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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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wiederaufnahmen. Er übernahm die Führung und marschierte flott drauflos, ohne sich umzusehen. Seinen Augen entging nichts, und er stellte selbst die gelegentlichen Gespräche ein, die sie früher geführt hatten. Er wies nicht mehr auf bestimmte Pflanzenarten hin oder ging darauf ein, wenn Verra oder Reyna es taten. Bald verfielen die beiden ebenfalls in Schweigen.
    Später am Nachmittag kamen sie in eine Gegend, wo die verkrüppelten Bäume in Gruppen und kleinen Hainen standen. Einmal erhob sich der Wind bei klarem Himmel und trieb ihnen eine Wolke fliegender Insekten entgegen. Sie klatschten und schlugen um sich, bis die Tiere wieder verschwanden.
    Bald darauf erblickten sie die dunkle Silhouette eines Waldes am Horizont. Juaren hielt unvermittelt an, sagte aber nichts. Er starrte eine Weile auf die hochgewachsenen Bäume und beobachtete dann den Horizont in allen Richtungen.
    »Ich werde allein weitergehen«, sagte er schließlich, die Worte kamen so beiläufig, als gäben sie einen Entschluß wieder, den er schon vor langer Zeit gefaßt hätte. »Das Tier, das du letzte Nacht gesehen hast, Reyna, und die Spuren, die ich heute sah ...«
    Das rüttelte sie auf. »Spuren?« War er deswegen derart abweisend gewesen? Sie hatte keinerlei Spuren gesehen.
    Er schien nicht zu bemerken, wie überrascht sie war. »Es gibt hier natürlich Spuren von kleineren Tieren. Und die anderen – sie sind mächtig, fast so groß wie wir. Manchmal bewegen sie sich auf zwei Beinen, manchmal auf vieren. Ich würde die Abdrücke der vorderen Extremitäten nicht als Fußspuren bezeichnen. Sie sind schmaler und feiner gegliedert, und sie haben einen abspreizbaren Daumen.« Er legte die Hand über die Augen, um sie vor der Sonne abzuschirmen, und schien zum erstenmal Reynas gerunzelte Stirn zu bemerken. »Auf Brakrath sind die einzigen Lebewesen mit abspreizbaren Daumen Menschen und Minxe.«
    Reyna fröstelte. Sie war nie einem Minx begegnet, aber sie hatte Erzählungen über ihre todbringende Intelligenz gehört, und darüber, wie sie mit ihrem Opfer spielten, bevor sie es schlugen. Hatte das Geschöpf in der vergangenen Nacht es darauf abgesehen, ein merkwürdiges Spiel mit ihr zu treiben?
    Wenn ja, war es nicht dazu gekommen. Statt dessen war die Kreatur davongelaufen.
    »Ich ... ich habe keine Spuren gesehen«, sagte sie. »Und ich sehe nicht ein, warum du allein in den Wald gehen solltest. Ich ...«
    »Hier ...« Ohne zu fragen, nahm er ihr den Spieß aus der Hand. »Sag mir, wie viele Anzeichen du von hier aus sehen kannst, die auf Tiere hindeuten. Dreh dich einmal ganz um und berichte mir.«
    Sie hatte große Lust, sich zu empören. Das war kein fairer Test, denn sie war kein Jäger. Statt dessen fügte sie sich, drehte sich langsam um die eigene Achse und beobachtete genau den Boden. Sie sah nichts.
    »Das ist der Grund, weshalb ich allein vorgehen will«, sagte er. Er streckte ihren Spieß aus und zeigte mit der Spitze auf Kratzspuren am Boden, verdrückte Gräser und ein zerquetschtes Insekt, das bei einem Gebüsch auf trockenem Gras lag; alles Anzeichen, die so winzig waren, daß Reyna sie kaum erkennen konnte.
    »Ich habe mich darin geübt, diese Dinge zu sehen«, sagte er. »Und ich bin geübt darin, Orte aufzusuchen, die dir nicht erreichbar sind – nicht, wenn du Wert darauf legst, nicht aufzufallen. Nicht, wenn du die Absicht hast, etwas ungestört zu beobachten.«
    Sie gestand sich unwillig ein, daß er recht hatte; aber es gefiel ihr noch immer nicht. Der Gedanke, daß er an einen unbekannten Ort gehen würde, gefiel ihr überhaupt nicht.
    »Wie lange wirst du fort sein?« fragte sie schließlich.
    »Ich werde versuchen, bei Mondaufgang zurück zu sein. Es kann aber länger dauern.«
    »Wir warten hier«, sagte Verra und berührte Reynas Arm in einer beruhigenden Geste, die Reyna erneut erstarren ließ.
    Dann beobachteten sie, wie er den Weg allein fortsetzte; noch rascher, als er zuvor ausgeschritten war. Anfänglich führte ihn sein Weg näher an den Fluß heran. Dann drehte er ab, und sie verloren ihn aus den Augen. Sie konnten außer der düsteren, klumpigen Form des Waldes am Horizont nichts mehr erkennen.
    Mondaufgang. Wie viele Stunden würden es sein bis dahin? Juaren hatte sich lange, bevor sie das Schiff verließen, die Mühe gemacht, Informationen aus der Datenkonsole abzurufen.
    »Wie lange wird er wegbleiben?« fragte Reyna nach einer Weile und bedauerte, in den letzten Stunden vor der Erstarrung nicht

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