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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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nicht zu. Sie sprang sogleich; die Muskeln bewegten sich fließend, ihr Nackenfell war leicht gesträubt. Sie teilte mit ihren erprobten Krallen einen raschen Schlag an den erregten Hautstachler aus, der ihn umwarf. Das Tier schrie gellend auf, drosch mit den Beinen um sich und versuchte, wieder auf die Füße zu kommen, aber Tsuuka hieb bereits in seinen ungeschützten Unterleib. Bevor der Spinner sein hirnloses Geschrei beenden konnte, war der Räuber tot.
    Dariim und Falett erschienen im nächsten Moment auf der Bildfläche, zitternd vor Erregung. Tsuuka brach den giftigen Stachel ab und schleuderte ihn zu Boden, riß ihr blutendes Opfer hoch und schüttelte es.
    »Für euch, ihr Schlingel«, sagte sie noch leicht keuchend, »Sucht ein sonniges Plätzchen auf und freßt.«
    Das unerwartete Festmahl würde sie für eine ganze Weile beschäftigen und ihr Gelegenheit bieten, Dariims Verhalten zu studieren.
    Falett keckerte glücklich und stürzte sich auf die Beute, während sich Dariim zurückhielt. Obwohl Dariims Reaktion
    keine Begeisterung erkennen ließ, trottete sie hinter ihrer Schwester her, als sie den Hautstachler zu einem sonnigen Platz trug. Sobald Tsuuka ihre Krallen gesäubert hatte, folgte sie den beiden.
    Es machte ihr jedesmal Freude, ihre Jungen fressen zu sehen. Aber heute war Dariim wenig begeistert über das unverhoffte Fest. Sie zerrte an dem Fleisch, aber ohne ihr sonst übliches zufriedenes heiseres Grunzen. Und in ihren Augen verblieb ein Geheimnis, eine Verwegenheit, die zwar verschleiert, aber nicht gedämpft war.
    Tsuuka streckte sich in der Nähe aus und sah zu. Es war offensichtlich, daß Dariim ebensowenig hier sein wollte, wie sie
    die Spinner bei der Arbeit hatte beobachten wollen. Es war genauso klar zu erkennen, daß ihre hängenden Augenlider eine Heimlichkeit verbargen, als sie sich die Lefzen leckte und sich in vorgetäuschter Sattheit ausstreckte.
    Falett verdrückte den Rest des Hautstachlers und stellte sich zufrieden und gesättigt zur Verfügung, um geputzt zu
    werden. Tsuuka fuhr lässig mit der Zunge durch das Fell ihrer Tochter und schloß die Augen schläfrig bis auf schmale Schlitze.
    Dariim glättete flüchtig ihr Fell, dann sank sie nieder und fiel unvermittelt in Schlaf. Durch die halbgeschlossenen Lider nahm Tsuuka jedoch die verräterische Anspannung ihrer Muskeln wahr, und das Zittern ihrer Augenlider. Als Falett eingedöst war, steckte Tsuuka ihr Kinn ins Fell und bemühte sich, daß ihr Atem tief durch ihre Kehle strömte, aber sie blieb wachsam unter dem Anschein des Schlafes.
    Sie mußte die Augen nicht öffnen, um mitzubekommen, wie Dariim sich erhob und davontrottete. Eine Art sechster Sinn kündete ihr davon. Sie wartete eine Weile, dann öffnete sie die Augen.
    Falett schlief geräuschvoll; die Sonne lag warm auf ihrem Fell. Von Dariim keine Spur.
    Sie war also gegangen, um dem nachzugehen, was immer das Mal in ihre Augen gebrannt hatte. Tsuuka knurrte leise, stand auf und nahm die Spur ihrer Tochter auf.
    Sie erinnerte sich an einige der Tricks, die Maiilin in ihrer Kindheit beherrscht hatte; wie raffiniert sie ihre Mutter überlistet hatte, wenn sie ein Unglück vermeiden wollte. Da hatte es diesen vorgetäuschten Schlaf gegeben, während dessen sie sich heimlich verdrückt hatte. Da hatte es die spontan ausbrechenden Spurts gegeben, hinter einer Beute her, die niemand sonst zu Gesicht bekam. Da hatte es diese Umwege gegeben, die ihrem eigentlichen Ziel direkt entgegengesetzt schienen. Und da hatte es lange Hetzjagden das Flußbett hinab gegeben, und das Wasser hatte ihre Spur ausgelöscht.
    Dariim wendete heute außer dem ersten keinen dieser Tricks an. Ihre Spur führte geradewegs zwischen den Bäumen hindurch ins Herz des Waldes. Als Tsuuka sie verfolgte, sagte sie sich mit schwindender Zuversicht, daß dies sicherlich kein Zufall war. Dariim hatte im tiefen Wald etwas gefunden; wie Maiilin vor vielen Jahren. Und trotz Tsuukas Warnung verfolgte sie es.
    Dinge, die kein Sithi erblicken durfte.
Was aber mochte es dort im Herzen des Waldes geben, das niemand sehen sollte? Tsuukas Gedanken schossen ihr wild und sinnlos durch den Kopf, als sie Dariims Fährte folgte. Die Ungesehene – was war die Ungesehene? Sie stand in gedanklicher Verbindung mit den Spinnern, sie lenkte ihre Tätigkeiten, aber weshalb durfte sie nie gesehen werden? War sie jenes Ding in den dichten Bäumen, vor dem sie ihre Mutter gewarnt hatte? Oder war die Ungesehene etwas völlig

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