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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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Welt verstreut, und Frieden war ihr Wunsch. Der Überfluß des Bodens und der Berge, die kostbaren und feinen Dinge, die aus den elementaren Stoffen dieser Welt gefertigt werden konnten, waren nichts für sie. Sie hatten kein Verlangen, ihre Welt abzubauen und sich daran zu bereichern. Sie waren wenige, und Einfachheit war etwas Erstrebenswertes für sie. In körperlicher Genügsamkeit, so glaubten sie, liege die Quelle geistigen Reichtums.
    Die einfachen Menschen: Sie fanden ihn, ein kleines Kind, weinend und allein, und fütterten ihn mit einfacher Kost und Liebe. Sie füllten seine Leere aus und halfen ihm wachsen, bis eines Tages ...
    Dunkeljunge keuchte, versuchte seinen Weg aus der Falle der Erinnerung hinaus zu erzwingen. Aber es gab kein Entkommen. Er konnte die Türen nicht wieder errichten. Sie waren zerschlagen. Wie sollte er aus einer Handvoll Splitter Schranken errichten?
    Zwei Menschen hatten sich um ihn gekümmert. Zwei Menschen hatten ihn aufgenommen und ernährt. Zwei Menschen hatten sein Wachstum gefördert, ihn zur Liebe erzogen. Ohne sie hätte er nie gelernt, sich um Khira zu sorgen. Sie hatten ein unwissendes, hungriges Kind zu sich genommen und es zu einem Menschen geformt.
    Und beide Male war das Dröhnen am Himmel entstanden. Beide Male war das kreischende Schiff erschienen. Beide Male hatten ihn Greifer gepackt und ihn dorthin gebracht, wo der Helm der Benderzic wartete.
    Dann hatte der Helm seinen Verstand aller Daten beraubt, die darin gespeichert waren; geraubt und dazu verwendet, die Menschen, die sich um ihn gekümmert hatten, ihrer gewohnten Lebensweise zu berauben.
    Ja. Das wußte er jetzt – jetzt, da die Türen fort waren. Das war es, was der Lenkende vor ihm verborgen hatte. Er war gegen Menschen benutzt worden, die ihn genährt hatten; gleich einem Vernichtungswerkzeug. Er war zu ihnen gesandt worden, um auch die letzten Einzelheiten über ihre Schätze, Stärken, Schwächen und Gewohnheiten aufzu zeichnen. Alles was er erfahren hatte, wurde verschlüsselt und analysiert, und die Ausbeuter hatten die bearbeiteten Informationen für ihre eigenen Zwecke benutzt.
    Man mußte ihm nicht sagen, was sie dann getan hatten. Er ahnte es. Sie waren in häßlichen Schiffen zum silbernen Wald gekommen und hatten selbst die Zunge aus dem Tempel geraubt; aus allen Tempeln. Sie hatten die Gottesstimme zum Verstummen gebracht, weil das Metall, das sang, wenn man es in Fäden aufspannte, ein äußerst kostbares Handelsobjekt darstellte. Dann waren sie mit Sprengladungen, Gewehren und Schleppern gekommen und hatten das Metall geraubt, mit dem das Metall der Gottesstimme veredelt war.
    Die Ausbeuter hatten jedes kleinste Teilchen dieses unentbehrlichen Metalls mitgenommen (man mußte es ihm nicht sagen, er wußte es) und die freundlichen Menschen zum Verhungern zurückgelassen. Was konnten sie sonst tun, da die Tempel verstummt und die Frau, die in unmittelbarer Nähe der Gottesstimme lebte, der magischen Kraft beraubt war? Wenn die Menschen danach mit einigem Glück noch vereinzelt Nährfrüchte aus den öffentlichen Teichen zogen, hatte das Gift, das ihre eigenen schwärenden Gedanken absonderte, sicherlich bald ihre Seelen aufgedunsen und brandig gemacht.
    Und die unkomplizierten Menschen – er konnte sich gut die furchtbaren Veränderungen vorstellen, die ihnen widerfuhren, als sich Fabriken und Raffinerien auf ihrem Ackerland erhoben, Handelsschiffe ankamen und aufgeputzte Leute aller Rassen auf schnell geschaffenen Marktplätzen kauften und verkauften. Sie hatten sich bestimmt in die Steinwüste zurückgezogen, und dort war aus ihrer genügsamen Einfachheit bittere Armut geworden. Während die freiwillige Genügsamkeit sie stark gemacht hatte, konnten Exil und Armut nur die Bande schwächen, die sie in Liebe vereinigt hatten.
    Dunkeljunge schauderte. Die beiden Menschen, die sich seiner angenommen hatten, waren tot. Tot durch seine Hand; so sicher, als wäre er ein Benderzic oder einer der Ausbeuter gewesen. Tot, weil sie das fremde Kind, das sie hungrig auf ihrem Grund gefunden hatten, nicht ermordet, sondern ihm beigestanden hatten.
    Und die Menschen von Brakrath? Khira? Tiahna? Kadura? Der Junge zitterte; auf seinem Gesicht stand kalter Schweiß. Die Hufe der Rotmähnen stampften schneller und immer schneller; ließen ihn vor Verwirrung und Verzweiflung wimmern.
    Das Schiff der Benderzic würde wiederkommen, dröhnend, kreischend. Der Greifer würde wiederkommen. Der Helm würde wieder

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