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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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sie nochmals gegen den Wunsch des Rates handeln – und nicht nur einmal, sondern wieder und wieder?
    Schlief der Rat ebenfalls? Sicherlich würde er sich gegen Veränderungen sträuben. War das eine begründete Haltung,
    oder war sie vernunftmäßig nicht zu begründen? Resultierte sie möglicherweise auch nur aus der Verachtung der Arnimis? Die Struktur des Tallebens – wie leicht mochte sie sich auflösen? Und falls sie sich auflöste, was hatten sie, um sie zu ersetzen? Den Leuten ging es augenblicklich gut. Aber es hatte mehrmals Perioden in ihrer Geschichte gegeben, da es ihnen weniger gut gegangen war, da sie sie hart am Rande ihrer Existenz gestanden hatten. Es hatte viele Zeiten der Verwirrung und des Hungers gegeben.
    Aufgrund der Lebensfeindlichkeit ihrer Umwelt traten diese beiden Phänomene stets gemeinsam auf: Verwirrung und Hunger. Reyna fuhr sich durch die Haare und wünschte, sie könnte einen Anhaltspunkt für eine Antwort finden.
    »Dein Meister, Komas ... er starb im Winter«, sagte sie.
    Juaren rieb sich die Stirn, als schmerze ihn die Erinnerung daran. Er sagte tonlos: »Wir beschlossen im letzten Winter, ins Terlath-Tal zu gehen, um die Arnimis zu erforschen. Wir wollten sie beobachten, während alle anderen schliefen, wenn sie es nicht erwarten würden. Und wir dachten, nach der Schneeschmelze könnten wir mit Khira sprechen. Wir (lachten, daß sie unsere Warnung mit mehr Aufmerksamkeit anhören würde als sonst jemand. Sie hatte lebenslänglich Gelegenheit, die Arnimis zu beobachten, und sie lebt anders als die übrigen Barohnas. Sie hat gelernt, hinter die Überlieferungen zu schauen – in mancher Beziehung jedenfalls.
    Aber wir wurden von einem Sturm überrascht, als wir den oberen Paß vom Pentilath-Tal her überschritten. Komas glitt aus ... und fiel; ich konnte ihn nicht halten. Der Absturz vollzog sich zu rasch, und er fiel zu tief.« Juaren zuckte mit den Schultern. »Ich rief, er antwortete nicht. Er rührte sich nicht. Ich wartete. Schnee fiel. Wind blies. Es fing an, dunkel zu werden. Schließlich wurde mir klar, daß ich nichts weiter tun konnte, als Felsen hinabzurollen, damit sie ihn bedeckten, und hoffen, daß er schon tot war.« Er hob den Kopf, und seine Stimme wurde rauh. »Ich konnte damals nichts für ihn tun, aber ich werde ihn jetzt nicht enttäuschen. Als ich erfuhr, daß man uns zu reisen erlaubt hatte, ging ich an die Stelle zurück, wo ich ihn verlassen hatte und gelobte es ihm. Es sind nur noch eine Handvoll Jäger übrig, und die meisten von ihnen haben längst alles vergessen, außer, wie man Felle abhäutet. Ich bin der einzige, der die alten Worte kennt. Ich bin der einzige, der weiß, was getan werden muß.«
    Dorthin also war er in den Tagen vor ihrer Abreise gegangen. Um seinen Schwur vor seinem Gildenmeister zu erneuern. Sein Verlust war deutlich aus der Traurigkeit seiner Stimme zu hören. Die einzige Person, die ihn je akzeptiert hatte, die ihm einen Platz gegeben und Vertrauen entgegengebracht hatte, war gegangen. Jetzt war er der einzige, dem bewußt war, daß die Menschen aufgeweckt werden mußten.
    Aber zu diesem Zeitpunkt? Und mit welchem Ergebnis? Reyna ergriff einen Zipfel der Sternenseide und strich damit über die Wange. Juaren hatte ihre Frage beantwortet; aber indem er es tat, hatte er viele neue aufgeworfen.
    »Es tut mir leid, daß du deinen Meister verlorst«, sagte sie schließlich und war sich der Dürftigkeit dieser Worte bewußt. »Hast du eine Idee, wie man die Leute aufwecken könnte ... falls wir diejenigen sind, die es tun müssen?«
    »Ich hatte vor, mit Khira zu sprechen; aber es war nicht der richtige Zeitpunkt. Sie hatte zu viele Verpflichtungen, und sie hatte kurz vorher zu viele Zugeständnisse vom Rat gefordert. Darüber hinaus habe ich keine Idee, nein. Ich habe überhaupt keine Idee.«
    Reyna ging es ebenso. »Du wolltest es mir nicht einmal erzählen«, sagte sie.
    Er sah unwillig zur Seite. »Ich wollte es dir erzählen«, sagte er zögernd. »Einige Dinge werden wirklicher, wenn man über sie spricht. Aber andere Dinge werden unwirklicher. Besonders ...«
    Besonders, wenn die Person, der er vertraute, sie als unwesentlich abtat. Und sie hatte ihm wenig Anlaß gegeben, zu erwarten, daß sie ihn vorurteilslos anhören würde.
    Reyna seufzte. »Aber jetzt endlich – endlich können wir miteinander reden«, sagte sie versuchsweise.
    »Ja«, erwiderte er, den Kopf noch immer gebeugt.
    Aber sie taten es nicht. Sie saßen

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