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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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Baumstämme mit rastlosen Krallen zerfetzen ließ. Was immer ihr Geheimnis sein mochte, Falett teilte es nicht. Das ging eindeutig aus der Art hervor, wie sie hinter ihrer Schwester herschielte, mit wachsamem Gesicht und furchtsam gefletschten Zähnen.
    Da sie doch keine Ruhe fand, erhob sich Tsuuka und rief nach ihren Nestlingen. Sie beendeten den Kampf widerwildig, aber als Tsuuka sie geputzt hatte, legten sie sich dennoch bereitwilligst zum Schlafen nieder. Tsuuka stand auf und betrachtete sie aufmerksam; sie wartete, bis ihr Atem tief und regelmäßig geworden war, ehe sie sich davontrollte. Ihre Mägen waren gefüllt, und sie hatten sich ermüdet. Sie würden jetzt bis in die zweite Hälfte des Nachmittags schlafen, wenn die Schatten länger werden und sich kühlend über das Gras erstrecken würden.
    Bis dahin würde sie also Zeit haben, aber sie wußte nicht, was sie damit anfangen sollte. Sie trat zwischen die Bäume.
    Dariim war schon wieder davongeschossen, und Falett raste hinter ihr her. Tsuuka ließ sich auf alle viere fallen und nahm ihre Fährten auf.
    Sie brauchte nicht lange, um sie zu finden. Sie saßen geduckt unter dem Gestrüpp am Flußufer und beobachteten die Spinner, die frischgesponnene Stumm-Seiden im fließenden Wasser wuschen. Tsuuka sah an den zurückgebeugten Schultern und dem kaum verborgenen Schimmer in ihren Augen sofort, daß Dariim unfreiwillig hier war und daß es ihr nicht paßte, so still zu sitzen. Sie hatte sich versteift, ihre Schulter vermied die Berührung mit der ihrer Schwester; ihre Krallen waren ausgefahren und kratzten unruhig über den Boden.
    Tsuuka beobachtete die beiden noch eine Weile und studierte den harten Glanz ihrer Felle, die Haltung ihrer Ohren und die wiedergewonnene Schlankheit ihrer Glieder. Dariim war bereits geschickt im Anschleichen und mutig beim Angriff; und Falett machte auch Fortschritte, obwohl langsamer. Sie würden nicht mehr lange unter ihren Seiden leben.
    Aber die Tage der größten Gefährdung waren vorüber; die Zeit, in der die ungezähmte Energie der Kindheit ihre sich entwickelnden Körper beherrschte und die Unternehmungslust stets Urteilskraft und Vorsicht besiegte. Falett würde sich nicht mehr allzu leicht zu unbedachten Handlungen hinreißen lassen. Tsuuka war sich dessen sicher, denn Falett war ihr selbst sehr ähnlich. Dariim dagegen ...
    Tsuukas Augen verengten sich zu gelben Schlitzen. Dariim hatte sich schon hinreißen lassen. Ihre heutige Unrast verriet ihr das. Etwas hatte sein Mal in ihre Augen gebrannt, und Tsuuka wußte nicht einmal, was geschehen war.
    Sie kannte ihr Herz. Die Tatsache, daß sie für Dariim etwas empfand, was sie für die anderen nicht fühlte, hatte ihr nie behagt. Aber heute merkte sie deutlich, daß es so war.
    Sie wußte nicht, was Maiilin vor vielen Jahren in der Tiefe des Waldes widerfahren war. Sie konnte nicht einmal erraten, was ihr den Verstand geraubt und nichts als eine leere Schale zurückgelassen hatte. Aber wenn sie selbst mutiger gewesen wäre, wenn sie selbst unerschrockener gehandelt hätte, wäre es vielleicht nicht so gekommen.
    Aber sie hatte sich versteckt, und jetzt war ihr einziger Trost, daß ihre Zweitgeborene von Maiilins Geist war. Wie konnte sie zulassen, daß dieser Reinkarnation Maiilins etwas zustieß?
    Andererseits, wie konnte sie der Gefahr begegnen, wenn sie nicht einmal ahnte, woher sie ihrer Tochter drohte? Tsuukas verharrte während dieser Überlegungen im Schatten, bis sie ein Alarmgeschrei vom anderen Flußufer hörte. Sie antwortete automatisch. Ohne zu überlegen, platschte sie durch den Fluß und lief zwischen die Bäume, die das Flußufer säumten.
    Ein Hautstachler war aus einem frisch gegrabenen Gang gebrochen. In der Nähe war das noch dampfende Erdreich zu einem Kegel aufgeworfen. Das Ungetüm umkreiste langsam einen schreienden Spinner. Die Augen des kleinen Geschöpfes waren weit aufgerissen und starr, als der Räuber es immer enger umkreiste. Der Hautstachler hatte bereits seinen Giftstachel aufgerichtet. Tsuuka konnte den tödlichen, bernsteinfarbenen Tropfen an seiner Spitze funkeln sehen.
    Das gab ihr nur noch eine kurze Frist. Der Hautstachler hatte sie gesehen – und sein Stachel war tödlich –, aber sie wußte aus Erfahrung, daß das Ungetüm kostbare Sekunden damit verschwenden würde, sich zu entscheiden, ob er die Aussicht auf Beute fahren lassen und sein Gift statt dessen für die Verteidigung nutzen sollte.
    Tsuuka gestand ihm diese Sekunden

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