Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
zerbrochen. Er ist dieser Gesellschaft nützlich und glaubt an sich!«
    Nach dieser Tirade wurde für mich Hellgrau gewählt, das Symbol der wahrhaften Reinheit und der schweren Prüfungen, wie Tag mir erklärte. Weiße Kleidung hätte allzu selbstsicher gewirkt, schwarze oder rote hätte für einen Fehler gestanden, den ich nicht begangen hatte.
    Ich setzte mich nicht mit sämtlichen Details auseinander. Gehorsam zog ich mich aus und probierte Anzug um Anzug an. Am Ende bekam ich ein stahlgraues Hemd, graue Hosen und ein graues Jackett, um den Hals wurde mir ein plüschiges weißes Band gebunden, über die Füße wurden weiche, eng wie Socken anliegende Schuhe aus feinem grauen Leder gestülpt.
    »Jetzt schau dich nur mal an!«, rief Katti aus, während sie mich von allen Seiten begutachtete. In der kleinen Garderobe gab es keinen Spiegel, doch noch bevor ich danach fragen konnte, wie ich einen Blick auf mich selbst werfen sollte, betätigte Tag einen Schalter an der Wand, und direkt neben mir materialisierte sich ein dreidimensionales Bild in der Luft. Ich starrte meinen Doppelgänger an, der meinen Blick mit einem ebenso neugierigen quittierte. Im nächsten Moment wich die Neugier im Gesicht des Hologramms allerdings einem Ausdruck des Abscheus.
    Das weiße Band setzte meiner idiotischen Erscheinung die Krone auf. Ohne dieses Ding hätte ich wie ein leicht mürrischer Mann gewirkt, der so angezogen ist, dass nicht gleich auffällt, wenn er sich schmutzig macht. Mit dem weißen Band um den Hals kam ich mir wie ein Tier-Freund vor, der mit seinem Frauchen einen Spaziergang macht, oder wie ein Clown, der gleich das Publikum unterhalten will.
    »Stimmt was nicht, Niki?«, fragte Tag erstaunt.
    Wortlos zog ich mir das Band vom Hals und warf es zu Boden. Mein Abbild machte gehorsam das Gleiche. So war es schon wesentlich besser!
    »Ich weiß nicht«, meinte Katti nachdenklich. »Das war ein schönes Symbol der inneren Reinheit. Nicht auffällig, aber wirkungsvoll.«
    Was heißt hier nicht auffällig?
    »Ich weiß ja, dass du von klein auf Modemacherin werden wolltest, Katti«, sagte Tag. »Aber deine Ausbilderin hatte doch wohl guten Grund, dir von diesem Beruf abzuraten, oder? Vielleicht spürt Niki intuitiv den provozierenden Symbolismus des weißen Bandes?«
    »Vielleicht.« Katti seufzte. »Gut, lassen wir es so. Es wird Zeit, Jungs.«
    »Es muss hier in der Nähe eine Kabine geben«, meinte Tag.
    »Ja, ich weiß, wo.«
    Wir verließen die Garderobe. Aus irgendeinem Grund hatte ich angenommen, wir müssten den Verkäufern des Geschäfts mitteilen, welche Kleidung wir ausgesucht hatten, vielleicht musste man irgendwo Bescheid sagen -aber meine Freunde kümmerte das offensichtlich nicht. Vorbei an den Ständern mit der Kleidung, die manchmal so grell war, dass sie vor den Augen flimmerte, manchmal leuchtete oder die Farbe änderte, trabten wir ans andere Ende des Geschäfts. Dort stand neben einer Glastür, die auf die Straße führte, ein hoher Zylinder aus dunklem, halbtransparentem Plastik.
    »Am besten lassen wir uns zur sechsten Kabine von Dienen befördern, oder?«, sagte Katti.
    »Richtig«, bestätigte Tag.
    Sobald wir näher kamen, bemerkte ich die Schiebetüren und das in die Wand eingelassene Terminal. Tag legte lässig den Handteller auf den kolloidalen Aktivator, runzelte dann aber die Stirn.
    »Die sechste Kabine ist für eine große Gruppe reserviert«, teilte er uns mit. »Nehmen wir die fünfte.«
    Die Türen des Zylinders glitten auseinander, im Innern sprang Licht an. Dort gab es nichts, nur ein Metallgitter im Fußboden und eine Lampe in der Decke. Tag trat in den Zylinder und winkte uns zu. Die Türen schlössen sich wieder, Dunkelheit hüllte die Kabine ein. Für einen kurzen Moment flammte bläuliches Licht auf.
    »Jetzt du«, forderte mich Katti auf. »Gib über das Steuerungssystem die fünfte Kabine ein.«
    Gehorsam berührte ich das Terminal.
    Zielort?
    »Fünfte Kabine von Dienen«, sagte ich heiser. Mir war nicht ganz wohl bei der Sache.
    »Du brauchst es nicht laut zu sagen!«, rief mir Katti in Erinnerung.
    Warten Sie, bis die Kabine frei ist. Steigen Sie ein.
    Ich betrat die sich öffnende Kabine. Tag war natürlich nicht mehr drin.
    Kabine, die Kehrseite des Raums, Fortbewegung außerhalb der Zeit … verzweifelt klammerte ich mich an eine Kette von Worten. Sicherheit und Zuverlässigkeit. Bequemlichkeit und Komfort …
    Das Licht verlosch, anschließend erfolgte die bläuliche

Weitere Kostenlose Bücher