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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Boden verschmolz zu einem seltsamen Rhythmus, einer urwüchsigen Begleitmusik für die kommende Handlung. Der Boden unter den Füßen war zwar immer noch heiß, wurde jetzt aber feucht. Irgendwo musste Wasser hinuntertröpfeln, das dann ungehindert vorwärts floss, da der Boden anscheinend ganz leicht, fürs Auge nicht fassbar abfiel.
    Obwohl mich die Teilnahme an dieser Prozession in Bann schlug, fand ich Gelegenheit, mich verstohlen umzusehen. Männer und Frauen waren zu annähernd gleichen Teilen vertreten, die meisten jung, etwa in unserem Alter. Sehr viele schöne Frauen. Die Menge teilte sich klar in einzelne Gruppen von Leuten, die zusammen gekommen waren, aber selbst innerhalb einer solchen Kleingruppe berührte niemand einen anderen. Als ein Mann stolperte, fiel er ebenso ungeschickt wie schmerzhaft aufs Knie, obwohl ich hätte schwören können, dass er sich zu halten vermocht hätte, wenn er nach dem Oberarm seines neben ihm gehenden Freunds gegriffen hätte.
    Heiße Luft wehte. Es roch nach Salz und Jod, als ob vor uns wirklich das Meer läge. Ein glühendes, fast kochendes Meer. Das Wasser unter unseren Füßen nahm zu, und ich setzte meine Schritte vorsichtiger.
    Der Gang endete abrupt, öffnete sich in einen Raum, der mich an das Schiff der Alari erinnerte. Auch er wirkte wie die Nachbildung einer Höhle und wies eine Steinverkleidung auf. Allerdings fiel durch die Fenster Licht. Der Boden war mit grobkörnigem weißen Sand bestreut, hier und da schimmerten Muscheln und sogar kleine Bruchstücke von Korallen. Der Sand war zu unzähligen kleinen Hügeln aufgeschüttet, zu Dünen, auf deren Spitze Menschen saßen, standen und lagen. Von irgendwoher blies heißer Wind, die Hitze war inzwischen jedoch so stark, dass er Erleichterung mit sich brachte. In Gedanken schätzte ich die Temperatur auf das Doppelte der Temperatur eines gesunden Körpers.
    »Niki!«
    Ich folgte Katti und Tag auf eine kleine Sanddüne und ließ mich dort im Schneidersitz nieder. Wir saßen da, die Gesichter einander zugekehrt, eine von unzähligen Gruppen. Heiße Windstöße strichen über unsere Körper.
    »Wie gefällt’s dir?«, erkundigte sich Katti.
    Ich versuchte, sie nicht anzusehen. Hundertprozentig half diese therapeutische Maßnahme nämlich doch nicht. Mich irritierte allein schon die eigene Nacktheit – von ihrer ganz abgesehen.
    »Es ist interessant«, antwortete ich ausweichend.
    »Genieß es«, riet Katti. »Entspann-dich-sei-wachsam und genieß es …«
    Mit geschlossenen Augen folgte ich dem Befehl.
    Eigentlich war es angenehm.
    Mein Körper hatte sich zwar zunächst gesträubt, als er in diesen gigantischen Backofen gesteckt wurde, nach und nach wirkte die Hitze jedoch angenehmer. Ich schwitzte, aber die heiße Luft trocknete den Schweiß im Nu. Der Sand strömte langsam unter den Windböen dahin, sammelte sich um meine Beine, verbrannte meine Haut.
    Wie gut das tat …
    »Niki!«
    Ich öffnete die Augen. Katti und Tag hatten sich bereits erhoben.
    »Gehen wir«, forderte mich Tag auf. »Wir sollten uns jetzt einer anderen Temperatur aussetzen.«
    Wir umrundeten die Sandhügel, auf denen die nackten Körper schwitzten und dörrten, und gingen zum gegenüberliegenden Ende des Raums. Dort gab es ein kleines Wasserbecken, einen kleinen See, zu dem sich das über die Wand strömende Wasser gesammelt hatte; von dort aus strömte das Wasser durch einen in die Wand eingelassenen Tunnel weiter.
    »Ohoho«, kreischte Tag und lief los. Mit einem Kopfsprung tauchte er in den See. Wir folgten ihm. Das Wasser brannte, so eisig war es, fast als sei es nicht über erhitzte Wände geflossen. Ich tauchte wieder auf und saugte gierig die Luft ein. Tag hielt bereits auf den Tunnel zu, wobei er sich gänzlich von der Strömung treiben ließ.
    »Ihm nach …« Katti tauchte neben mir aus dem Wasser auf. Unsere Körper berührten sich beinahe. »Niki!«
    »Ich schwimme«, sagte ich.
    Der Strom brachte mich durch den Tunnel. Die Wände, die im ersten Stück aus Stein bestanden, wurden plötzlich durchsichtig. Jetzt schwammen wir in einer der Glasröhren, die über den Pfaden hinwegführten. Unter uns gingen Leute … anscheinend sah uns niemand, die Transparenz musste also einseitig sein.
    »Wechselbäder wirken sich positiv auf den Organismus aus!«, klang die Stimme der hinter mir schwimmenden Katti zu mir herüber.
    Konnte sie nicht einfach mal »klasse« sagen?
    Die Strömung ließ nach, wir wurden in einen weiteren Raum gespült.

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