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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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immer noch der alte Kram installiert?«, erkundigte sich Han in sachlichem Ton.
    »Wozu sollten wir uns hyperschnelle Anlagen zulegen«, erwiderte Fed achselzuckend. »Gut, und wo bringen wir euch unter …«
    Er berührte das Terminal. Der Bildschirm ging an.
    »Euer Zimmer ist belegt«, teilte der Ausbilder bedauernd mit. »Meine Güte, ein Chaos ist das in dieser Gruppe …«
    Mit ein paar Schritten trat ich an den Tisch.
    Auf dem Bildschirm war ein schmales, langes Zimmer zu sehen. Eine Aufnahme von oben. Vier Betten, auf zweien war Kleidung ausgebreitet. Hosen, Hemden, Unterwäsche. Ein durchbohrter kleiner Stein, aufgezogen auf einen Faden. Das Bild bewegte sich die ganze Zeit, kam näher, wich wieder zurück, erfasste die Wände, die Tür, die Fenster, als ob sich eine gierige und hartnäckige Kamera in einem fremden Haus umsah. Ein überfallartiger, schneller Schwenk auf ein aufgeschlagenes Heft. Die Kamera tastete die Zeilen ab und drehte sich, um besser lesen zu können. Anscheinend handelte es sich um Gedichte.
    »Ihr Ausbilder ist … Don … glaube ich …« Fed schielte zu mir rüber. »Was ist mit dir, Niki?«
    Ich sagte nichts.
    »Jetzt kommt übrigens dein erster Test.« Fed lächelte. »Was würdest du in dieser Situation machen, um die Kinder zur Ordnung anzuhalten?«
    Das Bild veränderte sich erneut. Die Kamera schaute im Bad vorbei und hielt sich missbilligend über den zusammengeknautschten und in die Ecke geworfenen Socken auf …
    »Vor allem würde ich nicht in fremde Zimmer schauen«, flüsterte ich.
    Tödliche Stille trat ein.
    »Das ist kein fremdes Zimmer, Niki«, presste der Ausbilder in abgehackten Worten heraus. »Das sind die Schützlinge unseres Internats.«
    »Wissen sie, dass sie beobachtet werden?«
    »Selbstverständlich nicht!«
    Die Kamera lugte angewidert ins Klo und zog sich aus der Toilette zurück.
    »Das ist ekelhaft«, sagte ich. Ich drehte mich um, denn ich suchte in den Gesichtern meiner Freunde nach Unterstützung.
    Aber darauf durfte ich nicht hoffen.
    »Was ist ekelhaft, Niki?«, rief Fed aufgebracht aus. Das schlaffe alte Gesicht erzitterte in stummer Empörung. »Ist es ekelhaft, diesen minderjährigen Rangen zu verbieten, sich aus dem Internat zu stehlen und heimlich in den Weltraumbahnhof zu laufen? Ist es ekelhaft, ein Fehlverhalten gleich im Keim zu ersticken? Ist es ekelhaft, dafür zu sorgen, dass Kinder, die nach Mitternacht noch schwatzen, sich vor dem neuen wunderbaren Tag ausschlafen und dafür die Infrastrahlung einzuschalten?«
    Ich hätte mich beinahe übergeben. Meine Hände zitterten. letzt glaubte ich gern, dass ich früher an Impulsivität gelitten hatte …
    »Es ist ekelhaft, jemanden auszuspionieren«, sagte ich. »Es ist ekelhaft, zu spionieren und zu befehlen. Sein Wissen auf Verrat aufzubauen, seine Güte auf Kontrolle.«
    »Du hast unrecht, Niki«, brachte Han hinter mir brummig heraus.
    »So geht das nicht, Nik!«, sprang ihm Tag bei. »Du musst dich entschuldigen …«
    Ich? Ich musste mich entschuldigen?
    Nur Katti sagte kein Wort …
    »Wenn du Ausbilder bist«, sagte Fed leise, »wirst du das verstehen.«
    »Ich werde nicht spionieren!«
    »Dann kannst du den Kindern nicht helfen.«
    »Dann werde ich eben kein Ausbilder!«
    Der Alte schüttelte den Kopf. »Komm zu dir, Junge! Ich habe vor dem Rat für dich gebürgt!«
    »Das war ein Fehler!«
    »Du hast doch gewusst, dass das gesamte Internatsgelände überwacht wird! Alle erfahren das, sobald sie erwachsen sind! Alle verstehen, dass das nötig ist!«
    »Ich bin nicht alle!«
    »Wenn Seni Aruano nicht auf die Mädchen aufgepasst hätte, die ihre Puppen anziehen, und Katti nicht geholfen hätte, ihre Begabung als Ärztin zu entdecken und sich ihre künstlerische Unzulänglichkeit einzugestehen, dann wäre Katti heute eine untaugliche, unter der eigenen Unfähigkeit leidende Designerin!«, brüllte der Ausbilder. Er holte Luft. »Wenn ich deine jugendlichen Gedichte nicht gelesen hätte, wärst du zu einem nichtsnutzigen Dichter herangewachsen. Du hättest deine Gedichte öffentlich vorgetragen …« Er runzelte die Stirn:
     
    »Zu Tausenden fliegen Vögel gens Licht
    Zu Tausenden stürzen sie zu Tausenden
    zerschmettern sie
    Zu Tausenden geblendet zu Tausenden verblutend
    Sterben sie zu Tausenden …«
     
    »Wenn sie so talentlos waren«, entgegnete ich absolut gelassen, »warum erinnern Sie sich dann bis heute daran?«
    »Es ist meine Pflicht, mich an sämtliche Fehler meiner

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