Sternenspiel
der Menschheit waren bereits angewachsen, das Ausbildertum hatte die gesellschaftlichen Verhältnisse neu gestaltet, die Schande des Großen Fehlers hatte Chamezzi veranlasst, die Theorie des Regressorentums und des Progressorentums zu entwickeln. Die Umwandlung der Kontinente begann, Sümpfe wurden trockengelegt, Berge eingeebnet, die Uferlinie begradigt, Flüsse in wasserarme Landstriche gelenkt …
Ich blätterte wieder vor.
Heroische Flüge in den Kosmos, die ersten Erfolge und Katastrophen … Die Entwicklung des Satelliten Der Heimat, jener kleinen orbitalen Plattform, auf der interplanetare Raumschiffe gebaut wurden. Expeditionen zum Inneren und Äußeren Planeten, wo nach Ansicht der Astronomen eventuell Leben anzutreffen war. Dann wurde das eigentliche Regressorentum erklärt:
»Jede intelligente Lebensform, die sich ihrer selbst bewusst ist und sich im Raum ausbreitet, erkennt unweigerlich den Wert Wahrer Freundschaft an, der Brüderschaft, wenn man diesen veralteten poetischen Begriff gebrauchen mag. Doch wie lang kann der Weg zu einem Verständnis echter Werte sein! Schreckliche Verbrechen können diesen Weg pflastern! Die Menschheit hat das sehr rasch verstanden, da die Tragödie des Großen Fehlers uns Freundschaft gelehrt hat. Zwei intelligente Rassen jedoch, die auf einem Planeten koexistieren, das ist eher eine Ausnahme. Genau wie die Geburt von Zwillingen eine Seltenheit in der Physiologie der intelligenten Rassen ist, so entwickeln sich auch zwei intelligente Rassen nur selten auf einer Welt. Noch in den Stufen der Präintelligenz kristallisiert sich der dominierende Evolutionszweig heraus, der sodann jene ökologische Nische einnimmt, die diesen intelligenten Wesen von der Natur zugewiesen ist, während die Entwicklung der anderen Lebensformen gebremst wird. Was folgt daraus? Sollten wir unseren Freunden-von-morgen im Universum erlauben, den Weg des Versuchs und Irrtums zu gehen? Oder sollten wir ihnen helfen, sich zu den Gipfeln der Zivilisation aufzuschwingen, zu Frieden und Freundschaft?
Selbstverständlich Letzteres!
Das wesentliche Hindernis besteht dabei in dem Umstand, dass jede intelligente Lebensform einer Einmischung von außen höchst negativ gegenübersteht. Die Instinkte der Selbsterhaltung sind einer Zivilisation in nicht geringerem Maße zu eigen als dem einzelnen Individuum. Begegnen wir einer Rasse, die sich ihrer selbst gerade erst bewusst geworden und technisch nicht entwickelt ist, können wir einen positiven Einfluss auf sie ausüben, indem wir ihr die Idee der Freundschaft nahebringen. Das ist die Arbeit der Progressoren. Eine schwere, langwierige, indes recht erprobte Arbeit, die sich gut prognostizieren lässt. Nicht jeder Progressor kann Ausbilder werden, wohingegen jeder Ausbilder in der Lage ist, als Progressor zu arbeiten …
Was aber ist, wenn eine Rasse zwar technisch, jedoch nicht geistig entwickelt ist?
Wenn unsere Hilfe als Einmischung und Aggression aufgefasst wird?
Eben für diesen Fall existiert das Konzept des Regressorentums, das in der ersten und schwierigsten Etappe auf dem Weg zur Freundschaft Anwendung findet. Durch die Regression einer Zivilisation wird ihr technisches, vor allem jedoch ihr militärisches Potenzial auf null zurückgeschraubt, wobei kulturelle und moralische Errungenschaften der künftigen Freunde so weit wie möglich erhalten werden sollen. Denn eine Gesellschaft, die sich auf einem Entwicklungsniveau befindet, das dem Stein- oder dem Knochenzeitalter bei den Menschen entspricht, akzeptiert die Hilfe und die Idee der Freundschaft voller Dankbarkeit.
Die grundlegenden, allen bekannten Postulate des Regressorentums lauten:
1. Prinzip der Guten Absichten.
2. Prinzip des Kleineren Übels.
3. Prinzip der Umkehrbarkeit der Wahrheit, aus dem sich das Axiom der Abwesenheit der Lüge ableitet.
4. Prinzip der Moralischen Flexibilität.
Im Weiteren wollen wir auch die sechs ergänzenden Postulate des Regressorentums betrachten, einschließlich solcher auf den ersten Blick nicht unstrittig anmutender wie die Verantwortung der Kultur und der Freiheit des Zweitrangigen. Doch zunächst sei auf die grundlegenden Postulate eingegangen …«
Ich legte das Buch beiseite.
Ein beklemmendes Gefühl beschlich mich.
Mich verwirrte nicht, dass verständliche und allgemein akzeptierte Wahrheiten Abscheu in mir weckten. Mich erschreckte vielmehr, dass diese Abscheu irgendwie persönlich war, gleichsam mich selbst herabwürdigte!
Ich würde es
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