„Ich bin nicht müde“, entgegnete Sternenschweif knapp.
„Und warum willst du nicht fliegen?“
Bedrückt scharrte Sternenschweif mit seinem Huf auf dem Boden. „Weil … weil ich nicht kann!“, stieß er schließlich hervor.
Jetzt verstand Laura überhaupt nichts mehr. „Was meinst du damit?“ Besorgt berührte sie sein schimmerndes Horn. „Bist du doch krank?“
„Nein.“ Sternenschweif wand sein Horn aus ihrer Hand. „Ich kann nicht fliegen, weil …“ – er atmete tief ein und schaute sie kläglich an – „weil ich meine Zauberkraft verloren habe.“
3
Laura glaubte sich verhört zu haben. „Was meinst du damit, dass du deine Zauberkraft verloren hast? Wie kann das sein?“
Sternenschweif blickte betreten zu Boden. Laura fühlte sich, als hätte ihr jemand einen Eimer mit eiskaltem Wasser über den Kopf geschüttet.
„Das passiert manchmal. Einhörner können ihre Zauberkräfte verlieren. Ihre Magie schwindet einfach dahin. Ohne sie kann ich weder in den steinernen Spiegel schauen noch Wunden heilen oder anderen Mut machen. Und fliegen kann ich auch nicht mehr.“
Laura wurde ganz schwindlig. Sie hatte das Gefühl, dass der Boden unter ihr schwankte. Ein furchtbarer Gedanke durchfuhr sie: „Aber du kannst dich immer in ein Einhorn verwandeln, oder? Und wir können immer miteinander sprechen?“
„Ich weiß es nicht.“ Sternenschweifs Stimme zitterte: „Wahrscheinlich werden am Ende alle meine magischen Kräfte verschwunden sein. Dann kann ich mich auch nicht mehr verwandeln.“
Lauras Herz krampfte sich zusammen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
„Jetzt … jetzt hast du mich bestimmt nicht mehr lieb, oder?“
„So ein Quatsch!“ Laura schüttelte heftigden Kopf. „Ich werde dich immer lieb haben, Magie hin oder her!“
Sternenschweif konnte das kaum glauben. „Aber ich … ich werde dann nur noch ein ganz normales Pony sein.“
„Das ist mir doch egal!“, entfuhr es Laura. „Du bist mein allerbester Freund, egal was passiert.“ Sie umarmte ihn stürmisch. „Glaubst du wirklich, daran ändert sich was, nur weil du deine Zauberkräfte verlierst? Ich hatte dich schon lieb, bevor ich wusste, dass du in Wahrheit ein Einhorn bist. Und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Niemals!“
„Dann würdest du mich also nicht los- werden wollen?“, stammelte Sternenschweif ungläubig.
„Dich loswerden wollen? Was ist dennin dich gefahren? Wie kannst du so etwas nur denken? Ich könnte mich niemals von dir trennen! Das Einzige, was zählt, ist doch, dass wir zusammen sind!“
Laura drückte sich ganz fest an ihn. Was ging nur in ihm vor? Entschlossen schluckte sie den Kloß in ihrem Hals hinunter. Wenn sie anfing zu heulen, würde Sternenschweif das auch nicht helfen.
„Vielleicht sollte ich dich lieber wieder in ein Pony verwandeln?“, flüsterte sie mit erstickter Stimme. Er nickte nur traurig.
In ihrem Zimmer warf Laura sich verzweifelt auf ihr Bett. Sternenschweifs Zauberkräfte schwanden! Sie konnte es einfach nicht fassen. Keine Magie mehr. Keine Flüge. Und – vielleicht schon morgen – konnte sie nicht einmal mehr mit ihm reden. Mit ihrem allerbesten Freund, dem sie alles erzählte! Sie schluchzte in ihr Kissen. Aber das Schlimmste war, wie sehr Sternenschweif darunter litt. Er glaubte allen Ernstes, sie hätte ihn
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