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Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit

Titel: Sternenseide-Zyklus 1 - Kind der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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ihm so kalt, daß seine Gedanken erfroren und sein Bewußtsein davonstrebte. Mit vager Erleichterung entließ er es.
    Der Tag brach an, als er wieder zum Leben auftaute; widerwillig und mit Schmerzen in allen Muskeln. Widerstrebend öffnete er die Augen; er war sich nicht sicher, was ihn geweckt hatte, und starrte ausdruckslos auf den Boden, auf den großen Schatten, der zu seinen Füßen lag. Es dauerte eine lange schmerzhafte Zeit, bevor er den Kopf hob. »Kadura.«
    Sie blickte aus den Falten ihres Umhangs auf ihn herab, die Stärke des Steins im Gesicht. »Dachtest du, es würde so leicht sein, Kind?«
    Leicht? Tränen stachen in den Augen des Lenkenden und füllten seine Kehle. »Ich nehme das Eis«, würgte er hervor. »Wie du, Kadura.« Und es war sicher nicht leicht gewesen.
    »Aber ich habe das Eis nicht genommen«, sagte sie und kniete vor ihm nieder. »Ich habe das Eis aus meinem Herzen verbannt. Du hast etwas gesagt, an dem Tag, als wir zur Vereinigung abreisten. Du hast gesagt, du glaubtest, die Barohna nähmen das Eis, wenn sie zuviel Einsamkeit, zuviel Schmerz anderer Menschen aufgenommen hätten. Erinnerst du dich?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe das nicht gesagt. Es war Dunkeljunge ...«
    »Du hast es gesagt, und ich habe darüber nachgedacht, als wir dich von der Vereinigung zurücktrugen. Niemand hat jemals soviel Angst und Schmerz zwischen uns gebracht, wie du es tatest. Ich kann nicht glauben, daß du ohne Absicht zu uns kamst. Ich nehme an, du kamst, um uns zu testen und zu lehren. Du kamst, um uns zu zeigen – um mir zu zeigen –, daß wir lernen müssen, Sperren gegen das zu errichten, was wir in anderen finden.
    Wir halten uns für stark; aber ich sehe jetzt, daß wir stärker sein müssen. Diejenigen unter uns, die die Steine beherrschen, erinnern sich an Zeiten, die für die Menschen in den Hallen nur Geschichten sind. Ihre Legenden sind unsere Erinnerungen. Was sie aus den Schriftrollen lesen, wissen wir in den Zellen unserer Körper. Die Vergangenheit lebt in uns; wir tragen sie in die Zukunft.
    Brakraths Zukunft wird jetzt einer Feuerprobe unterzogen. Die Arnimi sind unter uns. Eines Tages wird es hier andere Menschen geben; und Nichtmenschliche ebenso. Die Zeit ist vorbei, da diejenigen unter uns, die Vergangenheit und Zukunft zusammenbringen können, sich erlauben konnten, das Eis zu nehmen und zu sterben. Die Zeit ist vorbei, da wir müde werden und dann den leichten Weg aus unserer Müdigkeit wählen konnten.
    Du hast mich vor zehn Tagen geprüft, Kind, und ich dachte, ich würde fallen. Ich dachte, ich würde die erste Barohna sein, die jemals während einer Vereinigung gefallen wäre.
    Aber ich fiel nicht. Ich entfernte mich von der Vereinigung von allem Schmerz in deinen Erinnerungen. Du hast mich mit einem läuternden Feuer ausgestattet; und jetzt ist meine Klinge elastischer, als sie es jemals zuvor war. Ich werde nicht zulassen, daß sie zerbricht, da meine Leute sie bald gebrauchen könnten.
    Kind, du mußt auch elastischer sein.«
    Er starrte zu ihr empor. Mit sich selbst beschäftigt, hatte er kaum bemerkt, daß der Schatten auf ihren Augen verschwunden war. Ihr Gesicht war noch faltig, es war dort keine Schwäche mehr. Kadura sah nicht länger wie eine alte und kranke Frau aus. Sie sah aus wie eine Frau, wieder mannbar und stark; eine Quelle der Beständigkeit, eine Stütze für ihre Leute.
    »Dunkeljunge ...« Er biß sich auf die Lippen, kämpfte die Tränen zurück. Wohin war die gesegnete, betäubende Kälte verschwunden? Sie hielt seine Hände in ihren Händen und vertrieb sie. »Es war Dunkeljunge!«
    »Du bist Dunkeljunge.«
    »Nein.« Er blickte flehend in ihre Augen auf. »Nein!«
Wäre ich Dunkeljunge wäre ich jetzt bei Khira und hülfe ihr beim üben. Aber ich kann nicht mit ihr streiten; ich bin zu ungeschickt. Ich kann nicht mit ihr reiten – wenn ich versuche, mit ihr Schritt zu halten, falle ich hinunter. Sie hat versucht, mir beizubringen, auf Zielscheiben zu werfen, aber mein Spieß fliegt weit daneben.
    Jetzt möchte sie, daß ich mit ihr in die Berge gehe. Aber wenn ich es tue, werde ich sie nur behindern. Ich war schwach; ich ließ zu, daß sich die Türen öffneten, und Dunkeljunge ist tot. Wenn ich mit Khira gehe, werde ich bei ihr ebenfalls versagen.«
    »Aber du bist nicht schwach, Kind«, sagte Kadura; seine Hände waren noch in den ihren geborgen. »Du bist ängstlich – so ängstlich, daß du einen Teil von dir vollständig abgespalten

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