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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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nicht!«
    »Außer, wenn es nötig ist«, willigte sie ein und sah an seinem Gesicht, daß er nicht weiter bitten würde.
    Ihnen wurde nach wenigen Augenblicken klar, daß sie ihre Wanderung nicht fortzusetzen brauchten, denn die Fon-Delars kamen geradewegs auf sie zu. Sie blieben stehen; Danior mit steifem Rücken und bleichem Gesicht. Keva sah ihn gelassen an, während sie sich fragte, ob er in der Lage wäre, die Sprache der Fon-Delars zu sprechen; ob er überhaupt die Chance dazu haben würde. Sie schaute auf ihr Handgelenk und bemerkte, daß das Band aus braunem Fleisch breiter geworden war.
    Die Gelöstheit, die sie so weit gebracht hatte, begann davonzuschlüpfen, als sich die Fon-Delars näherten und sie einzelne Gestalten ausmachen konnte: laufende, sehnige Männer; Männer mit dunklem Haar. Es gab ihr einen warnenden Stich, als sie sich an den Zollidar erinnerte, der sie gefangen und gebunden hatte, bevor sie überhaupt reagieren konnte; an die Gothnis, die die Jährlinge abgeschlachtet hatten, bevor sie überhaupt wußte, was sie vorhatten. Diese Männer entstammten der gleichen Rasse und waren durch ein hartes Land hart geworden. Und sie hatten die Absicht, sie zu töten. Konnten sie es? Wenn sie so rasch handelten, daß ihr keine Zeit blieb, darüber nachzudenken, ob sie den Mut haben würden, es zu versuchen?
    Die Fon-Delars liefen nicht in geordneter Formation. Sie drängten wie eine Welle über den Sand, mit langen Messern an den Taillen und in den Händen Speere. Keva erkannte, daß es Hunderte waren, die sich von ihrer gemeinsamen Raserei vorantragen ließen.
    »Danior ...« Keva prallte unwillkürlich zurück, ihre Stimme verlor an Festigkeit. Konnten die Fon-Delars, selbst wenn sie es wollten, anhalten, um zuzuhören? Wenn die Männer in den vorderen Reihen versuchten anzuhalten, würden sie einfach von all den Hunderten hinter ihnen weitergeschoben. Keva konnte jetzt einzelne Personen ausmachen, doch keine davon sah wie ein Mann aus, der anhalten würde, um jemandem zuzuhören.
    Doch sie mußte sie zum Anhalten bringen. Ihr Verstand arbeitete benommen. Sie zögerte; es widerstrebte ihr, den Sand in die Luft zu rufen. Aber gab es einen anderen Weg?
    Sie hatte nicht die Zeit, ihn zu finden. Der erste Fon-Delar hatte sie gesehen, doch anstatt langsam zu werden, begann er mit heiserer Stimme zu schreien. Sie preßte rasch die Augen zu und holte tief Luft. Sie brauchte nur an einen Blutnebel zu denken, der sich in die Luft erhob, und das Resultat käme sofort. Ihre Kehle zog sich zusammen, schnitt die Sauerstoffzufuhr ab, und ihre Lungen füllten sich mit jener anderen Substanz. Mit dem Rausch, der sie rasch hinter die Grenzen der Zeit trieb. Sie wurde sich des langsam wogenden Blutes in ihren Adern bewußt. Es trommelte ihr gegen die Ohren und wirbelte in den großen Gefäßen ihres Leibes. Aus den rennenden Fon-Delars wurden eigentümlich fließende, schleichende Gestalten.
    Danior schrie etwas, was sie nicht verstand. Denn jetzt erhob sich Sand in einer großen Säule. Er schälte sich vom Wüstenboden in Schichten ab und wirbelte in einem ungeheuer emporwachsenden, gleißenden Strudel. Die scharfkantigen Körner fingen das frühe Morgenlicht ein und glitzerten in seinem rosigen Licht.
    Keva konnte jetzt bei den ersten Läufern Gesichter unterscheiden. Sonnengehärtetes Fleisch wurde blaß; glühende Augen starrten sie erschrocken und erschüttert an; Münder waren aufgerissen. Schnell übernahm Keva die völlige Kontrolle über den Sand und sandte Ranken aus, die träge nach den verwunderten Clansmännern griffen. Sie ließen den Sand mit gelassener Vorsicht über sie sinken. Denn falls sie wußten, was den Gothnis widerfahren war, wenn sie die Warnung, die hinter dem Biß des Sandes lag, verstanden ...
    Leicht. Sie scheuerte sie nur leicht, zog nur Blutfäden aus ihren sonnengebräunten Wangen. Die Clansmänner, die sich am weitesten vorgewagt hatten, hielten sich die Hände vor die Augen und schrien entsetzt auf.
    Aber sie liefen weiter, vorwärtsgetrieben durch die Männer hinter ihnen, getrieben durch ihren eigenen Impuls. Sie liefen mit erhobenen Speeren und im rasenden Gleichklang. Sie schrien – sie konnte die Worte nicht verstehen, doch sie wußte, daß sie sich gegen sie richteten.
    Und sie hörten nicht auf zu laufen. Clansmänner – sie waren Clansmänner. Sie hätte man durch weniger als diesen Sand anhalten können, doch wer war sie? Eine Warmstromfischer-Frau. Sie war nie durch ein

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