Sternenseelen Bd 2 - Solange die Nacht uns trennt
zu können. Nichts würde sie mehr trennen. Sie horchte erneut in sich hinein und spürte auf einmal ein tiefes Sehnen in sich. Jemand wartete auf sie, und sie musste ihn finden. Neben dem gleißenden Licht ihres Sterns funkelte ein weiterer. Sie lagen so dicht beieinander, dass sie kaum zu trennen waren, sangen ein gemeinsames Lied. Hatte sie etwa einen Zwillingsstern?
Es gab nur einen Weg, es herauszufinden: Sie musste zu dieser Person, die sich ganz in der Nähe aufhielt. Raphael. Sie lachte, woraufhin Calista sie verstört ansah.
Konnte sie so viel Glück haben? Da sorgte sie sich um die Wiedergeburt von seinem Zwillingsstern – und dann war sie es? Sie wusste, dass Ras zu einem einzelnen Stern gehörte, ebenso wie Felias und Shiori. Anni schied aus, hoffte sie zumindest, und Lea und Torge hatten einander.
Sie hüpfte vor Freude in die Luft und konnte es plötzlich nicht mehr erwarten, in seine Arme zu fallen. Alles, was sie sich gewünscht hatte, war wahr geworden. Sie war eine Sternenseele und für ihn bestimmt.
»Komm mit mir«, forderte sie Calista auf. Sie wollte nicht länger darauf warten, dass man sie fand, und sie konnte das Mädchen nicht einfach zurücklassen. Ob sie ihr nun auch den Weg zur Ruine zeigte, spielte in ihren Augen kaum eine Rolle. Mit einem Schaudern erinnerte sie sich an Shioris und Felias’ Reaktion, als sie es damals war, die ihr Versteck entdeckte. Sie hatten sie töten wollen, und nur Raphael war es zu verdanken, dass sie noch lebte. Was würden sie mit Calista machen? Wer würde für diese Zicke einstehen? Sie wollte nicht, dass ihr jemand Leid zufügte, aber wie weit war sie bereit zu gehen? Samuel war ihr Stiefbruder, das Schicksal ihrer Familie hatte auf dem Spiel gestanden. Calista war ein Miststück, das ihr das Leben zur Hölle gemacht hatte, bis sie einen Weg gefunden hatte, sie sich vom Leib zu halten. Würde der leichte Anflug von Mitleid, den sie bei ihrem verheulten, verquollenen Gesicht und dem Schuldgefühl, das sie empfand, ausreichen? Immerhin war das Mädchen nur in diese Situation geraten, weil sie ihr helfen wollte, eine Tatsache, die Lilly immer noch nicht fassen konnte. Sie bezweifelte es, doch die Vorfreude auf Raphael und das Wissen, dass sie nun durch nichts mehr getrennt werden konnten, trieben diese Fragen in den Hintergrund.
So einfach machte es Calista ihr jedoch nicht, sondern presste sich noch enger mit dem Rücken gegen den Baum, einen Ast als armselige Waffe in der Hand. »Du müsstest tot sein. Glaubst du ernsthaft, dass ich mich freiwillig einem Zombie ausliefere?«
Lilly rollte mit den Augen. Für solche Spielchen hatte sie keine Zeit, zu sehr drängte es sie, nach ihrem Zwillingsstern zu suchen. »Das war keine Bitte. Nun komm.«
»Und wenn ich das nicht tue?« Die Schwarzhaarige reckte trotzig ihr Kinn vor.
Lilly konnte nicht anders, als sie für ihren Mut zu bewundern. Solche Entschlossenheit hatte sie bei dem verwöhnten Mädchen nicht erwartet.
»Bringst du mich dann um?«, fuhr sie fort. »Verscharrst meine Leiche im Wald?«
»Willst du das wirklich herausfinden?« Lilly versuchte, sich bedrohlich aufzurichten, und ging langsam auf sie zu, war sich ihrer Wirkung aber nicht sicher, bis sie sah, wie sich die Augen des Mädchens weiteten. Fast wäre sie zurückgezuckt bei der Erkenntnis, dass sie tatsächlich Angst vor ihr hatte. »Wenn ich dich töten wollte, könnte ich es ebenso gut hier erledigen«, probierte sie es mit Logik. »Also, was ist dir lieber? Allein im Wald zu sein, nicht wissend, was ich mit dir vorhabe, wo dieses andere Mädchen ist, oder mit mir gehen und mich dabei im Auge behalten?«
In Calistas Gesicht spiegelten sich ihre widerstreitenden Gefühle wider, schließlich packte sie ihren Stock fester und trat einen Schritt vor. »Das ist wie die Wahl zwischen Pest und Cholera oder Mathe und Physik. Ich komme mit, aber versuch keinen deiner abgefahrenen Tricks bei mir.«
Lilly nickte ihr zu, woraufhin sie sich zumindest etwas entspannte, auch wenn sie den Ast weiterhin dicht an ihre Brust presste. Gemeinsam marschierten sie los.
»Verdammt, ist das kalt«, hörte sie Calista hinter sich fluchen und dann einen leisen Aufschrei, als das Mädchen ins Stolpern geriet. Sie drehte sich um, in der Hoffnung, sie noch abfangen zu können, doch ihre Bewegung war so schnell, dass sie ihren Arm zu fassen bekam, bevor sie auch nur ernsthaft ins Trudeln geriet. Verdutzt starrten sie einander an.
»Du bist wirklich wie ein
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