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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Vestibül stehenden durchgesessenen Sesseln. Natürlich gab es auch hier die unvermeidlichen Bildschirme mit den Terminals. In einer Nische am Eingang stand unter einer alten, auf Hochglanz polierten Kupferglocke ein kleiner Junge. Wahrscheinlich war das eine Art Ehrenwache, er rührte sich nicht einmal, als wir auftauchten, schielte nur mit den Augen kaum merklich in unsere Richtung und versuchte, einen Blick auf die Gäste zu erhaschen.
    »Hallo … Lotti«, begrüßte der Ausbilder den Jungen nach einem kaum zu bemerkenden Zögern.
    Der Junge lächelte.
    »Guten Tag, Ausbilder!«
    »Und wer begrüßt unsere Gäste?«, fragte Fed tadelnd.
    »Guten Tag!«, rief der Junge aus.
    Mein Gefühl, all das, was hier geschah, sei irreal, wuchs und wuchs.
    Das ist nicht mein Zuhause!
    Ich kann hier nicht aufgewachsen sein!
    Mit diesen portionierten Zärtlichkeiten der Ausbilder, beschäftigt mit dem Jäten von Unkraut in den Beeten, nachts durch die Fenster ausbüxend, auf der Suche nach einer kurzlebigen Freiheit … Das war nicht ich! Bestimmt nicht!
    Während wir eine breite Treppe hinaufstiegen, bei der goldfarbene Stangen einen verschlissenen Läufer gegen die Stufen pressten, begrüßten wir die Kinder, die die Fenster und Böden in den Etagen wischten.
    Hygiene. Die musste sein.
    »Das da ist die Tür von unserem Zimmer, Niki!«, rief Tag aus. Ich hatte sogar den Eindruck, er wäre in seiner Aufregung bereit, meine Hand zu ergreifen. Katti sah ohne besondere Gefühle auf die Tür, Han nickte nur phlegmatisch.
    »Wir gehen erst zu mir«, kam uns Fed zuvor. »Wir wollen mal sehen, wo wir euch unterbringen können. Vielleicht …« Er ließ den Satz unbeendet.
    Der Ausbilder wohnte im dritten Stock. Es kam mir so vor, als fiele es ihm nicht eben leicht, die Treppe zu nehmen, aber einen Fahrstuhl gab es nicht.
    »Kommt rein, Kinderchen«, forderte Fed uns auf, nachdem er durch eine Berührung mit der Hand die Tür entriegelt hatte. »Kommt rein.«
    Ein helles und großes Zimmer. Mehr konnte man darüber vermutlich nicht sagen. Mit dem schmalen Bett erinnerte es an die Unterkunft eines Asketen. Ein riesiger Schirm fürs Terminal, zwei Sessel an einem Tisch, Regale mit Büchern und Sachen … Mein Zimmer schien eine kleinere Kopie von diesem hier zu sein.
    Einen Unterschied gab es allerdings. An der Wand, vor der keine Möbel standen, prangten unzählige winzige Farbphotos. Sie waren bunt durcheinander angebracht, immer vier, fünf Bilder zu einer Gruppe zusammengefasst. Und alle zeigten Kindergesichter.
    Der Ausbilder Fed hatte schon viele Schützlinge großgezogen. Ich baute mich vor der Wand auf und ließ den Blick über die lachenden Gesichter der Kinder schweifen, in der Hoffnung – und Angst –, mein eigenes zu entdecken.
    Zunächst entdeckte ich jedoch den kleinen Tag. Als Kind hatte er helleres Haar gehabt, trotzdem erkannte ich ihn. Genau wie Han, der mir ebenfalls keine Probleme bereitete. In diesem Ensemble von Photos blieben noch zwei Jungen. Der eine hatte leuchtend rotes Haar und Sommersprossen, einer von denen, über die man sagt: »Das Mütterchen liebt sie«, und er strahlte über beide Backen.
    »Ist das Inka?«, fragte ich.
    »Ja«, antwortete der Ausbilder leise. »Er ist gestorben … er ist dort geblieben … als er den Aufbruch gedeckt hat.«
    »Tag hat es mir erzählt«, sagte ich.
    Dann war der andere wohl ich?
    Anscheinend das einzige Kind an der ganzen Wand, das nicht lachte. Das einzige Kind mit gerunzelter Stirn, sogar angespannt.
    Der Ausbilder hätte bestimmt einen anderen Moment für die Aufnahme finden können. Aber ihm muss diese Situation besonders richtig und angemessen vorgekommen sein.
    »War ich immer so ernst?«, fragte ich.
    »Meist schon«, erwiderte der Ausbilder. »Selbst wenn du Unfug gemacht hast.«
    Er schaute noch einen Moment auf das Photo von Inka, dann trat er ans Terminal und sagte mit aufgesetzter Munterkeit: »Also dann, Gruppe zwölf! Ihr seid für drei Tage Gäste des Internats!«
    »Hurra«, brachte Han völlig ernst heraus.
    »Den Gast aus … äh …«
    »Gruppe sieben. Ausbilderin Seni Aruano«, erinnerte ihn Katti.
    »Für den Gast aus Gruppe sieben gilt das ebenfalls.«
    »Hurra«, bestätigte Katti.
    »Eine vorübergehende Arbeit werden wir schon für euch finden.« Fed seufzte. »Eine medizinische Kontrolle kann nie schaden, genau wie ein Vortrag über fremde Lebensformen. Und du, Han, musst dich wohl mit unseren Steuerungssystemen befassen.«
    »Ist hier

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