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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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uns entfernt befand sich ein Fahrstuhl, aber Tag wollte ihn offenbar nicht benutzen. Ob sich das nicht gehörte, wenn kein Notfall vorlag?
    Jedes Stockwerk verfügte über einen schmalen Korridor, von dem ein Dutzend Türen abging, vermutlich in die Zimmer. Und zum Fahrstuhl … Vielleicht wohnten wir ja gar nicht weit oben?
    Im dritten Stock verwarf ich diese Hypothese. Tag deutete mit einer Kopfbewegung zu einer der Türen. »Das ist mein Zimmer«, informierte er mich. »Du wohnst im vierten Stock … Wart mal. Leg die Hand hier drauf.«
    Ich berührte mit der Hand seine Tür, und sie sprang einen Spalt auf. Im Zimmer schaltete sich das Licht ein.
    »Das Schloss hat dich erkannt«, stellte Tag zufrieden fest. »Na, dann komm, ich bring dich zu deinem Zimmer.«
    Tag wohnte unmittelbar neben der Treppe, ich am Ende des Gangs. Er öffnete meine Tür ebenso problemlos, wie ich die seine geöffnet hatte.
    »Unabhängig von dir können der Ausbilder, Han und ich rein … und vielleicht Katti?« Er grinste unverschämt. »Und natürlich alle, für die du das gegebenenfalls eingerichtet hast. Geh rein!«
    Ich betrat mein Zuhause. Mein unbekanntes Zuhause …
    Das Zimmer war quadratisch, relativ groß, zehn mal zehn Schritt. Außer der Tür, durch die wir gekommen waren, gab es noch eine.
    »Das ist das Bad«, erklärte Tag, als er meinen Blick auffing. »Soll ich dir erklären, wie da was funktioniert?«
    »Ich glaube, daran werde ich mich erinnern«, lehnte ich ab. Tag lachte.
    An einer Wand stand unterm Fenster das Bett. Meiner Ansicht nach war es ziemlich schmal und viel zu niedrig. Aber woher wollte ich eigentlich wissen, wie Betten zu sein hatten? Jenes Podest, auf dem ich bei den Alari geschlafen hatte, hatte ja in erster Linie dazu gedient, mich festzuschnüren, dann noch als Detektor, der meinen Körper erkundete, aber nicht als Möbel.
    Was mich befremdete, war, dass es mir gefiel, unterm Fenster zu schlafen.
    Die ganze gegenüberliegende Wand nahmen Regale ein. Halb leere, hier und da ein Stapel Bücher – alles sehr schmale Bände –, ab und an ein Stein von bizarrer Form, sorgfältig zusammengelegte Kleidung, eine Schale aus gelbem Metall mit geschwärzter Intarsienarbeit … Alles sichtbar, alles extrem akkurat, aber die Freigabe zur allgemeinen Betrachtung löste einen gewissen Schmerz in mir aus, ebenso wie das Übermaß an ungenutzter Fläche und die nahezu zwanghafte Ordnung. Ich glaubte, meine Sachen momentan nicht mit dieser Pedanterie zusammenlegen zu können. Dann gab es noch einen völlig leeren Tisch und zwei Stühle. In die Wand war ein Bildschirm eingelassen, der aber gerade ausgeschaltet war, dazu gehörte ein Terminal.
    »Ich zeige dir jetzt, wie die Bücher benutzt werden«, sagte Tag. Er durchforstete den Stapel und zog eines heraus. »Genau das, was wir brauchen! Ein Einführungskurs in das Regressorentum! Das vermittelt dir nützliches Wissen und Geschichtskenntnisse in einem!«
    Er kam zu mir und schlug das Buch auf.
    Assoziationen stellten sich bei mir keine ein …
    Das Buch war aus Plastik. Es bestand einzig aus dem Umschlag. Die Innenseite war hellgrau und leer. Die oberen Ecken des Umschlags wirkten allerdings leicht abgerieben …
    Tag berührte mit dem Finger eine Ecke, und auf der Innenseite schimmerten Buchstaben auf.
    Regressorentum. Einführungskurs.
    Auf der anderen Seite erschien eine hochwertige Farbphotographie. Nackte Menschen, ein Mann und eine Frau, zu deren Füßen ein fünf Schritt langes, schwarz-graublaues glänzendes Wesen eingerollt dalag. Obwohl es über eine Art Kopf verfügte, vermochte ich nicht mit Gewissheit zu sagen, wo der Kopf war und wo der Schwanz. Dann gab es noch ein weiteres Wesen, das, sich mit einer schwächlichen Pfote an der Hand der Frau festhaltend, aufrecht dastand und nur halb so groß wie die Menschen war. Kleine graue Schuppen bedeckten seinen Körper fast vollständig, das Gesicht sah aus wie die Karikatur eines menschlichen.
    Die Wendigen und die Kleinen Freunde.
    Die beiden ersten Rassen, die wir nicht ausgelöscht, sondern uns gleich, uns zu Freunden gemacht hatten.
    »Blätter weiter …«, verlangte Tag. »Mit dem Finger schreibst du eine Ziffer – damit kommst du schnell zur gesuchten Seite. Wenn du ein Wort schreibst, leitest du eine Kontextsuche ein …«
    »Danke«, sagte ich. »Ich habe den Eindruck, als sähe ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Buch.«
    »Und das aus dem Mund von unserem Schlaukopf Niki«, bemerkte Tag

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