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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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hundekalte Wasser des Meers über. Aus der Ferne wirkte das Wasser weiß und dick wie Milch.
    Ob es den Wendigen Freunden hier tatsächlich gefiel? Soweit ich mich erinnerte, entsprach der Äußere Planet, ihre Heimat, von seinen Lebensbedingungen her dem Mars. Dort hatten sie es allerdings vorgezogen, in unterirdischen Seen zu leben und jede Kälte so gut es ging zu meiden …
    Aus den Nachbarbaracken tröpfelten die ersten Leute. Genau wie wir waren sie in warme Kleidung gehüllt und mit Spaten und Brecheisen bewaffnet. Ich musterte sie unauffällig, wobei es mir vor allem darauf ankam, ihre Anführer zu identifizieren. Die Aufgabe stellte sich als überraschend leicht heraus. Sie trugen die gleichen Sachen, hatten ebenfalls Spaten in der Hand, aber … Wölfe behalten auch in Schafspelzen ihre Manieren bei.
    Kley sonderte sich von unserer Gruppe ab und lief schnurstracks zu den anderen.
    »Du musst ihn aufhalten, Nik«, raunte Agard hinter mir. »Sieh zu, noch vor Kley mit den Barackenältesten zu sprechen. Überzeug sie, dass du ihnen ihren Rang nicht streitig machen willst …«
    »Er hetzt sie nicht gegen mich auf. Im Gegenteil, er bittet sie abzuwarten.«
    Agard glaubte mir wahrscheinlich nicht. Trotzdem sagte er keinen Ton.
    Die verletzte Hand an die Brust gepresst, sprach Harter mit einem kleinen, fast liliputanerhaften Mann. Ob es sich bei ihm um ein Opfer jener weit zurückliegenden Experimente zur Züchtung kleinwüchsiger Regressoren handelte? Um die beiden scharten sich weitere Männer.
    Schweigend beobachtete ich das Treffen der Bosse. Zehn Mann, Kley eingeschlossen. Mit Sicherheit würden sie treue Handlanger finden.
    Wie ist es um meine Kampffähigkeit bestellt, Cualcua? Wie viel Männer können wir ausschalten?
    Viele. Soll die Kampftransformation erfolgen?
    Warte noch.
    Kley kam zurück. Er hielt auf mich zu, ich wartete geduldig.
    »Nik Rimer, wir arbeiten heute im ersten Ufersektor«, teilte er mir ruhig, ja, sogar höflich mit. »Wenn es genehm ist, zeige ich dir den Weg.«
    »Gut«, willigte ich ein.
    Kley ging vor. Die Gefangenen folgten uns, mal mich ansehend, mal ihn.
    Alle Achtung, das hatte er gut eingefädelt. Die Situation gewann eine gewisse Doppeldeutigkeit. Es war nicht mehr klar, wer hier eigentlich der Anführer war. Gestern Abend schien ich diesen behaglichen Posten innegehabt zu haben, aber heute führte Kley die Gruppe wie gehabt zur Arbeit und sprach mit allen anderen. Wenn ich von hier verschwände, würde Kley seine Macht problemlos zurückgewinnen.
    Sollte er. Ich hatte nicht die Absicht, lange hierzubleiben. In einem einzelnen Konzentrationslager für Ordnung zu sorgen und die lichte Zukunft aufzubauen – das war nicht meine Mission.
    »Pjotr, vergiss nie, dass du nicht einer Landetruppe angehörst. Du sollst ihre Welt nicht umkrempeln … allein schon, weil das unmöglich wäre. Du bist ein Späher. Verstehe ihre Welt. Verschaff dir ein Bild über ihre technische Stärke. Finde die Berührungspunkte und die Wege für Kompromisse heraus. Und dann komm zurück. Versuch ein Schiff zu kapern und komm zurück. Das Geschwader wird einen Monat lang auf dich warten.«
    »Und danach? Wenn ich nicht zurückkehre?«
    »Dann holen wir dich. Die Alari wollen die Wolchw modernisieren. Wir bekommen anständige Triebwerke, Generatoren für den Schutzschild und Waffen. Wir werden versuchen, in die Welt der Geometer vorzudringen und dich zu finden …«
    Der Schnee knirschte unter meinen Füßen. Frischer, lockerer Schnee mit einer hauchdünnen Harschkruste. Ganz bewusst mied ich die Spuren der anderen. Als ob ich mir den Vorteil nicht zunutze machen wollte.
    Jede Nacht fiel hier Schnee. Er bildete eine Decke, verbarg alle Spuren. Tagsüber schmolz er, um nachts abermals den Boden zu überziehen. Der frische Wind pfiff über die frostige Tundra, die Wendigen Freunde achteten auf die Ordnung, die Gefangenen wurden therapiert.
    Niemand hatte es sich jedoch zum Ziel gesetzt, ihre Fehler – die echten und die eingebildeten – wegzuerziehen. Man isolierte sie lediglich, schuf eine Müllhalde am Rande der Welt. Weitaus schlimmer wäre es jedoch, wenn es einen solchen menschlichen Schrottplatz nicht gäbe, wenn der gesamte Planet der Geometer steril-glücklich wäre. Aber glücklicher- oder unglücklicherweise war dergleichen unmöglich …
    Langsam näherten wir uns den schwarzen Hochständen. Der äußerste stand schon im Wasser. Das Branden der Wellen war nun zu hören, ein grollendes,

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