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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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schwer haben. Sehr schwer.
    Ich stand auf und ging ins Bad. Es war überraschend groß, mit einer funkelnden, schneeweißen dreieckigen Badewanne, einem mit desinfizierendem Gel ausgestrichenen Handwaschbecken und natürlich einem Klo. An der Wand, die mit einer dunklen, leicht spiegelnden Folie überzogen war, war ein buntes Bild befestigt: ein kleiner Junge, der sich ordentlich die Hände wäscht, und der Hinweis: »Waschen muss man sich am Morgen und sich abends waschen auch!«
    Hygiene ist ausgesprochen wichtig. Das verstehe ich.
    Mir fiel mein dummer Impuls wieder ein, der mich veranlasst hatte, Tag bei der Hand zu fassen.
    Dergleichen gehörte sich hier offenbar nicht!
    Wie war ich nur auf den Gedanken gekommen, so etwas sei zulässig?
    Ich musste mich ausschlafen. Ich musste zu Kräften kommen. Morgen würde mir die Welt schon klarer und vertrauter erscheinen. So würde es jeden Tag weitergehen, ich würde mir die Moral und die Normen Der Heimat aneignen, würde wieder ich selbst werden, mich abermals mit dem Regressorentum beschäftigen, Die Heimat würde die Alari ausfindig machen und deren aggressives Potenzial auf null reduzieren. Irgendwann würden die Alari dann unsere Freunde werden.
    Ob sich die Regressoren auch jene Wesen, die uns so ähnelten, vornehmen mussten? Oder reichte deren Verstand, um unsere Hilfe freiwillig anzunehmen?
    Ich wusch mir die Hände, entschied mich nach kurzem Zögern, gleich vom ersten Abend an die richtige Lebensweise zu praktizieren, und machte mich mit den Mechanismen der Dusche vertraut. Nach ein paar Minuten, nachdem ich mich zweimal mit Wasser übergössen hatte -erst mit eisigem, dann mit kochend heißem –, kam ich mit ihnen zurecht. Ich zog mich aus – etwas spät, nach zwei unfreiwilligen Duschen –, stieg in die Wanne und wusch mich sorgfältig.
    Die nassen Sachen akkurat zusammenzupacken – das wäre natürlich idiotisch gewesen. Daher verteilte ich sie auf den Regalen, damit sie bis zum Morgen trockneten, kroch unter die Bettdecke und schlief ein. Ich war derart müde, dass mich nicht einmal die winzigen Maße des Kissens störten.
     
    Ich träumte etwas, einen typischen Traum-zur-Diskussion-mit-dem-Ausbilder. Einen schrecklichen Traum.
    Eine amöbenartige flüssige Kreatur kroch in mich hinein, floss durch meinen Körper, streckte ihre Fühler nach meinem Herzen und meiner Leber aus und trübte mit ihrem Gift mein Gehirn … Ich wälzte mich auf einer unebenen Metallplatte, um mich herum standen alptraumhafte Wesen, unter ihnen auch ein Mensch, ein alter Mann, mein Ausbilder, auch wenn er nicht wie Fed aussah …
    Ich ertrug alles, was mit mir geschah, ertrug es, weil es nötig war und mein Verstand begriff: Mein ganzes Leben, mein ganzer Schmerz – die sind nur Staub im Wind des Schicksals, ein Partikel, nicht der Aufmerksamkeit wert …
    »Nik! Niki!«
    Die Kreatur kroch in mir herum, machte sich daran, jede Zelle meines Körpers zu untersuchen, jeden Nerv und jeden Muskel, was durchaus nicht immer schmerzhaft, aber immer eklig war …
    »Niki!«
    Ich stöhnte und wachte auf.
    Katti saß neben mir am Bett und studierte besorgt mein Gesicht.
    »Du hast geweint«, sagte sie. »Du hast im Schlaf geweint, Niki …«
    Ich schluckte, denn mein Hals war völlig ausgetrocknet, und mein Herz hämmerte wie irrsinnig in der Brust.
    »Niki …«
    »Was … was machst du hier?«
    Na toll! Etwas Klügeres hätte ich mir wohl nicht einfallen lassen können!
    Katti zuckte zusammen, als hätte ich sie geschlagen. Sie wollte schon aufstehen.
    »Warte.« Unwillkürlich griff ich nach ihrer Hand. »Verzeih mir. Mir war schlecht. Du hast mir geholfen, danke. Ich habe mich nur gewundert, wie du hereingekommen bist.«
    »Dein Schloss kennt mich.« Sie betrachtete leicht verwundert meine Hand. »Niki, wir waren doch schließlich … Freunde … Einen fröhlichen Morgen, Nik!«
    Sie sah sehr gut aus. Nur diese Igelfrisur … die gefiel mir überhaupt nicht. Dafür hatte sie sehr gute Augen, ein schönes Gesicht, einen halbnackten Körper. Heute hatte sie einen kurzen Rock an, und das Band, das Frauen statt eines Hemdes trugen, war ganz schmal und fast durchsichtig.
    Bestimmt hatte ich sie früher wirklich geliebt.
    Und ich war bereit, mich hier und heute sofort wieder in sie zu verlieben.
    Etwas in meinem Kopf hakte sich fest: In dem vergeblichen Versuch, die eigenen Wünsche zu verstehen, musste ich in eine logische Sackgasse getreten sein.
    Was sollte das? Nicht einmal die Worte

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