Sternenseelen Bd 2 - Solange die Nacht uns trennt
wollte nicht glauben, dass du uns freiwillig verlassen hast. Ständig suchte sie nach Hinweisen auf eine Entführung oder nach deiner Leiche.«
»Ihr hättet doch gespürt, wenn mir etwas zugestoßen wäre.«
»Genau wie du, der nicht ahnte, dass sein Zwillingsstern noch immer auf dieser Welt wandelt? So wie wir Lucretias Gegenwart spüren? Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Nichts ist mehr so, wie es einst schien. Die Regeln ändern sich. Die Welt befindet sich im Umbruch. Wir müssen alles hinterfragen.« Er ging zur Tür und öffnete diese. Bevor er jedoch hinaustrat, wandte er sich noch einmal an Raphael. »Ich freue mich, dass du wieder da bist.«
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† I ch habe mit Amadea gesprochen.« Schlagartig breitete sich Stille im Raum aus. Raphael saß am Kopfende des großen Tischs, auf dem eine Ansammlung von Gläsern, Wasserflaschen, Limonaden und eine Schüssel mit Obst stand. Von all den erschrockenen Gesichtern nahm er nur Lillys wahr. Deutlich sah er, wie verletzt sie war. Mit welchem Recht reagierte sie so? Sie war es doch, die zu einem anderen gehörte. Er hatte sie mit Mikael gesehen. Es bestand kein Zweifel, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Hatte er nicht ebenfalls das Recht auf ein eigenes Leben, wenn sie ihn so schnell vergessen konnte? Trotzdem quälte es ihn, sie so traurig zu sehen.
»Sicher, dass sie es ist? Redest du dir da nichts ein?« Die offene Feindseligkeit, die ihm bei den Worten seines Freundes entgegenschlug, raubte ihm einen Moment den Atem. Felias war, seit sie sich kannten, schwierig und besitzergreifend gewesen, aber so heftig hatte er ihm noch nie gegrollt.
»Ich hege keinen Zweifel.«
»Das kann nur ein Trick sein«, fuhr Shiori dazwischen. »Ich hätte nicht gedacht, dass man dich so leicht übertölpeln kann.«
Bevor Raphael antworten konnte, mischte sich Fynn ein. »Du verlässt deine Gruppe, um mit einer Sternenbestie einen Plausch zu halten?«
»Sie ist keine Bestie! Ich weiß nicht, was sie ist, aber auf keinen Fall ist sie eine von ihnen.« Er suchte Torges Blick, hoffte auf seine Unterstützung, doch als sich ihre Augen trafen, zuckte er zusammen. Da waren feine Lachfältchen um seine Mundwinkel, und schimmerte da nicht das erste graue Haar an seinem Kopf? Nicht jetzt, dachte er verzweifelt. Er hätte nicht fortgehen dürfen, sondern hätte für seinen Freund da sein müssen. Was auch immer er machte, es endete nicht gut. Seinen Zwillingsstern ließ er in die Fänge der Sternenbestien geraten, ohne es auch nur zu merken. Das Mädchen, das er liebte, war unglücklich, seine Freunde hatte er im Stich gelassen. »Irgendetwas beherrscht sie zumindest teilweise.«
»Sie ist ein Mischwesen«, stellte Fynn nüchtern fest.
»Du weißt, was sie ist?«, fragte Ras mit weit aufgerissenen Augen.
»Wir hegen seit Langem die Vermutung, dass Lucretia mit Sternenseelen experimentiert. Ihr Ziel ist es, eine Verschmelzung unserer beider Arten zu erschaffen, mit welchem Ziel genau, wissen wir nicht.«
Lea sprang wutentbrannt auf. »Ihr enthaltet uns so eine Information vor? Lasst uns im Dunkeln tappen?«
»Ich hielt es nicht für nötig. Bisher waren es nur Vermutungen.«
»Wie sollen wir zusammenarbeiten, wenn ihr uns gegenüber nicht ehrlich seid?
»Was für eine Unterstützung sollt ihr für uns sein?«, spuckte Lukel aus. Der rothaarige Bassist schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Der eine läuft blind vor Liebeskummer davon, der andere liegt im Sterben, seine Freundin rennt wie ein kopfloses Huhn durch die Wälder und dann noch eine Neugeborene, die mehr Arbeit macht, als dass sie eine Hilfe ist. Ihr seid Ballast.«
Felias funkelte ihn wütend an, sagte aber nichts, während sich Ras gründlich seine nächsten Worte überlegte. Shioris gelassene Reaktion auf diese Beleidigungen überraschte Raphael jedoch. Dann fing er allerdings einen Blickwechsel zwischen ihr und Fynn auf, und plötzlich wurde ihm alles klar. Shiori würde sich den Stargazer anschließen. Spätestens wenn Lucretia tot war. Es hatte ihn schon immer gewundert, was eine so kämpferische Natur wie die kleine Asiatin dazu veranlasste, zu einer Bewahrerin zu werden. Das Dasein in einem Jagdtrupp entsprach viel mehr ihrem Naturell. Auf der einen Seite freute es ihn, dass sie damit hoffentlich ihren Platz gefunden hatte, auf der anderen bereitete ihm die Zerrissenheit in ihrer Gruppe Sorgen. Wir müssen zusammenarbeiten, dachte er. Nur wie?
»Wir werden Andromeda erwecken«, sagte Fynn, als hätte
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