Sternenschweif 27 - Die Zauberquelle
Pferd warf den Kopf nach oben und stieg laut wiehernd mit den Vorderbeinen in die Luft. Das Mädchen taumelte erschrocken zurück. Es verlor das Gleichgewicht und schlug mitdem Kopf gegen den Weidezaun. Reglos blieb es liegen. Mit vor Schreck geweiteten Augen starrte das Pferd sie an. Es trat zu ihr und berührte sie vorsichtig mit der Nase. Das Mädchen öffnete die Augen und schaute sich verwirrt um. Als es sich aufrichtete, begannen die Konturen des Bildes zu verschwimmen. Die Quelle fing wieder an zu sprudeln.
Laura und Sternenschweif standen da wie gelähmt.
„Nun wissen wir also, warum du so panische Angst vor diesen Knallgeräuschen hast“, unterbrach Laura schließlich das Schweigen.
„Ja, aber wir wissen nicht, wie es dem Mädchen nach dem Unfall ergangen ist. Und das ist schließlich viel wichtiger“, sagte Sternenschweif. Er blies noch einmal über das Wasser, aber nichts geschah.
„Ich glaube, die Quelle zeigt nur so viel, dass man verstehen kann“, meinte Laura.
„Aber was bringt mir das denn jetzt? Ich muss doch wissen, ob sich das Mädchen ernsthaft verletzt hat“, rief Sternenschweif aufgebracht. „Vielleicht hat es sich nie wieder von dem Sturz erholt?“
„Das glaube ich nicht“, versuchte Laura ihn zu beruhigen. „Sie ist doch gleich wieder zu sich gekommen. Vielleicht hatte sie ein bisschen Kopfschmerzen, aber mehr bestimmt nicht.“
„Woher willst du das wissen? Du warst doch damals nicht dabei!“
Laura hörte ein leises Zittern in Sternenschweifs Stimme. Sie spürte, wie aufgewühlt er war.
„Komm, mach dir nicht zu viele Gedanken“, versuchte Laura ihn zu trösten. Doch Sternenschweif wandte sich ab.
„Lass uns nach Hause gehen“, bat er.
Laura nickte. Es bedrückte sie, dass Sternenschweif sich solche Sorgen machte. Sie hätte ihm so gern geholfen!
Schweigend flogen sie nach Hause.Im Schutz der Bäume am Rand der Koppel verwandelte Laura Sternenschweif in seine Ponygestalt zurück und brachte ihn zum Stall.
„Bis morgen“, flüsterte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Nase. Sternenschweif zeigte keine Reaktion. Als sie ihm von der Tür aus noch einmal zuwinkte, stand er mit gesenktem Kopf in seiner Box. Laura spürte einen Stich in der Brust. Sogern würde sie ihren Freund wieder fröhlich sehen.
Als Laura Sternenschweif am nächsten Morgen sein Frühstück brachte, sah er noch genauso traurig aus.
„Du hast bestimmt genauso wenig geschlafen wie ich“, meinte Laura mitfühlend. „Gleich nach der Schule reiten wir zur Lichtung, damit wir reden können. Wir werden einen Weg finden, mehr über deine Vergangenheit herauszufinden. Das verspreche ich dir!“
In der Schule lief Laura gleich Julia in die Arme. „Seid ihr gestern noch gut nach Hause gekommen?“, wollte diese wissen.
„Wir sind doch nicht gleich heimgeritten“, gestand Laura. Julia blickte sie erstaunt an. „Wir haben die Zauberquelle gefunden“, flüsterte Laura. Julias Augen weiteten sich. Um ein Haar hätte Laura verraten, wie sie auf die Quelle gestoßen waren, aber das durfte sie natürlich nicht. Rasch erzählte sie der Freundin noch, was ihnen der Blick in die Vergangenheit gezeigt hatte und wie traurig Sternenschweif nun war.
„Der Arme!“, meinte Julia mitfühlend. „Ich kann gut verstehen, dass er so niedergeschlagen ist. Wie können wir ihm nur helfen?“
„Das überlege ich mir auch schon die ganze Zeit über“, antwortete Laura. „Aber ich habe keine Ahnung.“
„Uns wird bestimmt noch etwas einfallen“, meinte Julia und drückte Lauras Arm.Laura warf ihr einen dankbaren Blick zu. Es war gut, wenigstens jemanden zum Reden zu haben.
Gleich nach der Schule ritt Laura mit Sternenschweif zur Lichtung. Kaum hatte sie ihn verwandelt, fragte sie: „Wie geht es dir?“
„Ich muss dauernd an das Mädchen denken“, meinte Sternenschweif bedrückt. „Ich finde es furchtbar, dass ich schuld an diesem Unfall war.“
„Aber Sternenschweif, jeder weiß doch, dass du das liebste Pferd überhaupt bist“, rief Laura und schlang die Arme um ihn. „Du hast das doch nicht mit Absicht getan. Bei dieser Knallerei hätte sich jedes Pferd erschreckt. Sei nicht so hart zu dir!“
„Aber ich habe vielleicht einen Menschen verletzt!“, entgegnete Sternenschweif verzweifelt.
„Das hast du sicher nicht“, erwiderte Laura bestimmt. „Du bist ein Einhorn, auch wenn du damals deine wahre Gestalt noch nicht angenommen hattest. Einhörner verletzen keine Menschen, sie sind dazu
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