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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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ein Kleinod tragen oder gelegentlich einen Gedanken mit ihm teilen wollte. Er bat sie darum, dorthin zu gehen, wo er hinging; zu sehen, was er sah, und ihn immer mit ihr gehen zu lassen. Er bot ihr an, sich ihr in einer Weise zu öffnen, die ihn vor kurzem noch erschreckt hätte. Und er bat sie, sich ihm in der gleichen Weise zu öffnen.
    Sie zog sich zurück, und für einen Moment, in dem sein Herz zu schlagen aufzuhören drohte, dachte er, sie würde ablehnen. Ihre Hand berührte den Hals. Sie runzelte die Stirn. »Meinst du, ich kann den Gedanken-Stein benutzen?«
    War das alles, was sie einzuwenden hatte? Zweifel? »Ja«, sagte er. »Ich weiß jetzt, daß du es kannst. Vorher wußtest du nicht, daß dein Stein mehr als nur ein Andenken war. Und du wolltest nicht an der Kraft der Steine teilhaben. Du wolltest nur deinen Vater finden. Aber jetzt – jetzt hast du gelernt, wie man die Steine benutzt. Du hast keine Angst mehr vor ihnen.«
    Sie nickte langsam. »Ich habe keine Angst«, sagte sie.
    Seit der Nacht, als sie die Fon-Delars in die Flucht geschlagen hatte, hatte sie überhaupt keine Angst mehr. Dort hatte sie gelernt, die Sonne zu benutzen, ohne zu versengen, die Steine zu benutzen, ohne zu verletzen.
    Und offensichtlich hatte sie keine Angst davor, jeden Gedanken mit ihm zu teilen. »Ich werde ihn darum bitten, sobald ich das Terlath-Tal erreiche. Ich werde dir die Nachricht mit dem Kurier schicken. Er kann die Steine bis zum Frühjahr fertig haben.«
    »Ja.«
    So hatte sich die Frage, die er tagelang hinausgezögert hatte, leicht geklärt. Danior war plötzlich gut gelaunt. Er kehrte mit einem Bruder ins Tal zurück, mit einer Steingefährtin, mit Nachrichten vom vermißten Bruder seines Vaters und noch mehr – mit einem Gefühl der Selbstsicherheit. Er hatte gelernt, wie wenig er eine Legende brauchte. Hatte gelernt, daß Tradition nicht mehr bedeutete, als man ihr zuzugestehen bereit war. Er hatte gelernt, seine Füße gleichmäßig auf den Weg zu setzen und einen Schritt nach dem anderen zu machen. Er hatte sogar gelernt, keine Angst mehr vor der Frage zu haben, wohin sie ihn führen würden.
     

EPILOG
    Heute nacht würden sie ihn in die Wüste führen. Er um-schloß rasch Kevas Hand. »Nächstes Frühjahr«, sagte er. »Ich kehre nächstes Frühjahr mit den Steinen zurück.« Und dann würde keiner von ihnen jemals wieder allein sein.
    Iahn-Rauth-Sieben
    Im Tal verbreitete sich die Nachricht rasch. Zwei junge Männer waren gesehen worden, wie sie den Bergpfad hinabgestiegen waren, einer von ihnen war der Palastsohn gewesen. Zwei junge Männer waren gesehen worden, wie sie durch den Obstgarten gegangen waren, um die Weißmähne mit Grasbüscheln zu füttern. Zwei junge Männer waren gesehen worden, wie sie auf den Rücken des Tieres gestiegen und auf ihm über die Dammkronen der Steinwege dem Palast entgegengeritten waren.
    Zwei junge Männer, einer davon sein Sohn. Natürlich lief ihnen niemand entgegen, um sie zu empfangen. Das würde die Reisenden in Verlegenheit bringen. Niemand rief etwas, doch ein paar Leute blickten von ihrer Arbeit auf und grüßten mit einem Kopfnicken. Iahn ging zum Rand des Palastes, um ihre Ankunft zu beobachten.
    Sein Sohn – anfangs dachte er, der schmächtigere, jener, der hinter dem anderen saß, wäre sein Sohn, und er erkannte die große, sichere Gestalt nicht wieder, die sanft den Hals des Tieres drückte, um es zu lenken. Dann kamen sie näher, und er erkannte seinen Sohn und las in seinem Gesicht, was in den beiden Jahreszeiten, seit er fortgegangen war, aus ihm geworden war.
    Jemand, der seinen Weg kannte und sich nicht davor fürchtete, ihm zu folgen. Jemand, der ins Tal zurückkehrte, aber nicht, um dort zu bleiben. Jemand, der die Welt zu seiner Heimat gemacht hatte.
    Und die Art, wie er sein Haar trug, hinter einem Ohr geknotet; die Schärpe um seine Taille ...
    Die weiße Schärpe, die nach einer Brise zu verlangen schien ...
    Iahn holte tief Luft, er kannte die Schärpe. Er hatte eine von dieser Art vor Jahren auf einer anderen Welt gesehen.
    Er hatte sie aus dem Wrack eines unbemannten Handelsschiffes geholt und in einen Baum gehängt, damit sie sänge. Statt dessen hatte sie mit einer Stimme gesprochen, die er später als seine eigene wiedererkannt hatte.
    Als Birnam Rauths Stimme.
    Noch später dann, als er sich an die Worte erinnern konnte, die die Seide von sich gegeben hatte, war er zu den Arnimis gegangen, und sie hatten sie für ihn

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